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→‎Literatur: Anthroposophische Pharmazie Salumed ergänzt
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{{QS-Medizin}}
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Ein '''anthroposophisches Arzneimittel''' ist ein Arzneimittel, das nach der [[Anthroposophische Medizin|anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis]] entwickelt wurde und nach deren Grundsätzen angewendet wird. Die Herstellung erfolgt nach einem im Europäischen [[Wikipedia:Arzneibuch|Arzneibuch]] oder anderen offiziell gebräuchlichen Arzneibuch eines EU-Staates beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren.<ref>{{§|4|amg_1976|juris}} Arzneimittelgesetz.</ref> Charakteristisch für die ist der Ansatz, Gesundheit und Medizin neben [[Wikipedia:naturwissenschaft|naturwissenschaft]]lichen auch unter „spirituellen“ (d.&nbsp;h. anthroposophischen) Gesichtspunkten zu erfassen. Für die Herstellung anthroposophischer Arzneimittel werden pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen eingesetzt, die nach aus dem Therapiesystem abgeleiteten Gesichtspunkten verarbeitet und zum Teil [[Potenzieren|potenziert]] werden.
{{Neutralität}}
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{{Belege}}
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Die '''Anthroposophische Pharmazie''' befasst sich mit der Entwicklung und Herstellung von [[Arzneimittel]]n auf der Grundlage des [[Anthroposophie|anthroposophischen]] Verständnisses von Mensch, Natur, Stoffen und [[Pharmazie|pharmazeutischen]] Verfahren.<ref>IVAA: http://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/The_system_of_Anthroposophic_Medicine_2014.pdf (Stand: 13. Juli 2015)</ref> Charakteristisch für die [[anthroposophische Medizin]] und Pharmazie ist der Ansatz, Gesundheit und Medizin neben [[Naturwissenschaft|naturwissenschaftlichen]] auch unter „geisteswissenschaftlichen“ (d.h. anthroposophischen) Gesichtspunkten zu erfassen. In der anthroposophischen Pharmazie werden pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen eingesetzt, die nach aus dem Therapiesystem folgenden Gesichtspunkten verarbeitet und zum Teil [[Potenzieren (Homöopathie)|potenziert]] werden.
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Anthroposophische Arzneimittel werden häufig begleitend zu solchen der [[Schulmedizin|naturwissenschaftlich-akademischen Medizin (Schulmedizin)]] verordnet - gemäß dem Ansatz der anthroposophischen Medizin, die sich selbst als deren Erweiterung, als integrative Medizin oder [[Komplementärmedizin]]<ref>Glöckler: Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2005, Grundwerk, S.1-2</ref> und nicht als [[Alternativmedizin]] betrachtet.
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Anthroposophische Arzneimittel sind primär darauf ausgerichtet, die Selbstheilungskräfte des Organismus anzuregen. Sie werden von anthroposophischen Ärzten nicht selten begleitend zu Therapien der wissenschaftlichen Medizin verordnet gemäß dem Ansatz der [[Anthroposophische Medizin|anthroposophischen Medizin]], die sich selbst als deren Erweiterung, als integrative Medizin oder [[Komplementärmedizin]]<ref>Glöckler: Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2005, Grundwerk, S.&nbsp;1–2.</ref> und nicht als [[Alternativmedizin]] betrachtet. Viele anthroposophische Fertigarzneimittel sind über ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß EU-Recht vermarktbar; für sie werden weder eine bestimmte Wirkung noch ein Anwendungsgebiet angegeben, und ein Wirkungsnachweis entfällt.
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== Die Genese der Heilmittelherstellung ==
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==Geschichte==
Lange Zeit bevor [[Rudolf Steiner]] in den 1920er Jahren seine medizinisch-theosophischen Theoriefindungen darlegte, die die Grundlagen der [[Anthroposophische Medizin|Anthroposophischen Medizin]] (AM) bildeten, wurden [[alternativmedizin]]ische Mittel angewandt, etwa die Ritterschen Heilmittel oder [[Farbtherapie|Peipers Farbtherapien]]. Die Heilmittelproduktion wurde nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] ein eigenes Arbeitsfeld der AM, dass zum Teil aus den Versuchen der Farbherstellung für den [[Goetheanum#Erstes_Goetheanum|Johannesbau]] in den Vorkriegsjahren hervorging. Eine Schlüsselfigur bei der Genese der Heilmittelherstellung war der Chemiker [[Oskar Schmiedel]] (1887–1959), dessen Laboratorium aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in den Besitz des [[Anthroposophische_Gesellschaft#Johannesbauverein_versus_Sternorden|Johannesbau-Vereins]] in Dornach geriet. Schmiedel übersiedelte nach Dornach und das chemische Laboratorium wurde in einer einfachen Baracke nahe dem Johannesbau untergebracht. Die Schwerpunktverlagerung von der Farbherstellung zur Produktion pharmazeutischer Produkte fand wahrscheinlich im Oktober 1919 statt, als neue Finanzquellen für den Weiterbau des [[Goetheanum]]s erschlossen werden mussten, zu denen auch die Heilmittel gehörten.<ref>Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland. 2007, S. 1540ff.</ref>
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Schon lange bevor in den 1920er Jahren seine Anregungen ausführte, die die Grundlagen der (AM) bilden sollten, wurden in anthroposophischen Kreisen spezielle [[Alternativmedizin|alternativmedizinische]] Mittel angewandt, etwa die [[Rittersche Therapie|Ritterschen Heilmittel]] oder Peipers Farbtherapien. Die Heilmittelproduktion wurde nach dem [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] ein eigenes Arbeitsfeld der AM, das zum Teil aus den Versuchen der Farbherstellung für den ursprünglich in München geplanten [[Wikipedia:Goetheanum#Projekt Johannesbau in München|Johannesbau]] in den Vorkriegsjahren hervorging. Eine Schlüsselfigur bei der Genese der Heilmittelherstellung war der Chemiker [[Oskar Schmiedel|Oskar Schmiedel(w)]] (1887–1959), dessen Laboratorium aufgrund finanzieller Schwierigkeiten in den Besitz des [[Wikipedia:Anthroposophische Gesellschaft#Johannesbauverein versus Sternorden|Johannesbau-Vereins]] in Dornach geriet. Schmiedel übersiedelte nach Dornach, und das chemische Laboratorium wurde in einer einfachen Baracke nahe der [[Wikipedia:Goetheanum|Goetheanum]]-Baustelle untergebracht. Die Schwerpunktverlagerung von der Farbherstellung zur Produktion pharmazeutischer Produkte fand wahrscheinlich im Oktober 1919 statt.<ref>Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland. 2007, S. 1540 ff.</ref>
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Ursprung, Herstellung und Anwendung der anthroposophischen Arzneimittel gehen auf [[Rudolf Steiner]] zurück, der die anthroposophische Medizin zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen mit der Ärztin [[Ita Wegman]] begründet hat. Damals entwickelte Rudolf Steiner die noch heute gültigen Grundlagen für die Wahl der Rohstoffe und die verschiedenen Herstellungsverfahren. Als zweiter wichtigster Pionier für die anthroposophische Pharmazie gilt [[Rudolf Hauschka]] (1891–1969).
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Ursprung, Herstellung und Anwendung der anthroposophischen Arzneimittel gehen auf [[Rudolf Steiner]] und dessen [[Medizinische Angaben Rudolf Steiners|medizinische Angaben]] zurück, der die anthroposophische Medizin zu Beginn des 20. Jahrhunderts zusammen mit der Ärztin [[Ita Wegman]] begründet hat. Damals entwickelte Rudolf Steiner die noch heute gültigen Grundlagen für die Wahl der Rohstoffe und die verschiedenen Herstellungsverfahren. Als zweiter wichtigster Pionier für die anthroposophische Pharmazie gilt [[Rudolf Hauschka|Rudolf Hauschka]] (1891–1969).
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== Verbreitung ==
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==Verbreitung==
2012 wurde die anthroposophische Medizin in über 60 Ländern praktiziert. In 22 europäischen Ländern gibt es ca. 15.000 Ärzte, die die anthroposophische Medizin verschreiben, z.B. in Österreich, Dänemark, Frankreich, Deutschland und Italien.<ref>https://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/Facts_and_Figures_AM_WorldwideJuly2012_Final_Public_Light.pdf (Stand: 20. Mai 2015)</ref> Laut dem deutschen [[Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie]] (BPI) haben Anthroposophika im Jahr 2013 einen Umsatz von 58,4 Millionen Euro erzielt.<ref>http://www.bpi.de/fileadmin/media/bpi/Downloads/Internet/Publikationen/Pharma-Daten/Pharmadaten_2014_DE.pdf (Stand: 20. Mai 2015)</ref>
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2012 wurde die anthroposophische Medizin in über 60 Ländern praktiziert. In 22 europäischen Ländern gibt es ca. 15.000 Ärzte, die die anthroposophische Medizin verschreiben, z.&nbsp;B. in Österreich, Dänemark, Frankreich, Deutschland und Italien.<ref>https://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/Facts_and_Figures_AM_WorldwideJuly2012_Final_Public_Light.pdf (Stand: 20. Mai 2015)</ref> Laut dem deutschen [[Wikipedia:Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie|Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie]] (BPI) haben Anthroposophika im Jahr 2013 einen Umsatz von 58,4 Millionen Euro erzielt.<ref> {{Webarchiv | url=http://www.bpi.de/fileadmin/media/bpi/Downloads/Internet/Publikationen/Pharma-Daten/Pharmadaten_2014_DE.pdf | wayback=20150923194140 | text=Pharma-Daten2014}} (Stand: 20. Mai 2015)</ref>
    
Auf dem EU-Markt gibt es über 1.700 verschiedene anthroposophische Arzneimittel.<ref>IVAA: The System of Anthroposophic Medicine, gefunden unter: http://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/The_system_of_Anthroposophic_Medicine_2014.pdf, S. 21 (Stand: 20. Mai 2015)</ref> Innerhalb der EU ist unterschiedlich geregelt, ob anthroposophische Arzneimittel vom Arzt verschrieben werden müssen. In Deutschland beispielsweise sind die meisten der Präparate nicht verschreibungspflichtig und müssen deshalb seit 2004 von den Patienten selbst bezahlt werden.
 
Auf dem EU-Markt gibt es über 1.700 verschiedene anthroposophische Arzneimittel.<ref>IVAA: The System of Anthroposophic Medicine, gefunden unter: http://www.ivaa.info/fileadmin/editor/file/The_system_of_Anthroposophic_Medicine_2014.pdf, S. 21 (Stand: 20. Mai 2015)</ref> Innerhalb der EU ist unterschiedlich geregelt, ob anthroposophische Arzneimittel vom Arzt verschrieben werden müssen. In Deutschland beispielsweise sind die meisten der Präparate nicht verschreibungspflichtig und müssen deshalb seit 2004 von den Patienten selbst bezahlt werden.
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== Theorie und Hintergrund ==
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In Deutschland den „Apothekerberuf durch Anthroposophie zu erweitern“ und eine „'''Anthroposophische Pharmazie'''“ weiterzuentwickeln ist Ziel der 2001 gegründeten [[Gesellschaft für Anthroposophische Pharmazie in Deutschland e.V. (GAPiD)|''Gesellschaft für Anthroposophische Pharmazie in Deutschland'' (GAPiD)]].<ref>http://www.gapid.de/ Gesellschaft Anthroposophische Pharmazie in Deutschland e.V.</ref>
Die Grundlage des anthroposophisch-pharmazeutischen Ansatzes ist eine [[Ganzheitlichkeit|ganzheitliche]] Betrachtung von Mensch und Natur. Dabei ist es eine Besonderheit der anthroposophischen Pharmazie, dass sie davon ausgeht, dass es zwischen dem menschlichen Organismus und den Naturprozessen in der mineralischen, pflanzlichen, tierischen Welt eine evolutionäre Verwandtschaft gibt.<ref>Glöckler: Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2005, 3. Akt.-Lfg. 2010 S. 2–14</ref> Auf Grundlage dieses Zusammenhangs gelten für die Auswahl der Ausgangsstoffe und deren Verarbeitung sowie für die Herstellung und die Anwendung von anthroposophischen Arzneimitteln bestimmte Regeln. Vor diesem Hintergrund arbeitet die anthroposophische Pharmazie die spezifischen Heilkräfte eines natürlichen Stoffes heraus, um sie auf ein bestimmtes therapeutisches Ziel hin auszurichten. Die Vorgeschichte der Inhaltsstoffe anthroposophischer Mittel ist oft bedeutender als ihre stoffliche Zusammensetzung.<ref>{{Literatur|Autor = Edzard Ernst|Titel = Anthroposophische Medizin: Eine kritische Analyse|Herausgeber = |Sammelwerk = [[MMW-Fortschritte der Medizin]]|Band = Ergänzungsband Nr. 1|Nummer = 150|Auflage = |Verlag = Urban & Vogel|Ort = |Jahr = 2008|Seiten = 1-6|ISBN = |Monat = 4|ISSN = 1438-3276|ZDB = 1478211-x|OCLC = 890211612}}</ref>
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Die anthroposophische Pharmazie basiert entsprechend dem [[Anthroposophie|Menschenbild der Anthroposophie]] auf dem Verständnis, dass vier Existenzebenen (Leiber / [[Anthroposophie|Wesensglieder]]) des menschlichen Wesens mit drei Natur-Systemen interagieren.<ref>Rankin-Box and Williamson: Complementary Medicine. A Guide for Pharmacists, Churchill Livingston, 2006</ref> Die folgende Tabelle zeigt, von welchen Bezügen die anthroposophische Pharmazie ausgeht:
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==Theorie und Hintergrund==
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Die Grundlage der anthroposophischen Heilweise ist eine [[Wikipedia:Ganzheitlichkeit|ganzheitliche]] Betrachtung von Mensch und Natur. Dabei ist es eine Besonderheit der anthroposophischen Arzneitherapie, dass sie davon ausgeht, dass es zwischen dem menschlichen Organismus und den Naturprozessen in der mineralischen, pflanzlichen, tierischen Welt eine evolutionäre Verwandtschaft gibt.<ref>Glöckler: Anthroposophische Arzneitherapie für Ärzte und Apotheker, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, 2005, 3. Akt.-Lfg. 2010 S. 2–14</ref> Auf Grundlage dieses Zusammenhangs gelten für die Auswahl der Ausgangsstoffe und deren Verarbeitung sowie für die Herstellung und die Anwendung von anthroposophischen Arzneimitteln bestimmte Regeln. Vor diesem Hintergrund sollen die „spezifischen Heilkräfte“ eines natürlichen Stoffes heraus gearbeitet werden, um sie auf ein bestimmtes therapeutisches Ziel hin auszurichten. Die Vorgeschichte der Inhaltsstoffe anthroposophischer Mittel ist oft bedeutender als ihre stoffliche Zusammensetzung.
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Das Menschenbild der Anthroposophie basiert auf dem Verständnis, dass vier Existenzebenen (Leiber / [[Wikipedia:Anthroposophie|Wesensglieder]]) des menschlichen Wesens mit drei Natur-Systemen interagieren.<ref>Rankin-Box and Williamson: Complementary Medicine. A Guide for Pharmacists, Churchill Livingston, 2006</ref> Die folgende Tabelle zeigt, von welchen Bezügen die Anthroposophie ausgeht:
    
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
 
|-
 
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! Mensch !! Naturreich
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!Mensch!!Naturreich
 
|-
 
|-
| Die physisch-körperliche Ebene steht in Bezug zur... || Welt der Mineralien
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|Die physisch-körperliche Ebene steht in Bezug zur...||Welt der Mineralien
 
|-
 
|-
| Lebens-Organisation, Ätherleib (biologische Identität, Regeneration und physiologische Funktionen) steht in Bezug zur || Welt der Pflanzen
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|Lebens-Organisation, Ätherleib (biologische Identität, Regeneration und physiologische Funktionen) steht in Bezug zur||Welt der Pflanzen
 
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|-
| Empfindungsorganisation, Astralleib (Gefühl und Bewegung) steht in Bezug zur || Welt der Tiere
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|Empfindungsorganisation, Astralleib (Gefühl und Bewegung) steht in Bezug zur||Welt der Tiere
 
|-
 
|-
| Ich-Organisation (geistige Ebene) als individuelle Ebene || Selbstwahrnehmung gibt es nur beim Menschen
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|Ich-Organisation (geistige Ebene) als individuelle Ebene||Selbstwahrnehmung gibt es nur beim Menschen
 
|}
 
|}
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Eine zweite Besonderheit der anthroposophischen Arzneimittel ist deren doppelte Ausrichtung: Zum einen werden die Mittel eingesetzt, um direkt in [[Krankheitsverlauf|akute]] und [[Krankheitsverlauf|chronische]] Krankheitsprozesse einzugreifen und [[Symptom|Symptome]] zu lindern. Zum anderen ist es für die anthroposophische Medizin entscheidend, die selbstregulierenden Fähigkeiten des Organismus anzuregen.<ref>Deutscher Apotheker Verlag: Komplementärmedizin für die Kitteltasche. Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation, 2009, S. 20</ref>
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Gemäß dem anthroposophischen Verständnis hat die Behandlung mit anthroposophischen Arzneimitteln eine doppelte Ausrichtung: Zum einen sollen sie direkt in [[Wikipedia:Krankheitsverlauf|akute und chronische]] und Krankheitsprozesse eingreifen und [[Wikipedia:Symptom|Symptom]]e lindern. Zum anderen sollen sie selbstregulierende Fähigkeiten des Organismus anregen.<ref>Deutscher Apotheker Verlag: Komplementärmedizin für die Kitteltasche. Beratungsempfehlungen für die Selbstmedikation, 2009, S. 20</ref>
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== Pharmazeutische Herstellungsverfahren ==
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==Pharmazeutische Herstellungsverfahren==
Das anthroposophische Verständnis vom Menschen und seinen Krankheiten bedingt andere pharmakologische Prinzipien und pharmazeutische Richtlinien als in der naturwissenschaftlich orientierten Medizin.<ref>{{Literatur|Autor=Barbara Burkhard|Titel=Anthroposophische Arzneimittel|TitelErg=Eine kritische Betrachtung|Herausgeber=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=GOVI|Ort=Eschborn|Jahr=2000|Seiten=15|ISBN=3-7741-0810-2|ISSN=0936-658X|OCLC=610645030}}</ref> Bei der anthroposophisch-pharmazeutischen Herstellung werden sowohl spezifisch anthroposophische als auch typisch [[Homöopathie|homöopathische]] Verfahren eingesetzt.<ref>GAPiD: Grundfragen zur Anthroposophischen Pharmazie, 2014, S. 29f</ref> Ausgangsstoffe von anthroposophischen Arzneimitteln sind mineralische/metallische, pflanzliche oder tierische Substanzen, zum Beispiel Quarz, Schwefel, Gold, Kupfer, Silber, Arnika, Kamille oder Calendula.<ref>http://www.damid.de/anthroposophische-medizin/arzneimittel/19-anthroposophische-arzneitherapie.html, (Stand: 14. Juli 2015)</ref> Tierversuche werden so weit wie möglich vermieden. Bei der Herstellung anthroposophischer Arzneimittel kommen vielfach rhythmische Prozesse und/oder abgestufte Wärmeanwendungen zum Einsatz.  
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Bei der Herstellung anthroposophischer Arzneimittel werden sowohl spezifisch anthroposophische als auch typisch Verfahren eingesetzt.<ref>GAPiD: Grundfragen zur Anthroposophischen Pharmazie, 2014, S. 29 f.</ref> Ausgangsstoffe von anthroposophischen Arzneimitteln sind mineralische/metallische, pflanzliche oder tierische Substanzen, zum Beispiel Quarz, Schwefel, Gold, Kupfer, Silber, Arnika, Kamille oder Calendula.<ref>http://www.damid.de/anthroposophische-medizin/arzneimittel/19-anthroposophische-arzneitherapie.html, (Stand: 14. Juli 2015)</ref> Es kommen vielfach rhythmische Prozesse und/oder abgestufte Wärmeanwendungen zum Einsatz. Tierversuche werden so weit wie möglich vermieden.
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Beispiele für typische anthroposophisch-pharmazeutische Verfahren bei pflanzlichen Ausgangsstoffen:
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Anthroposophisches Mittel sind etwa das ''Skleron'', welches aus Blei, Honig und Zucker besteht, oder das Kieselsäure, Schwefel und Eisen enthaltende Migränemittel ''Biodoron''.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 246.</ref>
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===Behandlung pflanzlicher Ausgangsstoffe===
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Beispiele für typische Verfahren bei pflanzlichen Ausgangsstoffen:
 
{| class="wikitable"
 
{| class="wikitable"
 
|-
 
|-
! Pharmazeutisches Verfahren !! Temperatur !! Ausgangsstoff
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!Pharmazeutisches Verfahren!!Temperatur!!Ausgangsstoff
 
|-
 
|-
| Kaltes Mazerieren || 2-8&nbsp;°C || frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
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|Kaltes Mazerieren||2–8&nbsp;°C||frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
 
|-
 
|-
| Mazerieren || ca. 15-20&nbsp;°C || frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
+
|Mazerieren||ca. 15–20&nbsp;°C||frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
 
|-
 
|-
| Rhythmische Verarbeitung || 4-37&nbsp;°C || frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
+
|[[Rhythmische Verfahren|Rhythmische Verarbeitung]]||4–37&nbsp;°C||frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
 
|-
 
|-
| Digerieren || 37&nbsp;°C || frische Pflanzen, Blüten und Blätter
+
|Digerieren||37&nbsp;°C||frische Pflanzen, Blüten und Blätter
 
|-
 
|-
|Infundieren|| 60-90&nbsp;°C || getrocknete Blätter und Blüten
+
|Infundieren||60–90&nbsp;°C||getrocknete Blätter und Blüten
 
|-
 
|-
| Kochen || ca. 100 °C || getrocknete Wurzeln, Rinde und Samen
+
|Kochen||ca. 100&nbsp;°C||getrocknete Wurzeln, Rinde und Samen
 
|-
 
|-
| Destillieren || Dampf, ca. 100 °C || frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
+
|Destillieren||Dampf, ca. 100&nbsp;°C||frische oder getrocknete Pflanzen, alle Teile
 
|}
 
|}
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=== Potenzieren ===
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Die Verfahren sind im Homöopathischen Arzneibuch beschrieben, beispielsweise in den Vorschriften 18 bis 24. Die Vorschriften 18 bis 20 befassen sich mit ethanolischen Zubereitungen (ethanolische ''Digestio'', ethanolisches ''Decoctum'', ethanolischer ''Infus''). Die sogenannten ''Rh-Tinkturen'', deren Herstellung in den Vorschriften 20 und 21 beschrieben ist, werden aus zerkleinerten Frischpflanzen oder Presssaft durch einen Vergärungsprozess im tageszeitlichen Warm-Kalt-Rhythmus hergestellt, wobei abwechselnd Temperaturen von 37&nbsp;°C und 4&nbsp;°C zur Anwendung kommen.<ref>Kurt H. Bauer, Karl-Heinz Frömming, Claus Führer, Bernhardt C. Lippold – Pharmazeutische Technologie. Thieme Verlag, 2. Auflage 1989, S. 469 </ref> Bei dem Rh-Verfahren wird von einer durch Beeinflussung der von Tages- und Nachtrhythmen angeblich beeinflussten Pflanzenqualität ausgegangen und diese mittels Temperatur- und Bewegungsänderungen bei der Präparatgewinnung aus dem Arzneipflanzensaft versucht, zu erzielen.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 248.</ref>
Ein weiteres, häufig angewandtes Herstellungsverfahren ist das [[Potenzieren (Homöopathie)|Potenzieren]], das auch in der [[Homöopathie]] verwendet wird. Gegenüber der [[Homöopathie|klassischen Homöopathie]] unterscheidet sich die [[Potenzieren (Homöopathie)|Schüttelungstechnik]], zudem werden [[Tageszeit]] und [[Konstellation|Sternenkonstellation]] bei der Herstellung berücksichtigt.<ref>{{Literatur|Autor = Hans Wolfgang Hoefert, Bernhard Uehleke|Titel = Komplementäre Heilverfahren im Gesundheitswesen|Herausgeber = |Sammelwerk = |Band = |Nummer = |Auflage = 1.|Verlag = Huber|Ort = Bern|Jahr = 2009|Seiten = 184f|ISBN = 9783456847009|TitelErg = Analyse und Bewertung|OCLC = 320799907}}</ref> Potenzierte Präparate enthalten oft letztlich extrem verdünnte Substanzen. Jeder Verdünnungsgrad wird durch rhythmisches Schütteln oder [[Potenzieren (Homöopathie)|Verreiben]] erzielt. Das Prinzip der Potenzierung wird kontrovers diskutiert, da in höheren Verdünnungen die stoffliche Menge der Ausgangssubstanz gegen Null geht, so dass selbst das Vorhandensein einzelner [[Atom|Atome]] oder [[Molekül|Moleküle]] der Ausgangssubstanz unwahrscheinlich wird. Der Medizinhistoriker [[Robert Jütte|R. Jütte]] weist darauf hin<ref>{{Literatur|Autor=Robert Jütte|Titel=Geschichte der Alternativen Medizin|TitelErg=Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute|Herausgeber=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=C.H. Beck|Ort=München|Jahr=1996|Seiten=238|ISBN=9783406404955|OCLC=35743709}}</ref>, dass die von [[Samuel Hahnemann|Hahnemann]] gezogene Grenze zwischen Homöopathie und [[Allopathie]] in der anthroposophischen Medizin weniger scharf sei.
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===Potenzieren===
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Ein häufig angewandtes Herstellungsverfahren ist ferner das [[Wikipedia:Potenzieren (Homöopathie)|Potenzieren]], das auch in der verwendet wird. Gegenüber der unterscheidet sich die [[Wikipedia:Potenzieren (Homöopathie)|Schüttelungstechnik]], zudem werden [[Wikipedia:Tageszeit|Tageszeit]] und [[Wikipedia:Konstellation|Sternenkonstellation]] bei der Herstellung berücksichtigt.<ref>{{Literatur |Autor=Hans Wolfgang Hoefert, Bernhard Uehleke |Hrsg= |Titel=Komplementäre Heilverfahren im Gesundheitswesen |TitelErg=Analyse und Bewertung |Auflage=1. |Verlag=Huber |Ort=Bern |Datum=2009 |ISBN=978-3-456-84700-9 |Seiten=184f}}</ref> Potenzierte Präparate enthalten oft letztlich extrem verdünnte Substanzen. Jeder Verdünnungsgrad wird durch rhythmisches Schütteln oder [[Wikipedia:Potenzieren (Homöopathie)|Verreiben]] erzielt. Das Prinzip der Potenzierung wird kontrovers diskutiert, da in höheren Verdünnungen die stoffliche Menge der Ausgangssubstanz gegen Null geht, so dass selbst das Vorhandensein einzelner [[Wikipedia:Atom|Atom]]e oder [[Wikipedia:Molekül|Molekül]]e der Ausgangssubstanz unwahrscheinlich wird. Der Medizinhistoriker [[Robert Jütte|Robert Jütte]] ist der Ansicht, dass die von  gezogene Grenze zwischen Homöopathie und "[[Wikipedia:Allopathie|Allopathie]]" in der anthroposophischen Medizin weniger scharf sei.<ref>{{Literatur |Autor=Robert Jütte |Hrsg= |Titel=Geschichte der Alternativen Medizin |TitelErg=Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute |Verlag=C.H. Beck |Ort=München |Datum=1996 |ISBN=978-3-406-40495-5 |Seiten=238}}</ref>
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===Rhythmische Verfahren===
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{{Hauptartikel|Rhythmische Verfahren}}
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==Hersteller==
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Anthroposophische Arzneimittel werden von eigens gegründeten pharmazeutischen Betrieben hergestellt, z.&nbsp;B. [[Weleda|Weleda AG]], [[Wala|Wala Heilmittel GmbH]], [[Abnoba GmbH]], [[Helixor Heilmittel GmbH & Co. KG]] und andere.<ref>Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000. S. 15.</ref>
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==Rechtliche Einordnung==
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Anthroposophische Arzneimittel, die in einer offiziellen Pharmakopöe eines EU-Mitgliedstaates beschrieben und nach einem homöopathischen Verfahren zubereitet werden, sind hinsichtlich der Registrierung und der Genehmigung für das Inverkehrbringen in den Mitgliedsstaaten der EU homöopathischen Arzneimitteln gleichgestellt. Das heißt, in den EU-Mitgliedsländern ist wie bei homöopathischen Arzneimitteln, sofern sie die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren erfüllen, kein Wirksamkeitsnachweis erforderlich und der pharmazeutische Unternehmer darf keine Wirkungen und Anwendungsgebiete nennen.
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*{{WikipediaDE|Homöopathisches_Arzneimittel#Rechtliche_Einordnung|titel1=Homöopathisches Arzneimittel, Rechtliche Einordnung}}
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In Deutschland wurde mit der Novellierung des [[Wikipedia:Arzneimittelgesetz (Deutschland)|Arzneimittelgesetzes]] 1976 für homöopathische Arzneimittel die Möglichkeit für das vereinfachte Verfahren ohne [[Therapeutische Wirksamkeit|Wirksamkeitsnachweis]] („Registrierung“) eingeführt. Anthroposophische Arzneimittel sind zudem in Deutschland nach dem {{§|34|sgb_5|juris}} [[Wikipedia:SGB V|SGB V]] und {{§|25|amg_1976|juris}} Abs.&nbsp;7 [[Wikipedia:Arzneimittelgesetz|Arzneimittelgesetz]] ähnlich wie die Homöopathie<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 252 f.</ref> als „besondere“ bzw. „bestimmte“ Therapierichtung gesetzlich definiert.
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*{{WikipediaDE|Arzneimittelgesetz_(Deutschland)#Besondere_Therapierichtungen|titel1=Deutsches Arzneimittelgesetz, Besondere Therapierichtungen}}
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Der Internist [[Wikipedia:Klaus Dietrich Bock|Klaus Dietrich Bock]] bemängelte 1993, dass bei der Einstufung als „besondere Therapierichtung“ und der Befreiung der anthroposophischen Arzneimittel von der Wirksamkeitsprüfung das Hauptproblem ausgeklammert worden sei: Man habe nicht geprüft, ob die anthroposophische Arzneimittellehre wissenschaftlichen Kriterien genüge. Die von Steiner beabsichtigte „Erweiterung“ der Schulmedizin durch die Anthroposophie sei generell unmöglich, da zwei unvereinbare Paradigmen der Medizin nicht nebeneinander anwendbar seien.<ref name="Klaus Dietrich Bock 1993">Klaus Dietrich Bock: ''Wissenschaftliche und alternative Medizin: Paradigmen—Praxis—Perspektiven.'' Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1993. S. 65 f.</ref>
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== Befreiung von der Wirksamkeitsprüfung  ==
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==Anwendungsbereiche==
Mit ihrer Lobbyarbeit haben anthroposophische Ärzte die [[Anthroposophische Medizin|anthroposophischen Heilmethoden]] bei der Novellierung des deutschen [[Arzneimittelgesetz_(Deutschland)#Besondere_Therapierichtungen|Arzneimittelgesetz]]es von 1978 als „besondere Therapierichtung“ (zu denen auch die [[Homöopathie]] und die [[Phytotherapie]] zählen) durchgesetzt, womit beispielsweise für die Anthroposophika ein juristischer Sonderstatus verbunden war: Anthroposophische Medikamente wurden von der Pflicht befreit, einen empirischen [[Therapeutische Wirksamkeit|Wirksamkeitsnachweis]] in der sonst üblichen Form erbringen zu müssen.<ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007. S. 1575.; Befreiung von der Wirksamkeitsprüfung gemäß §21 [[Arzneimittelgesetz (Deutschland)|AMG]] (Fassung vom 11. Dezember 1989) für homöopathische Arzneimittel nach §§ 38f AMG.; Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, S. 10.</ref>
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Eingesetzt werden anthroposophischen Medikamente in unterschiedlichen Darreichungsformen: Äußerlich zum Beispiel als Öle, Gele, Salben oder Tinkturen oder innerlich als Tropfen, Pulver, Tabletten oder Streukügelchen (Globuli).<ref>GAÄD: Vademecum Anthroposophische Medizin, 2008, S. 364 ff.</ref> Ferner gibt es Ampullen für die Injektion oder Inhalation.
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=== Kritik ===
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Auch in der Krebstherapie (Onkologie) werden anthroposophische Arzneimittel eingesetzt. Besonders bekannt sind Zubereitungen aus der [[Weißbeerige Mistel|Mistel]]<ref>Kienle, Kiene and Albonico: Anthroposophische Medizin in der klinischen Forschung, Schattauer, 2006, Kapitel 6</ref> wie das Präparar „Iscador“.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 246 f.</ref> Es liegen zwar viele klinische Studien zur  vor. Deren Ergebnisse werden jedoch kontrovers diskutiert und unterschiedlich bewertet.<ref>Kienle, Kiene: Influence of mistletoe treatment on quality of life in cancer patients. A systematic review of controlled clinical studies. Integrative Cancer Therapies 2010: http://ict.sagepub.com/content/9/2/142.full.pdf+html (Stand: 14. Juli 2015)</ref><ref>Horneber, Bueschel, Huber, Linde, Rostock: Mistletoe therapy in oncology (Cochrane-Review: Mistletoe in oncology (Review). 2008 The Cochrane Collaboration. Published by John Wiley & Sons, Ltd)</ref><ref>Kienle, Berrino, Büssing, Portalupi, Rosenzweig, Kiene: Mistletoe in cancer - a systematic review on controlled clinical trials. Eur J Med Res 8, 2003, S. 109–119</ref> Der Internist Klaus Dietrich Bock bemängelt, dass es die Anthroposophen seit über 60 Jahren nicht geschafft haben, einen Wirksamkeitsnachweis an Krebskranken zu erbringen, der den Kriterien der universitären Medizin genügt. Derweil rekurriere man auf [[Wikipedia:in vitro|in vitro]]-Versuche, die alleine nichts besagten oder auf die „[[Wikipedia:adjuvant|adjuvant]]e“ Krebsbehandlung, für die es ebenfalls keine Wirsamkeitsnachweise gibt.<ref name="Klaus Dietrich Bock 1993" /><ref>Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, S. 162 f.</ref>
Kritiker bemängeln, dass bei der Einstufung als „besondere Therapierichtung“ und der Befreiung der anthroposophischen Arzneimittel von der Wirksamkeitsprüfung das Hauptproblem ausgeklammert worden sei: Man habe nicht geprüft, ob die anthroposophische Arzeimittellehre wissenschaftlichen Kriterien genüge; die von Steiner beabsichtigte „Erweiterung“ der Schulmedizin durch die [[Anthroposophie]] sei generell unmöglich, da zwei unvereinbare Paradigmen der Medizin nicht nebeneinander anwendbar seien.<ref>Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, S. 163</ref><ref>Klaus Dietrich Bock: ''Wissenschaftliche und alternative Medizin: Paradigmen—Praxis—Perspektiven.'' Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1993. S. 65f.</ref>
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== Hersteller  ==
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==Siehe auch==
Anthroposophische Arzneimittel werden von eigens gegründeten pharmazeutischen Betrieben hergestellt, z.B. [[Weleda (Unternehmen)|Weleda AG]], [[Wala Heilmittel|Wala Heilmittel GmbH]], Abnoba GmbH, Helixor Heilmittel GmbH & Co. KG und andere.<ref>Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000. S. 15.</ref>
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== Anwendungsbereiche ==
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*{{WikipediaDE|Anthroposophisches Arzneimittel}}
Eingesetzt werden anthroposophischen Medikamente in unterschiedlichen Darreichungsformen: Äußerlich zum Beispiel als Öle, Gele, Salben oder Tinkturen oder innerlich als Tropfen, Pulver, Tabletten oder Streukügelchen (Globuli).<ref>GAÄD: Vademecum Anhroposophische Medizin, 2008, S. 364ff</ref> Als Ampullen können sie außerdem injiziert oder als sterile Verdünnung inhaliert werden.
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Auch in der Krebstherapie (Onkologie) werden anthroposophische Arzneimittel eingesetzt. Besonders bekannt ist die Mistel.<ref>Kienle, Kiene and Albonico: Anthroposophische Medizin in der klinischen Forschung, Schattauer, 2006, Kapitel 6</ref> Es liegen zwar viele klinische Studien zur [[Misteltherapie]] vor. Deren Ergebnisse werden jedoch kontrovers diskutiert und unterschiedlich bewertet.<ref>Kienle, Kiene: Influence of mistletoe treatment on quality of life in cancer patients. A systematic review of controlled clinical studies. Integrative Cancer Therapies 2010: http://ict.sagepub.com/content/9/2/142.full.pdf+html (Stand: 14. Juli 2015)</ref><ref>Horneber, Bueschel, Huber, Linde, Rostock: Mistletoe therapy in oncology (Cochrane-Review: Mistletoe in oncology (Review). 2008 The Cochrane Collaboration. Published by John Wiley & Sons, Ltd)</ref><ref>Kienle, Berrino, Büssing, Portalupi, Rosenzweig, Kiene: Mistletoe in cancer - a systematic review on controlled clinical trials. Eur J Med Res 8, 2003,S. 109-119 </ref> Der Internist Klaus Dietrich Bock bemängelt, dass es die Anthroposophen seit über 60 Jahren nicht geschafft haben, einen Wirksamkeitsnachweis an Krebskranken zu erbringen, der den Kriterien der universitären Medizin genügt. Derweil rekurriere man auf [[in vitro]]-Versuche, die alleine nichts besagten oder auf die „[[adjuvant]]e“ Krebsbehandlung, für die es ebenfalls keine Wirsamkeitsnachweise gibt.<ref>Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, S. 162f</ref><ref>Klaus Dietrich Bock: ''Wissenschaftliche und alternative Medizin: Paradigmen—Praxis—Perspektiven.'' Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 1993. S. 65f.</ref>
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==Literatur==
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== Literatur ==
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*Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, ISBN 3-7741-0810-2.
* Barbara Burkhard: ''Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung.'' GOVI, Eschborn 2000, ISBN 3-7741-0810-2
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*[[Robert Jütte|Robert Jütte]]: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 240–260.
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*{{BibISBN|9783928914314}}
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== Weblinks ==
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==Weblinks==
* [http://www.damid.de Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland e.V.]
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* [http://www.gapid.de Gesellschaft Anthroposophischer Apotheker in Deutschland e.V.]
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* [http://www.iaap.org.uk International Association of Anthroposophic Pharmacists] (englisch)
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* [http://www.echamp.eu European Coalition on Homeopathic and Anthroposophic Medicinal Products] (englisch)
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* [http://www.escamp.org European Scientific Cooperative on Anthroposophic Medicinal Products] (englisch)
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* [http://www.ifeamm.de/B10_AMOS.htm Publications from the Anthroposophic Medicine Outcomes Study (AMOS)] (englisch)
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== Einzelnachweise ==
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*[http://www.damid.de/ Dachverband Anthroposophische Medizin in Deutschland e.V.]
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*[http://www.iaap.org.uk/ International Association of Anthroposophic Pharmacists] (englisch)
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*[http://www.escamp.org/ European Scientific Cooperative on Anthroposophic Medicinal Products] (englisch)
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==Einzelnachweise==
 
<references />
 
<references />
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[[Kategorie:Alternativmedizin]]
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[[Kategorie:Anthroposophisches Arzneimittel|!]]
[[Kategorie:Anthroposophie]]
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{{QuelleWikipedia|datum=28. December 2019|oldid=190384071|oldid-lokal=17378|geschichte=true}}
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