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Yoga

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Yogaübung in der Gruppe

Yoga – früher auch Joga geschrieben – (Vorlage:SaS m.; von yuga ‚Joch‘, yuj für: ‚anjochen, zusammenbinden, anspannen, anschirren‘) ist eine aus Indien stammende philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen bzw. Praktiken wie Yama, Niyama, Asanas, Pranayama, Pratyahara, Kriyas, Meditation und Askese umfasst. Der Begriff Yoga kann sowohl „Vereinigung“ oder „Integration“ bedeuten, als auch im Sinne von „Anschirren“ (vgl. „jochen“) und „Anspannen“ des Körpers an die Seele zur Sammlung und Konzentration bzw. zum Einswerden mit dem Bewusstsein verstanden werden. Da jeder Weg zur Selbsterkenntnis als Yoga bezeichnet werden kann, gibt es im Hinduismus zahlreiche Namen für die verschiedenen Yoga-Wege, die den jeweiligen Veranlagungen der nach Selbsterkenntnis Strebenden angepasst sind.

Yoga ist eine der sechs klassischen Schulen (Darshanas) der indischen Philosophie. Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, oft mit einer eigenen Philosophie und Praxis. In Europa und Nordamerika wurden bis vor kurzem unter dem Begriff Yoga oft nur körperliche Übungen verstanden – die Asanas oder Yogasanas – und der Begriff somit weitgehend mit Hatha Yoga gleichgesetzt.

Einige meditative Formen von Yoga legen ihren Schwerpunkt auf die geistige Konzentration, andere mehr auf körperliche Übungen und Positionen sowie Atemübungen (Pranayama), andere Richtungen betonen die Askese. Die philosophischen Grundlagen des Yoga wurden vor allem von Patanjali im Yogasutra zusammengefasst, auch die Bhagavad Gita und die Upanishaden informieren über Yoga.

Yoga, wie er im Westen gelehrt wird, beruht auf einer modernen Form, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden ist, oft gekennzeichnet durch eine Übernahme westlicher esoterischer Ideen, westlicher Psychologie, physischen Trainings und wissenschaftlicher Annahmen durch englischsprachige und westlich ausgebildete Inder. In diesen Fällen stellt moderner Yoga eher eine New-Age-Lebenseinstellung dar als eine Form hinduistischer Spiritualität. Traditioneller, indischer Yoga unterscheidet sich grundsätzlich vom westlichen, modernen Yoga und enthält sehr viel komplexere Lehren und Praktiken als die modernen Formen.[1]

Der Yoga-Praktizierende und insbesondere ein Meister des Yoga wird Yogī bzw. Jogi oder Yogin genannt. Die weibliche Form ist Yoginī, was allerdings auch „Zauberin“ bedeutet (siehe Yogini).

Am 1. Dezember 2016 wurde Yoga als Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt.[2]

Geschichte

Das „Mohenjo-Daro Siegel 420“ aus der Blütezeit der bronzezeitlichen Indus-Zivilisation, die Zentralfigur zeigt eine ithyphallische Figur auf einem Thron in einer Sitzhaltung, bei der sich die Fersen berühren und die Zehen nach unten deuten.
Kapila, ein Weiser aus der Mythologie der Vedischen Hochkultur, er gilt als der Urheber des Bhakti-Yoga. Aquarell aus dem 19. Jahrhundert.
Lahiri Mahasaya (1828–1895) im Lotussitz. Foto aus dem Buch von Paramahamsa YoganandaAutobiographie eines Yogi“.

Bereits die älteren Upanishaden (ca. 700 v. Chr.) beschreiben Atemübungen und das Zurückziehen der Sinne (Pratyahara) in den Atman als Hilfsmittel der Meditation (Dhyana). Die mittleren Upanishaden, die um 400 v. Chr. entstanden, erwähnen mehrfach den Begriff Yoga und auch die wesentlichen Elemente des späteren Yoga-Systems. Der Yoga stand hierbei in enger Verbindung mit den Theorien, wie sie das philosophische System des Samkhya entwickelte, und bildete seine praktische Weiterführung.

Im indischen Epos Mahabharata um ca. 300 v. Chr. nimmt der Yoga bereits einen bedeutenden Platz ein und wird als praktisches Gegenstück zum theoretischen Sânkhya erwähnt. Während im Mahabharata und in den älteren Puranas der Weise (rishi) Kapila und andere als Begründer des Yogas genannt werden, erscheint an dieser Stelle in jüngeren Puranas Patanjali. Es darf jedoch angenommen werden, dass Patanjali die überlieferten Yoga-Lehren aus der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und 4. Jahrhundert n. Chr. zusammenfasste. Sein Werk besteht aus 194 kurzen, auf vier Bücher verteilten Merksprüchen (Sutras).

Die klassischen indischen Schriften beschreiben vier Yogawege:

  • Raja Yoga nennen sich die meditativ orientierten Stufen des Achtgliedrigen Yoga nach Patanjali (auch Ashtanga Yoga genannt: „Ashta“ = acht, „Anga“ = Teile).
  • Jnana Yoga (Yoga der Erkenntnis, intellektuelle Richtung)
  • Karma-Yoga (Yoga der Tat, des selbstlosen Handelns)
  • Bhakti-Yoga (Yoga der Liebe/Verehrung/Hingabe an Gott oder eine Ishtadevata)

Der fünfte bedeutende Yogaweg, der sich zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert etablierte, ist das Hatha-Yoga (Yoga der Kraft oder des Impulse).

Ergänzend kann man noch folgende Systeme hinzurechnen:

Ursprünglich war Yoga ein rein spiritueller Weg, der vor allem die Suche nach Erleuchtung durch Meditation zum Ziel hatte. Die vielen Asanas entstanden erst im Laufe der Zeit. Ihr vorrangiges Ziel ist, den Körper so zu kräftigen und zu mobilisieren, dass er möglichst beschwerdefrei über einen längeren Zeitraum im Meditationssitz – z. B. Lotossitz – verweilen kann. Mit der Zeit erkannte man immer mehr die positive Wirkung der körperlichen Übungen auf das gesamte Wohlbefinden des Menschen. Die Asanas wurden weiterentwickelt, und die körperliche Betätigung im Yoga bekommt in unserer Zeit einen immer höheren Stellenwert. Einen ersten Niederschlag findet diese Entwicklung in der Entstehung des Hatha Yoga. Die „Hathapradipika“, ein Text aus dem 15. Jahrhundert, legt die Techniken dar, die den Körper als effektives Mittel zum Erreichen der existentiellen und spirituellen Ziele des Yoga einbeziehen.

Nachdem Vasco da Gama 1498 den Seeweg nach Indien entdeckt hatte, betrieben die Portugiesen zwar Handelsgeschäfte, verzichteten jedoch weitgehend auf christliche Missionierungsversuche. Die ab 1539 zunächst in Gestalt von Jesuitenmönchen aus Portugal nach Indien kommenden Missionare lehnten Yoga als Ausprägung des Hinduismus und damit als heidnisch ab. Ausgehend von Goa, der „Hauptstadt des Christentums in Asien“, hatten sich bis 1774 alle unter portugiesischer Herrschaft lebenden Inder der christlichen Religion zuzuwenden. Auch englische Kolonialherren (1756–1947) waren dem Yoga gegenüber wenig offen. Yoga wurde als ein Teil der indischen Kultur angesehen, der mit den englischen Werten zu ersetzen sei. Britische Missionare verbreiteten die anglikanische oder andere protestantische Konfessionen. Am 21. Juni wird der Tag des Yoga begangen.

Yoga-Philosophie

Wurzeln

Da Yoga ursprünglich aus Indien stammt, liegen die Wurzeln der Yoga-Philosophie im Hinduismus und Teilen des Buddhismus. Das Individuum wird hier als ein Reisender im Wagen des materiellen Körpers gesehen. Der Wagen ist der Körper, der Kutscher der Verstand, die fünf Pferde die fünf Sinnesorgane, der Fahrgast die Seele, und das Geschirr heißt im Indischen „Yoga“. Die ältesten Aufzeichnungen finden sich in den Upanishaden. Der wichtigste Quelltext des Yoga ist das Yoga-Sutra des Patanjali.

Zur Veranschaulichung: Die ersten vier Sūtren des Patanjali, die den Kern des Yoga geben[4] und eine Art Mantra darstellen, lauten

1. atha yoga-anusäsanam; sinngemäß übersetzt lautet dies: Nun (folgt) die Disziplin des Yoga. Gemeint ist eine Art absolutes Jetzt, denn Dinge der Vergangenheit, ihr Wesen, seien es auch Gewohnheiten, sollen abgestreift werden. Dies meint ebenso Traditionen. „Aber es ist eine Tatsache, daß der Yoga sich gegen die konventionelle Bedeutung von Worten wendet. Er verwirft sogar vergangene Erfahrungen und ihre Versprachlichung (I 15).“ Die Begründung dafür findet sich in der 4. Sūtre.

2. yogas citta-vrtti-nirodhah; sinngemäß: Yoga ist jener innere Zustand, in dem die seelisch-geistigen Vorgänge zur Ruhe kommen. Nirodah verweist auf das Verlangsamen und Innehalten der (leiderzeugenden) Wirbelbewegungen (vṛtti) in unserem leiblichen Dasein (citta, im Sinne von embodied mind).

3. tadä drastuh svarüpe'vasthänam; sinngemäß: Dann ruht der Sehende in seiner Wesensidentität, oder auch: dann nimmt das sehende Prinzip (draṣṭuḥ) – das jedem von uns innewohnt – in seiner Wesennatur (svarūpe, leere Selbstform) Platz

4. vrtti-särüpyam itaratra; sinngemäß: Alle anderen inneren Zustände sind bestimmt durch die Identifizierung mit den seelisch-geistigen Vorgängen:„Wenn man immer noch an der Vergangenheit hängt, aus der man Hoffnung auf die Zukunft projiziert, wird man nie fähig sein, eine sinnvolle Beziehung zu Yoga herzustellen“. Der Begriff vritti verweist auf "eine Tätigkeit, die in den festen Bahnen der Gewohnheit und Konvention abläuft und die daher der Vergangenheit verhaftet ist"[5]

Bhagavad-Gita

Die Kapitelüberschriften in der Bhagavad-Gita geben jeweils eine besondere Form des Yoga an, zum Beispiel Karma-Yoga oder Jnana-Yoga. Sie vermitteln dem Praktizierenden für das Verständnis des Yoga wichtige philosophisch-spirituelle Hintergründe. Unter anderem enthalten sie ethische Unterweisungen, die etwa die Yamas und Niyamas verdeutlichen. In dem Text geht es um Karma – das hinduistische und buddhistische Prinzip von Ursache und Wirkung –, um Reinkarnation, Meditation, Dharma, Selbsterkenntnis und glaubensvolle Liebe. Der Text verwendet oft bildhafte Darstellungen. So können die feindlichen Verwandten, die Arjuna bekämpfen sollen, als ein Sinnbild für die Kleshas interpretiert werden, von denen sich der Yogi (derjenige, der Yoga praktiziert), reinigen soll.

Darüber hinaus enthält die Bhagavad-Gita direkte Anweisungen für den Anhänger des Yoga, d. h. für den Yogi. So heißt es im 5. Kapitel: „Sich lösend von der Außenwelt, starr auf die Nasenwurzel (Nasikagra) schauend – Den Hauch und Aushauch (Ein-/Ausatmung) regelnd gleich, die durch der Nase Innres gehen.“ (Vers 27)[6]

Vers 28 wendet sich den spirituellen Zielen zu: „Zügelnd die Sinne, Herz und Geist, ganz der Erlösung zugewandt – Befreit von Wünschen, Furcht und Zorn, so ist für immer er erlöst.“

Im 6. Kapitel geht es um Versenkung (Dhyana) und die richtige Lebensweise:

In Vers 10 heißt es: „Der Yogi soll beständig sich mühen in der Einsamkeit – Allein, bezähmend Sinn und Selbst, nichts hoffend, ohne Besitz“.[7]

Die Verse 11–13 des 6. Kapitels enthalten Anweisungen zur Sitzhaltung und sogar zur Sitzunterlage. 12„Den Geist auf einen Punkt gerichtet, zügelnd Denken, Sinne und Tun – sich setzend auf den Sitz übe er Andacht zur Reinigung seiner selbst. 13Gleichmäßig Körper, Nacken, Haupt unbewegt haltend, bleibe er fest – Schauend auf seine Nasenwurzel, nicht blicke er hier und dorthin aus“.

Die Verse 33–34 gehen auf religiöse Konzepte ein. Arjuna gibt zu bedenken, dass der Geist so schwer zu zügeln sei wie der Wind, und Krishna antwortet ihm, dass man den Geist durch Anstrengung und Entsagung disziplinieren könne. Dann fragt Arjuna, was denn mit den Menschen sei, die sich nicht zügeln können, ob die auf immer verloren seien. Krishna tröstet ihn mit dem Hinweis auf die Reinkarnation als weitere Chance, Samadhi zu erreichen.

Yoga und Religion

Auch wenn die Wurzeln im Hinduismus und Buddhismus liegen, wird Yoga von Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen praktiziert. Obwohl die Motivation eigentlich darin besteht, spirituelle Ziele zu verfolgen und zur Erleuchtung (Moksha) zu finden, gilt dies in Europa und Nordamerika nur bedingt. In den Yamas und Niyamas lassen sich einige Parallelen zu den Geboten des Christentums, Judentums und des Islams feststellen. In Anlehnung an eine Lehre der Upanishaden betrachten Yogis die Weltseele (vgl. Brahman/Atman) als universelles Prinzip, das alle Lebewesen verbindet und ihnen gemeinsam innewohnt. Aus den historischen Wurzeln heraus haben das Karma-Konzept und die Reinkarnationslehren Yoga beeinflusst. Im islamischen Kulturkreis finden sich Parallelen zum Yoga im Sufismus, der islamischen Mystik. Die Yoga-Philosophie Patanjalis unterscheidet sich durch eine theistische Orientierung von der in vielen Punkten ähnlichen Samkhya-Lehre, in der der Glaube an einen Gott (im religiösen Sinne) keine Rolle spielt.

Das Yoga-Konzept

Yogaübungen verfolgen heute zumeist einen ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele in Einklang bringen soll. Vor allem in den westlichen Ländern wird Yoga häufig in Unterrichtseinheiten vermittelt. Eine solche kombiniert Asanas, Phasen der Tiefenentspannung, Atemübungen sowie Meditationsübungen. Die Ausübung der Asanas soll das Zusammenspiel von Körper, Geist, Seele durch einen kontrollierten Atem und Konzentration verbessern. Angestrebt wird eine verbesserte Vitalität und gleichzeitig eine Haltung der inneren Gelassenheit.

In der ursprünglichen Yogalehre ist Yoga ein Weg der Selbstvervollkommnung, zu dem unter anderem gehört, die Begierden zu zügeln und Methoden der Reinigung auszuüben. Der spirituelle Hintergrund des Yoga differiert bei verschiedenen Schulen erheblich, er entspringt verschiedenen Wurzeln im asiatischen Raum, und die Lehrmeinungen waren einer geschichtlichen Entwicklung unterworfen. Daher gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen über den Sinn von Yoga und unterschiedliche Herangehensweisen.

Nach einer traditionellen Auffassung, die vorwissenschaftliche und spirituelle Elemente vereinigt, soll Yoga durch die Kombination von Körperhaltungen, Bewegungsabläufen, inneren Konzentrationspunkten, Atemführung sowie dem Gebrauch von Mantras (Meditationsworten oder Klangsilben) und Mudras (Körperhaltungen in Verbindung mit Bandhas oder Handgesten/„Fingeryoga“) die Lebensenergie (Kundalini) stimulieren, so dass sie beginnt, durch die Sushumna innerhalb der feinstofflichen Wirbelsäule zu den Chakren (Energiezentren) aufzusteigen.

Moderner Yoga

Krishna Pattabhi Jois mit Schülern in den 1980er Jahren

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich ein nicht an eine einzelne Schule gebundener Typus von Yoga herausgebildet. Im „modernen Yoga“ liegt der Schwerpunkt in der Praxis des Yoga, die eher meditativ oder eher körperbezogen sein kann. Unter Hinweis auf die positiven Auswirkungen der Übungspraxis betrachtet man Yoga als individuelle Bereicherung oder als Beitrag zur persönlichen Entwicklung, weitgehend unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen des Schülers. Gurus und Doktrinen werden im Gegensatz zum traditionellen Yoga geringe Bedeutung zugeschrieben.

Die körperlich orientierte Übungspraxis, der moderne Hatha Yoga, kam laut Christian Fuchs erst in den 1920er und 1930er Jahren auf: „In Berlin und Budapest haben sich erste Schulen gebildet. Ab den 1960er Jahren, als die New Age-Bewegung ins Rollen kam, verstärkte sich das Interesse an der körperlichen Übungspraxis. Bis zum Anfang der 1990er Jahre hatte die ganze Yoga-Bewegung ein spirituelles Vorzeichen“. Mit dem Aufkommen der US-amerikanischen Yogaformen in Deutschland sei der Fitness-Aspekt in den Vordergrund gerückt.

Es werden wenig Verhaltensvorschriften aufgestellt, die Regeln sind für die Schüler eher Empfehlungen ohne verpflichtenden Charakter. Yoga wird nicht als philosophisches System gelehrt, stattdessen gibt es eine Tendenz zu einer empirischen Herangehensweise. Methoden zur Reinigung werden im Hinblick auf gesundheitsfördernde Wirkungen bewertet (siehe Shat-Kriyas). Im Zusammenhang mit der Betonung des Trainingseffektes von Yoga auf Körper und Geist wird gelegentlich an Auffassungen der Psychosomatik angeknüpft.

Der Anthropologe Peter van der Veer hat die Entstehung des modernen Yoga im Westen untersucht und stellte dabei Unterschiede zur spirituellen Fundierung traditioneller indischer Yoga-Praktiken fest.[8][9]

Yoga-Schulen und -Richtungen

Hatha Yoga (körperbetont)

Der westliche Sprachgebrauch fasst eher körperbetonte Yoga-Praktiken unter dem Oberbegriff Hatha Yoga zusammen. Eine Richtung des Hatha Yoga in Europa und Nordamerika ist Iyengar Yoga, eine sehr körperbetonte Art, bei der bei Bedarf auch einfache Hilfsmittel eingesetzt werden, um Ungeübten das Ausführen der Übungen zu erleichtern. Sie unterstützen zugleich das Anliegen, sehr genau und subtil zu arbeiten.

Art of Living

Sri Sri Ravi Shankar, der 1981 die Art of Living gründete, hat eine Reihe von verschiedenen Workshops verfasst.[10] Die weltweit über 20.000 Lehrer unterrichten in den Art of Living Workshops einen modernen Mix aus Yoga als Körperübungen, Atemtechniken (Pranayama) und praktisch anwendbarer Philosophie. Es werden mantrabasierte Meditationskurse, Stille-Retreats, reine Yogaasanas und Wissensworkshops geleitet. Sri Sri hat verschiedene Yoga-Reihen entwickelt, vom Padma Sadhana bis zum Purna Yoga. Die Essenz ist aber die Sudarshan Kriya[11], eine als „reinigend“ beschriebene Atemtechnik, die alle sieben Ebenen der Existenz in Harmonie bringen soll.

Sivananda Yoga und andere „integrierende“ Systeme

Der seit über 50 Jahren international verbreitete Sivananda Yoga geht zurück auf die beiden Yogameister Swami Sivananda und Swami Vishnudevananda. Es handelt sich um klassischen ganzheitlichen Yoga, der alle bekannten Yogasysteme integriert. Der Kundalini-Yoga nach Yogi Bhajan setzt den Schwerpunkt auf die Erweckung und Lenkung der Kundalini-Energie. Eine stärker spirituell ausgerichtete Yogaschule ist z. B. Tibetischer Yoga. Der Marma Yoga betont den Selbsterfahrungsaspekt der Übungen. Technisch präzise eingenommene Haltungen werden als ein „Test“ angesehen, bei dem man seinem Körper die Möglichkeit gibt, zu „sprechen“, und über diese Reflexion die Übungen anpasst.

Yoga ohne körperliche Übungen

Beim Jnana Yoga und dem Yoga der Stille steht das Streben nach Selbsterkenntnis der letzten Wahrheit, ohne körperliche Übungen, im Vordergrund. Mit Kum Nye gibt es einen buddhistischen Heilyoga und mit Yantra Yoga einen tibetischen Yoga, der als Meditationsunterstützung eingesetzt wird. Tibetischer Traumyoga erweitert den Anwendungsbereich geistig-yogischer Übungen auf den Bereich des Schlafs. Der Kriya Yoga geht auf Paramahansa Yogananda zurück.

Synthesen und Innovationen

Eine Synthese und Weiterentwicklung der klassischen Yogaausprägungen finden im Integralen Yoga von Aurobindo statt.

Zusätzlich zu den traditionellen Richtungen werden besonders im Zuge des Fitness- und Wellness-Trends immer wieder „neue“ Yoga-Arten kreiert, so dass mittlerweile eine fast unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Yoga-Schulen existiert. Power Yoga, eine aus Amerika kommende Richtung, die aus dem alten Ashtanga (Vinyasa) Yoga abgeleitet ist, ist einer dieser modernen Yoga-Stile. Zu den jüngsten Richtungen dieser Entwicklung gehört der Bikram Yoga, ein körperlich fordernder Yoga bei hohen Raumtemperaturen. Der dynamische Jivamukti Yoga, bei dem meist zu Musik geübt wird, entstand in New York. Auch Mischformen können entstehen, so werden mittlerweile Yogilates Kurse angeboten, die aus einem Mix aus Yoga- und Pilates-Übungen bestehen. Das Lachyoga verdankt seinen Ursprung den Selbstversuchen des Wissenschaftsjournalisten Norman Cousins.[12]

Yoga, Feminismus und neue religiöse Bewegungen

In der Frauenbewegung entstanden in den 1990er Jahren innerhalb der Frauenprojektekultur eigene Gestaltungsvariationen von Yoga. Veröffentlicht wurden Materialien zu Luna- und Yabluga-Yoga.[13]

Außerdem gibt es neue religiöse Bewegungen, die sich als Yogaweg definieren und traditionelle Elemente des Yoga aufgreifen, so z. B. Sahaja Yoga oder Surat Shabd Yoga.

Eine dieser Bewegungen ist auch die Brahma Kumaris World Spiritual University (BKWSU). Diese spirituelle Bewegung, 1936/37 gegründet, mit mehreren hunderttausend Mitgliedern und Hauptsitz in Mount Abu, Rajasthan, Nordindien, vermittelt einen geistigen Yoga, der körperliche Übungen nicht betont. Dieser Raja Yoga der Brahma Kumaris ist eine stille Meditationsform mit dem Ziel, eine Verbindung zwischen dem Yogi und dem Höchsten Selbst herzustellen.

Von Boris Sacharow (dem Schüler Swami Sivanandas und einer der Wegbereiter des Yoga im Westen) stammt folgendes Zitat: „Von Tag zu Tag schießen neue Yogapilze aus dem durch üppige Phantasie übersättigten Boden der Orientalistik, und es werden neue Namen zutage gefördert wie Sattva Yoga, Buddhi Yoga, Purna Yoga usw. – als ob die klassischen Yoga-Arten, wie man die ersten fünf zu nennen pflegt (nämlich Karma, Bhakti, Hatha, Raja und Jnana), nicht vollauf genügt hätten.“

Anbieter, Lehrer, Verbände, Zeitschriften

In Deutschland bieten Volkshochschulen und andere öffentliche Bildungseinrichtungen Yogakurse zu verschiedenen Formen des Yoga an, sie sind von einzelnen Yogaschulen und Organisationen und deren religiösen und weltanschaulichen Auffassungen unabhängig. Meist leiten ausgebildete Yogalehrer die oft von Krankenkassen unterstützten Kurse.

Die Auswahl und Beurteilung der Yogalehrer und Yogarichtungen ist jedoch umstritten und teilweise ungeklärt. Die Ausgabe von Diplomen ist ausschließlich Hochschulen erlaubt.

Erwähnt seien ferner Illustrierte mit Anzeigen und redaktioneller Werbung – Yoga Aktuell, ein umfangreiches, zweimonatliches Blatt, sowie Yoga Journal. Die Verbände bringen kleine Zeitschriften heraus. Das zweimal jährlich erscheinende Yoga Vidya Journal und dessen Eigen-Werbewiki dokumentieren auch zunehmend marktorientiertes Yoga.

Heute praktizieren mindestens drei Millionen Menschen in Deutschland Yoga, darunter etwa achtzig Prozent Frauen (die lange in Indien ausgeschlossen waren).

Yoga und Gesundheit

Grundsätzlich hat Yoga nachweislich einige positiv bewertete Effekte sowohl auf die physische als auch auf die psychische Gesundheit. Yoga kann unter Umständen verschiedene Krankheitsbilder lindern, etwa Durchblutungsstörungen,[14] Schlafstörungen,[15] nervöse Beschwerden (Angst und Depression[16]), chronische Kopfschmerzen[17] sowie Nacken-[18] und Rückenschmerzen.[19]

Der Nutzen von Yoga bei Krankheit und zur Erhaltung der Gesundheit wird unterschiedlich bewertet. In Deutschland können Kosten für Yogakurse von den Krankenkassen vor allem im Rahmen des Präventionsprinzips der Vermeidung spezifischer Risiken und stressabhängiger Krankheiten erstattet werden (Handlungsleitfaden der Krankenkassen nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB V). Der gesundheitsfördernde Aspekt wird in den verschiedenen Yogarichtungen unterschiedlich gewichtet. Zum Teil wird er lediglich als eine Begleiterscheinung angesehen, manchmal ist er zentraler Punkt der Herangehensweise, beispielsweise im Rahmen von Angeboten zur Betrieblichen Gesundheitsförderung.

Bei den Asanas werden Kraft, Flexibilität, Gleichgewichtssinn und Muskelausdauer trainiert. Beispielsweise verbessert sich durch die Aktivierung von Muskeln, Sehnen, Bändern, Blut- und Lymphgefäßen bei den Asanas die Durchblutung. Die Rückenmuskulatur wird gekräftigt, was wiederum zu einer verbesserten Körperhaltung führen kann. Überbelastung und falsch ausgeführte Übungen können allerdings auch schaden. Deshalb soll Yoga nicht nur nach Büchern, sondern unter Anleitung eines qualifizierten Yogalehrers erlernt werden.

Yoga hat auf viele Menschen eine beruhigende, ausgleichende Wirkung und kann somit den Folgeerscheinungen von Stress entgegenwirken. Darüber hinaus kann die mit Atemübungen und Meditation verbundene innere Einkehr genutzt werden, das eigene Verhalten gegenüber den Mitmenschen zu reflektieren, um es positiver zu gestalten.

Es gibt auch auf spezielle Beschwerden zugeschnittene Yoga-Arten, so etwa das Hormon-Yoga, das vor allem bei Beschwerden in den Wechseljahren helfen soll.

Siehe auch

Literatur

  • Sandra Anderson, Rolf Sovik: Yoga – Die Basis. Ludwig, München 2004, ISBN 3-7787-9142-7.
  • Sri Aurobindo: Die Synthese des Yoga. Hinder + Deelmann, Gladenbach 19762, ISBN 3-87348-082-4.
  • Bettina Bäumer (Hrsg.): Patañjali: Die Wurzeln des Yoga. Die Yoga-Sutren des Patañjali mit einem Kommentar von P.Y. Deshpande. Mit einer neuen Übertragung der Sutren aus dem Sanskrit, Otto Wilhelm Barth Verlag, Bern/ München/ Wien 1976.
  • William Broad: Yoga. Was es verspricht - und was es kann. Herder, Freiburg 2019. (vgl. The Science of Yoga: The Risks and the Rewards (2012). New York: Simon & Schuster. ISBN 978-1-4516-4142-4)
  • Georg Feuerstein: Die Yoga Tradition: Geschichte, Literatur, Philosophie und Praxis. 3. Auflage. Yoga-Verlag, Wiggensbach 2009, ISBN 978-3-935001-06-9.
  • Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (Hrsg.): Der Weg des Yoga. Verlag Via Nova, 20075; ISBN 978-3-928632-02-7.
  • T. K. V. Desikachar: Yoga Tradition und Erfahrung. Die Praxis des Yoga nach dem Yoga Sutra des Patanjali. Via Nova Verlag, 1997; ISBN 3-928632-00-0.
  • Mircea Eliade: Yoga. Unsterblichkeit und Freiheit. Insel Verlag, 2004, ISBN 978-3-458-34701-9.
  • Christian Fuchs: Yoga in Deutschland. Kohlhammer, Stuttgart 1990.
  • Wilfried Huchzermeyer: Das Yoga-Wörterbuch. Sanskrit-Begriffe, Übungsstile, Biographien. edition sawitri, 2006, ISBN 3-931172-25-2
  • B. K. S. Iyengar: Licht auf Yoga. 7. Auflage. O. W. Barth bei Scherz, 1993, ISBN 3-502-63334-7.
  • Helmuth Maldoner: Yoga Sutra: Der Yogaleitfaden des Patanjali. Sanskrit-Deutsch. 2. Auflage. Raja Verlag Jutta Zimmermann, 2002, ISBN 3-936684-04-9.
  • Patañjali: Die Wurzeln des Yoga. Die klassischen Lehrsprüche des Patañjali – die Grundlage aller Yoga-Systeme. 12. Auflage. O. W. Barth bei Scherz, 2005, ISBN 3-502-61116-5.
  • Helmut Siefert: Yoga. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1512 f.
  • Swami Satyananda Saraswati: Asana Pranayama Mudra Bandha. 4. Auflage. Ananda-Verlag, 2001, ISBN 3-928831-17-8.

Trivia

  • Klaus Puth: Yoga für Kühe mit Übungs-Poster, Verlag Eichborn AG, Frankfurt am Main, August 2007, ISBN 978-3-8218-6025-1

Weblinks

 Commons: Yoga – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikiquote: Yoga – Zitate
Wiktionary: Yoga – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Cush, Robinson, York (Hrsg.): Encyclopedia of Hinduism. London (u. a.) 2008, S. 1034.
  2. n-tv.de: Unesco adelt Yoga zum Weltkulturerbe. Abgerufen am 6. Dezember 2016.
  3. Georg Feuerstein: Die Yoga Tradition. Geschichte, Literatur, Philosophie & Praxis. Yoga Verlag, Wiggensbach 2009, ISBN 978-3-935001-06-9, S. 78
  4. Die Wurzeln des Yoga – Die Yoga-Sütren des Patanjali; mit einem Kommentar von P.Y. Deshpande, mit einer neuen Übertragung der Sütren aus dem Sanskrit herausgegeben von Bettina Bäumer, Otto Wilhelm Barth Verlag, Bern, München, Wien, 1976
  5. ebd., S. 24
  6. „Nasikagra“ verwechseln einige Übersetzer mit „Nasenspitze“; die meisten Yogis schielen aber nicht etwa, sondern blicken als Konzentrationsübung auf die Nasenwurzel zwischen den Augenbrauen, angeblich einen wichtigen Nerventreffpunkt.
  7. Originaltext: „yogi yunjita satatam atmanam rahasi sthitah – ekaki yatachittama nirashir aparigraha“.
  8. Max-Planck-Gesellschaft. Abgerufen am 3. August 2013.
  9. Vgl. auch den ausführlichen Überblick zu Yoga in Deutschland bei Friedemann Eißler: Mantra, Markt und Massensport. Yoga zwischen Erleuchtung und Entspannung, in: Herder Korrespondenz 68 (6/2014), S. 307–311.
  10. Offizielle Website von Sri Sri Ravi Shankar
  11. Was ist Sudarshan Kriya, artofliving.org
  12. Therapeutische Erfahrungen mit Lachen (Memento vom 10. Oktober 2007 im Internet Archive) von Michael Titze
  13. Silke Garms: Yabluga. Eine Konzeption zum feministischen Yoga. Rosenholz, Kiel/Berlin 1996. ISBN 3-931665-00-3 / ISBN 978-3-931665-00-5, Adelheid Ohlig: Luna Yoga. Goldmann, München 1991. ISBN 3-442-13535-4
  14. J. Yogendra, H. J. Yogendra, S. Ambardekar, R. D. Lele, S. Shetty, M. Dave, N. Husein: Beneficial effects of yoga lifestyle on reversibility of ischaemic heart disease: caring heart project of International Board of Yoga. In: The Journal of the Association of Physicians of India. Band 52, April 2004, S. 283–289, PMID 15636328.
  15. S. B. Khalsa: Treatment of chronic insomnia with yoga: a preliminary study with sleep-wake diaries. In: Applied psychophysiology and biofeedback. Band 29, Nummer 4, Dezember 2004, S. 269–278, PMID 15707256.
  16. E. H. Kozasa, R. F. Santos, A. D. Rueda, A. A. Benedito-Silva, F. L. De Ornellas, J. R. Leite: Evaluation of Siddha Samadhi Yoga for anxiety and depression symptoms: a preliminary study. In: Psychological reports. Band 103, Nummer 1, August 2008, S. 271–274, doi:10.2466/pr0.103.1.271-274, PMID 18982958.
  17. P. J. John, N. Sharma, C. M. Sharma, A. Kankane: Effectiveness of yoga therapy in the treatment of migraine without aura: a randomized controlled trial. In: Headache. Band 47, Nummer 5, Mai 2007, S. 654–661, doi:10.1111/j.1526-4610.2007.00789.x, PMID 17501846.
  18. Hermann Traitteur: Wirksamkeit einer Iyengar Yogaintervention bei Patienten mit chronischen Nackenschmerzen – eine randomisierte kontrollierte Studie. Hrsg.: Medizinische Fakultät. Charité – Universitätsmedizin Berlin. 2013 (fu-berlin.de).
  19. P. Tekur, C. Singphow, H. R. Nagendra, N. Raghuram: Effect of short-term intensive yoga program on pain, functional disability and spinal flexibility in chronic low back pain: a randomized control study. In: Journal of alternative and complementary medicine. Band 14, Nummer 6, Juli 2008, S. 637–644, doi:10.1089/acm.2007.0815, PMID 18673078.
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