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Anders als augenblickliche [[Emotion]]en oder [[Gefühl]]e, haben die Temperamente ihren Sitz im [[Ätherleib]]. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die ''äußere'' [[Gestalt]]ung des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] hinein, anderseits spiegeln sie sich in ''inneren'' Erlebnissen des [[Astralleib]]s bzw. der [[Seelische Wesensglieder|seelischen Wesensglieder]] wider.
 
Anders als augenblickliche [[Emotion]]en oder [[Gefühl]]e, haben die Temperamente ihren Sitz im [[Ätherleib]]. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die ''äußere'' [[Gestalt]]ung des [[Physischer Leib|physischen Leibes]] hinein, anderseits spiegeln sie sich in ''inneren'' Erlebnissen des [[Astralleib]]s bzw. der [[Seelische Wesensglieder|seelischen Wesensglieder]] wider.
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{{GZ|Diese vier Temperamente drücken sich im Ätherleib aus. Es gibt also vier verschiedene Hauptarten von Ätherleibern. Diese haben wiederum verschiedene Strömungen und Bewegungen, die sich in einer bestimmten Grundfarbe im [[Astralleib]] ausdrücken. Das ist nicht etwa vom Astralleib abhängig, es zeigt sich nur darin.|95|64}}
    
== Temperamente und Elemente ==
 
== Temperamente und Elemente ==
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[[Datei:Bild 268xyz.jpg||mini|hochkant=1.6|Die anthroposophische-galensche Lehre der vier Elemente und der vier Temperamente]]
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Nach [[Hippokrates von Kós]] (460-375 v. Chr.), der die ''Temperamentenlehre'' erstmals ''exoterisch'' formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den [[Elemente|vier Elementen]] entsprechen:
 
Nach [[Hippokrates von Kós]] (460-375 v. Chr.), der die ''Temperamentenlehre'' erstmals ''exoterisch'' formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den [[Elemente|vier Elementen]] entsprechen:
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* [[Choleriker]] ([[Feuer]])
 
* [[Choleriker]] ([[Feuer]])
 
* [[Sanguiniker]] ([[Luft]])
 
* [[Sanguiniker]] ([[Luft]])
* [[Melancholiker]] ([[Wasser]])
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* [[Phlegmatiker]] ([[Wasser]])
* [[Phlegmatiker]] ([[Erde (Element)|Erde]])
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* [[Melancholiker]] ([[Erde (Element)|Erde]])
 
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Es steht nun in einer geheimnisvollen Verwandtschaft mit den vier Elementen der elementarischen
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{{GZ|Es steht nun in einer geheimnisvollen Verwandtschaft mit den vier Elementen der elementarischen
 
Welt dasjenige im Menschen, was man seine Temperamente nennt,
 
Welt dasjenige im Menschen, was man seine Temperamente nennt,
 
und zwar so, daß eine Verwandtschaft besteht zwischen dem melancholischen Temperament
 
und zwar so, daß eine Verwandtschaft besteht zwischen dem melancholischen Temperament
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gewisser niederer [[Hellseher]] in bezug auf die elementarische Welt sehr voneinander
 
gewisser niederer [[Hellseher]] in bezug auf die elementarische Welt sehr voneinander
 
abweichend sind, denn beurteilen kann man diese Welt doch erst dann,
 
abweichend sind, denn beurteilen kann man diese Welt doch erst dann,
wenn man eine genaue Erkenntnis von sich selber hat.
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wenn man eine genaue Erkenntnis von sich selber hat.|119|163f}}
    
== Die Temperamente und die Viersäftelehre ==
 
== Die Temperamente und die Viersäftelehre ==
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*[[Weiße Galle]]nflüssigkeit ({{ELSalt|χολή}} ''cholḗ''): [[Choleriker]] ({{polytonisch|χολερικός}} ''cholerikós'')
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*[[Blut]] ([[lat.]] sanguis, {{ELSalt|αἷμα}} ''háima''): [[Sanguiniker]] ({{polytonisch|αἱματώδης}} ''háimatodes'')
*[[Rotes Blut]] ([[lat.]] sanguis, {{ELSalt|αἷμα}} ''háima''): [[Sanguiniker]] ({{polytonisch|αἱματώδης}} ''háimatodes'')
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*[[Schleim]] ({{ELSalt|φλέγμα}} ''phlégma''): [[Phlegmatiker]] ({{polytonisch|φλεγματικός}} ''phlegmatikós'')  
 
*[[Schwarze Galle]]nflüssigkeit ({{ELSalt|μέλαινα χολή}} ''mélaina cholḗ'' bzw. {{polytonisch|χυμός μελαγχολικός}} ''chymós melagcholikós''): [[Melancholiker]] ({{polytonisch|μελαγχολικός}} ''melagcholikós'')
 
*[[Schwarze Galle]]nflüssigkeit ({{ELSalt|μέλαινα χολή}} ''mélaina cholḗ'' bzw. {{polytonisch|χυμός μελαγχολικός}} ''chymós melagcholikós''): [[Melancholiker]] ({{polytonisch|μελαγχολικός}} ''melagcholikós'')
*[[Grüner Schleim]] ({{ELSalt|φλέγμα}} ''phlégma''): [[Phlegmatiker]] ({{polytonisch|φλεγματικός}} ''phlegmatikós'')
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*[[Gelbe Galle]]nflüssigkeit ({{ELSalt|χολή}} ''cholḗ''): [[Choleriker]] ({{polytonisch|χολερικός}} ''cholerikós'')
 
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Wenn der [[Mensch]] zu einer neuen [[irdisch]]en [[Inkarnation]] heruntersteigt, muss sich seine [[geist]]ige [[Individualität]], sein [[ewig]]er [[Wesenskern]], der durch [[Reinkarnation|wiederholte Erdenleben]] schreitet, mit dem durch die [[Vererbung]]sströmung bereitgestellten vergänglichen [[Leib]] verbinden und es muss ein richtiger Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wieder:
 
Wenn der [[Mensch]] zu einer neuen [[irdisch]]en [[Inkarnation]] heruntersteigt, muss sich seine [[geist]]ige [[Individualität]], sein [[ewig]]er [[Wesenskern]], der durch [[Reinkarnation|wiederholte Erdenleben]] schreitet, mit dem durch die [[Vererbung]]sströmung bereitgestellten vergänglichen [[Leib]] verbinden und es muss ein richtiger Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wieder:
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{{GZ|Nun entsteht die
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große Frage: Wie kann dasjenige, was aus ganz anderen Welten stammt, was sich Vater
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und Mutter suchen muß, sich vereinen mit dem Leiblich-Physischen, wie kann es
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sich umkleiden mit dem, was die körperlichen Merkmale sind, durch die der Mensch
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hineingestellt wird in die Vererbungslinie? Wie geschieht die Vereinigung der beiden
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Strömungen, der geistig-seelischen Strömung, in die der Mensch hineingestellt ist
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durch die Wiederverkörperung, und der leiblichen Strömung der Vererbungslinie? Es
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muß ein Ausgleich geschaffen werden. Indem die beiden Strömungen sich vereinigen,
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färbt die eine Strömung die andere. Sie färben sich gegenseitig. So wie sich die
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blaue und die gelbe Farbe etwa vereinigen in dem Grün, so vereinigen sich die beiden
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Strömungen im Menschen zu dem, was man sein Temperament nennt. Das
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Temperament gleicht das Ewige mit dem Vergänglichen aus. Dieser Ausgleich geschieht
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dadurch, daß dasjenige, was wir als die Glieder der menschlichen Natur kennengelernt
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haben, in ganz bestimmter Art und Weise miteinander ins Verhältnis tritt.|57|277f}}
    
== Temperamente und Wesensglieder ==
 
== Temperamente und Wesensglieder ==
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*[[Ich]] - [[Zentrales Nervensystem und Rückenmark]] - [[Choleriker]]
+
*[[Ich]] - [[Blut]]kreislauf<ref name="Blut">Es ist kein Widerspruch, dass hier das Blut, als einer der vier Körper''säfte'', dem Sanguiniker zugeordnet wird, anderseits der [[Blut]]kreislauf, als Organsystem, dem Choleriker entspricht.</ref> - [[Choleriker]]
*[[Astralleib]] - [[Blutkreislauf und Herz]] - [[Sanguiniker]]
+
*[[Astralleib]] - [[Nervensystem]] - [[Sanguiniker]]
*[[Ätherleib]] - [[Vegetatives Nervensystem]] - [[Melancholiker]]
+
*[[Ätherleib]] - [[Drüsen]]system - [[Phlegmatiker]]
*[[Physischer Leib]] - [[Lymphatisches System]] - [[Phlegmatiker]]
+
*[[Physischer Leib]] - [[Knochen]]system - [[Melancholiker]]
 
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Beherrscht der Ich-Träger die übrigen Glieder des Menschen, so herrscht das cholerische Temperament vor. Herrscht
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{{GZ|Beherrscht der Ich-Träger die übrigen Glieder des Menschen, so herrscht das cholerische Temperament vor. Herrscht
 
der Astralleib über die anderen Glieder, so sprechen wir dem Menschen ein sanguinisches
 
der Astralleib über die anderen Glieder, so sprechen wir dem Menschen ein sanguinisches
 
Temperament zu. Herrscht vor der Ätherleib, so sprechen wir vom phlegmatischen
 
Temperament zu. Herrscht vor der Ätherleib, so sprechen wir vom phlegmatischen
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Leibe tonangebend das Drüsensystem. Der physische Leib als solcher kommt
 
Leibe tonangebend das Drüsensystem. Der physische Leib als solcher kommt
 
nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker
 
nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker
das äußerlich Tonangebende.
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das äußerlich Tonangebende.|57|278f}}
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Beim [[Kind]] ist die Beziehung der Temperamente zu den Wesensgliedern bis etwa zum 9./10. Lebensjahr noch anders gelagert {{Lit|vgl. Eltz, S. 84}}:
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*[[Ich]] - [[Melancholiker]]
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*[[Astralleib]] - [[Choleriker]]
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*[[Ätherleib]] - [[Sanguiniker]]
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*[[Physischer Leib]] - [[Phlegmatiker]]
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== Charakteristik der vier Temperamente ==
 
== Charakteristik der vier Temperamente ==
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Es gibt kein ''gutes'' und kein ''schlechtes'' Temperament. Jedes hat positive, das Eigenwohl und das soziale Miteinander gleichermaßen fördernde, wie auch negative, lebenshemmende Eigenschaften. Durch Erziehung und später durch Selbsterziehung sollen die Temperamente keineswegs geschwächt oder nivelliert, sondern in ihrer positven Kraft gestärkt werden. Im Idealfall kommt der Mensch dazu, über die positiven Kräfte aller vier Temperamente in voller Stärke und im ausgewogenen Gleichmaß frei zu verfügen - aber das ist in der Regel ein fernes Entwicklungsziel, das nur durch die energische Arbeit am [[Ätherleib]] erreicht werden kann.
 
Es gibt kein ''gutes'' und kein ''schlechtes'' Temperament. Jedes hat positive, das Eigenwohl und das soziale Miteinander gleichermaßen fördernde, wie auch negative, lebenshemmende Eigenschaften. Durch Erziehung und später durch Selbsterziehung sollen die Temperamente keineswegs geschwächt oder nivelliert, sondern in ihrer positven Kraft gestärkt werden. Im Idealfall kommt der Mensch dazu, über die positiven Kräfte aller vier Temperamente in voller Stärke und im ausgewogenen Gleichmaß frei zu verfügen - aber das ist in der Regel ein fernes Entwicklungsziel, das nur durch die energische Arbeit am [[Ätherleib]] erreicht werden kann.
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=== Physiognomie ===
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Bild:Sanguiniker.jpg|Sanguiniker
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Bild:Choleriker.jpg|Choleriker
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Bild:Melancholiker.jpg|Melancholiker
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Bild:Phlegmatiker.jpg|Phlegmatiker
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=== Die vier Grundtypen ===
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Die reinen [[Typen (Psychologie)|Grundtypen]], um sie recht anschaulich zu machen, charakterisiert [[Rudolf Steiner]] so:
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{{GZ|Beim Choleriker ist vorzugsweise das Ich und das Blutsystem vorherrschend. Dadurch tritt er auf als der Mensch, der sein Ich unter allen Umständen durchsetzen will. Von der Zirkulation des Blutes schreibt sich alles Aggressive des Cholerikers her, alles was mit der starken Willensnatur des Cholerikers zusammenhängt. Im Nervensystem und Astralleib sind die auf- und abwogenden Empfindungen und Gefühle. Nur dadurch, daß diese durch das Ich gebändigt werden, kommt Harmonie und Ordnung hinein. Würde er sie nicht durch sein Ich bändigen, so würden sie auf- und abfluten, ohne daß man bemerken könnte, der Mensch übt irgendeine Herrschaft über sie aus. Der Mensch würde hingegeben sein allem Wogen von Empfindung zu Empfindung, von Bild zu Bild, von Vorstellung zu Vorstellung und so weiter.
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Etwas von dem tritt ein, wenn der astralische Leib vorherrscht, also beim Sanguiniker, der in gewisser Weise den auf- und abwogenden Bildern, Empfindungen und Vorstellungen hingegeben ist, da bei ihm der Astralleib und das Nervensystem vorherrschen. Das, was des Menschen Blutzirkulation ist, ist der Bändiger des Nervenlebens. Was tritt ein, wenn ein Mensch blutarm, bleichsüchtig ist, wenn der Bändiger nicht da ist? Dann tritt ein zügelloses Auf- und Abfluten der Bilder; Illusionen, Halluzinationen treten auf. Einen kleinen Anflug davon haben wir beim Sanguiniker. Der Sanguiniker kann nicht bei einem Eindruck verweilen, er kann nicht festhalten an einem Bilde, er haftet nicht mit seinem Interesse an einem Eindruck. Er eilt von Lebenseindruck zu Lebenseindruck, von Wahrnehmung zu Wahrnehmung. Das kann man besonders beim sanguinischen Kinde beobachten; da kann es einem Sorge machen. Leicht ist Interesse da, ein Bild fängt leicht an zu wirken, macht bald einen Eindruck, aber der Eindruck ist bald wieder verschwunden.
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Gehen wir jetzt zum phlegmatischen Temperament über! Wir sahen, daß das phlegmatische Temperament dadurch entsteht, daß vorherrschend gemacht ist das, was wir Äther- oder Lebensleib nennen, das, was des Menschen Wachstums- und Lebensvorgänge im Innern regelt. Es kommt das in innerer Behaglichkeit zum Ausdruck. Je mehr der Mensch in seinem Ätherleib lebt, desto mehr ist er in sich selber beschäftigt, und läßt die äußeren Dinge laufen. Er ist in seinem Innern beschäftigt.
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Beim Melancholiker haben wir gesehen, daß der physische Leib, also das dichteste Glied der menschlichen Wesenheit, der Herr wird über die anderen. Immer, wenn der dichteste Teil Herr wird, dann fühlt das der Mensch so, daß er nicht Herr ist darüber, daß er ihn nicht handhaben kann. Denn der physische Leib ist das Instrument, das er durch seine höheren Glieder überall beherrschen soll; jetzt aber herrscht dieser physische Leib, setzt dem anderen Widerstand entgegen. Das empfindet der Mensch als Schmerz, Unlust, als die trübselige Stimmung des Melancholikers. Es ist immer ein Aufsteigen von Schmerzen da. Von nichts anderem rührt diese Stimmung her, als daß der physische Leib der innern Behaglichkeit des Ätherleibes, der Beweglichkeit des Astralleibes und der Zielsicherheit des Ichs Widerstände entgegenstellt.
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Was wir da sehen als die Mischung der vier Wesensglieder des Menschen, das tritt uns im äußeren Bilde klar und deutlich entgegen. Wenn das Ich vorherrscht, will der Mensch sich gegen alle äußeren Widerstände durchsetzen, will in Erscheinung treten. Es hält dann förmlich die anderen Glieder des Menschen im Wachstum zurück, den Astralleib und den Ätherleib, läßt sie nicht zu ihrem Rechte kommen. Rein äußerlich tritt das einem schon entgegen. Johann Gottlieb Fichte zum Beispiel, der deutsche Choleriker, ist schon äußerlich als solcher kenntlich. Er verriet schon äußerlich deutlich im Wuchs, daß die anderen Wesensglieder zurückgehalten worden sind. Oder ein klassisches Beispiel eines Cholerikers ist Napoleon, der so klein geblieben ist, weil das Ich die anderen Wesensglieder zurückgehalten hat. Es handelt sich nun natürlich nicht darum, daß behauptet wird, der Choleriker sei klein und der Sanguiniker groß. Wir dürfen die Gestalt des Menschen nur mit seinem eignen Wuchs vergleichen. Es kommt darauf an, in welchem Verhältnis zur ganzen Gestalt der Wuchs steht. Beim Sanguiniker herrscht das Nervensystem, der Astralleib vor. Er wird in seinem in sich beweglichen Leben an den Gliedern arbeiten; er wird auch das äußere Abbild des Menschen so beweglich wie möglich machen. Haben wir beim Choleriker scharf geschnittene Gesichtszüge, so beim Sanguiniker bewegliche, ausdrucksvolle, sich verändernde Gesichtszüge. Sogar in der schlanken Gestalt, im Knochenbau, sehen wir die innere Beweglichkeit des Astralleibes am ganzen Menschen. In den schlanken Muskeln zum Beispiel kommt sie zum Ausdruck. Das ist auch zu sehen in dem, was der Mensch äußerlich darlebt. Auch wer nicht hellsehend ist, kann dem Menschen schon von hinten ansehen, ob er Sanguiniker oder Choleriker ist. Dazu braucht man nicht Geisteswissenschaftler zu sein. Sieht man einen Choleriker gehen, so kann man beobachten, wie er jeden Fuß so setzt, als ob er bei jedem Schritt nicht nur den Boden berühren wolle, sondern als ob der Fuß noch ein Stück in den Boden hineingehen sollte. Beim Sanguiniker dagegen haben wir einen hüpfenden, springenden Gang. Auch feinere Merkmale finden sich in der äußeren Gestalt. Die Innerlichkeit der Ich-Natur, die geschlossene Innerlichkeit des Cholerikers tritt uns entgegen in dem schwarzen Auge des Cholerikers. Sehen Sie sich den Sanguiniker an, bei dem die Ich-Natur nicht so tief gewurzelt ist, bei dem der astralische Leib seine ganze Beweglichkeit ausgießt, da ist das blaue Auge vorherrschend. So könnten viele Merkmale angeführt werden, die das Temperament in der äußeren Erscheinung zeigen.
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Das phlegmatische Temperament tritt einem entgegen in der unbeweglichen, teilnahmslosen Physiognomie, in der Fülle des Körpers, besonders in der Ausarbeitung der Fettpartien; denn das ist das, was besonders der Ätherleib ausarbeitet. In alledem tritt uns die innere Behaglichkeit des Phlegmatikers entgegen. Er hat einen schlotternden Gang. Er tritt sozusagen nicht ordentlich auf, setzt sich nicht in Beziehung zu den Dingen. - Und sehen Sie sich den Melancholiker an, wie er zumeist einen vorhängenden Kopf hat, nicht aus sich heraus die Kraft hat, den Nacken zu steifen. Das Auge ist trübe; da ist nicht der Glanz des schwarzen Cholerikerauges. Der Gang ist zwar fest, aber es ist nicht der Gang des Cholerikers, das feste Auftreten des Cholerikers, sondern es ist etwas Schleppend-Festes.|57|279f}}
    
== Die karmischen Ursachen des Temperaments ==
 
== Die karmischen Ursachen des Temperaments ==
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Wiederholte Erlebnisse, die in einem früheren Erdenleben von ''außen'' an den Menschen herangekommen sind, drücken sich in der nächsten [[Inkarnation]] in der Temperamentsanlage aus, wobei auch eine wesentliche Rolle spielt, wie wir im damaligen Erdenleben, mit diesen sich wiederholenden Erfahrungen umgegangen sind:
 
Wiederholte Erlebnisse, die in einem früheren Erdenleben von ''außen'' an den Menschen herangekommen sind, drücken sich in der nächsten [[Inkarnation]] in der Temperamentsanlage aus, wobei auch eine wesentliche Rolle spielt, wie wir im damaligen Erdenleben, mit diesen sich wiederholenden Erfahrungen umgegangen sind:
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Was Sie in diesem Leben wiederholt erleben, das kommt in Ihrem folgenden Leben
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{{GZ|Was Sie in diesem Leben wiederholt erleben, das kommt in Ihrem folgenden Leben
 
als Grundcharakter. Ein melancholisches Temperament kommt daher, daß der
 
als Grundcharakter. Ein melancholisches Temperament kommt daher, daß der
 
Mensch im vorigen Leben viele traurige Eindrücke gehabt hat, die ihn immer wieder
 
Mensch im vorigen Leben viele traurige Eindrücke gehabt hat, die ihn immer wieder
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kraftvoll überwindet, dann wird im nächsten Leben sein Ätherleib geboren mit einem
 
kraftvoll überwindet, dann wird im nächsten Leben sein Ätherleib geboren mit einem
 
cholerischen Temperament. Man kann also, wenn man all das weiß, geradezu
 
cholerischen Temperament. Man kann also, wenn man all das weiß, geradezu
sich seinen Ätherleib für das nächste Leben vorbereiten.
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sich seinen Ätherleib für das nächste Leben vorbereiten.|100|85}}
    
Man kann dadurch bis zu einem gewissen Grad vorhersehen bzw. sogar beeinflussen, wie sich das Temperament in der nächsten Inkarnation gestalten wird, wobei allerdings, wie schon oben besprochen, die durch Vererbung erworbenen Leibesglieder, auf die man zunächst keinen direkten Einfluss hat, auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
 
Man kann dadurch bis zu einem gewissen Grad vorhersehen bzw. sogar beeinflussen, wie sich das Temperament in der nächsten Inkarnation gestalten wird, wobei allerdings, wie schon oben besprochen, die durch Vererbung erworbenen Leibesglieder, auf die man zunächst keinen direkten Einfluss hat, auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.
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Das melancholische Temperament wird karmisch
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{{GZ|Das melancholische Temperament wird karmisch
 
besonders dann hervorgerufen, wenn ein Mensch im vorhergehenden Leben
 
besonders dann hervorgerufen, wenn ein Mensch im vorhergehenden Leben
 
gezwungen war, im kleinsten, engsten Kreise zu leben, viel für sich allein zu sein, immer
 
gezwungen war, im kleinsten, engsten Kreise zu leben, viel für sich allein zu sein, immer
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hart umgegangen ist, der wird ein Choleriker. Wenn man ein angenehmes Leben ohne
 
hart umgegangen ist, der wird ein Choleriker. Wenn man ein angenehmes Leben ohne
 
viel Kämpfe und Mühsale hatte, oder auch wenn man viel gesehen hat, an vielem vorbeigekommen ist, es aber nur angesehen hat, so geht das alles karmisch immer im nächsten Leben im Grundwesen auf den nächtstdichteren Leib über. Man wird
 
viel Kämpfe und Mühsale hatte, oder auch wenn man viel gesehen hat, an vielem vorbeigekommen ist, es aber nur angesehen hat, so geht das alles karmisch immer im nächsten Leben im Grundwesen auf den nächtstdichteren Leib über. Man wird
ein Phlegmatiker oder Sanguiniker.
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ein Phlegmatiker oder Sanguiniker.|95|64}}
    
== Psychopathologie der Temperamente ==
 
== Psychopathologie der Temperamente ==
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: "Bei der Erziehung handelt es sich nicht darum, die Temperamente auszugleichen, zu nivellieren, sondern es handelt sich darum, sie in die richtigen Geleise zu bringen. Aber in jedem Temperamente liegt eine kleine und eine große Gefahr der Ausartung. Beim cholerischen Menschen liegt in der Jugend die Gefahr vor, daß ein solcher Mensch durch Zornwütigkeit, ohne daß er sich beherrschen kann, sein Ich eingeprägt erhält. Das ist die kleine Gefahr. Die große Gefahr ist die Narrheit, die aus ihrem Ich heraus irgendein einzelnes Ziel verfolgen will. Beim sanguinischen Temperamente ist die kleine Gefahr die, daß der Mensch in Flatterhaftigkeit verfällt. Die große Gefahr ist, daß das Auf- und Abwogen der Empfindungen in Irrsinn einmündet. Die kleine Gefahr des Phlegmatikers ist die Interesselosigkeit gegenüber der äußeren Welt; die große Gefahr ist die Idiotie, der Stumpfsinn. Die kleine Gefahr beim melancholischen Temperament ist der Trübsinn, die Möglichkeit, daß der Mensch nicht herauskommt über das, was im eignen Innern aufsteigt. Die große Gefahr ist der Wahnsinn." (Rudolf Steiner, GA 57, S.291)
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{{GZ|Bei der Erziehung handelt es sich nicht darum, die Temperamente auszugleichen, zu nivellieren, sondern es handelt sich darum, sie in die richtigen Geleise zu bringen. Aber in jedem Temperamente liegt eine kleine und eine große Gefahr der Ausartung. Beim cholerischen Menschen liegt in der Jugend die Gefahr vor, daß ein solcher Mensch durch Zornwütigkeit, ohne daß er sich beherrschen kann, sein Ich eingeprägt erhält. Das ist die kleine Gefahr. Die große Gefahr ist die Narrheit, die aus ihrem Ich heraus irgendein einzelnes Ziel verfolgen will. Beim sanguinischen Temperamente ist die kleine Gefahr die, daß der Mensch in Flatterhaftigkeit verfällt. Die große Gefahr ist, daß das Auf- und Abwogen der Empfindungen in Irrsinn einmündet. Die kleine Gefahr des Phlegmatikers ist die Interesselosigkeit gegenüber der äußeren Welt; die große Gefahr ist die Idiotie, der Stumpfsinn. Die kleine Gefahr beim melancholischen Temperament ist der Trübsinn, die Möglichkeit, daß der Mensch nicht herauskommt über das, was im eignen Innern aufsteigt. Die große Gefahr ist der Wahnsinn.|57|291}}
    
== Temperamente und Pädagogik ==
 
== Temperamente und Pädagogik ==
"Was ist das? Das ist auch eine Charakterisierung der vier Temperamente.
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[[Datei:GA295 028.gif|center|500px|Die vier Temperamente]]
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{{GZ|Was ist das? Das ist auch eine Charakterisierung der vier Temperamente.
 
Die melancholischen Kinder sind in der Regel schlank und
 
Die melancholischen Kinder sind in der Regel schlank und
 
dünn; die sanguinischen sind die normalsten; die, welche die Schultern
 
dünn; die sanguinischen sind die normalsten; die, welche die Schultern
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um ein wünschbares Lebensziel mit ihm zu erreichen, so daß aus
 
um ein wünschbares Lebensziel mit ihm zu erreichen, so daß aus
 
dem Temperament das Allerbeste wird und die Kinder mit Hilfe des
 
dem Temperament das Allerbeste wird und die Kinder mit Hilfe des
Temperaments das Lebensziel erreichen?" (Rudolf Steiner, GA 295, S.28)
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Temperaments das Lebensziel erreichen?|295|28}}
    
=== Die Erziehung des Kindes ===
 
=== Die Erziehung des Kindes ===
   −
: "Wenn wir uns das alles vorhalten, so werden wir sehen, daß in dem Lenken und Leiten der Temperamente eine bedeutsame Aufgabe der Lebenspraxis liegt. Aber um die Temperamente zu leiten, ist der Grundsatz zu beachten, daß immer mit dem gerechnet werden muß, was da ist, nicht mit dem, was nicht da ist. Hat ein Kind ein sanguinisches Temperament, so können wir ihm nicht dadurch in der Entwicklung weiterhelfen, daß wir Interesse hineinprügeln wollen; man kann nicht ihm einbleuen etwas anderes, als was eben sein sanguinisches Temperament ist. Wir sollen nicht fragen: Was fehlt dem Kinde, was sollen wir ihm einprügeln? - sondern wir sollen fragen: Was hat ein sanguinisches Kind in der Regel? Und damit müssen wir rechnen. In der Regel werden wir eines finden, ein Interesse kann immer erregt werden; das Interesse für irgendeine Persönlichkeit, wenn das Kind auch noch so flatterhaft ist. Wenn wir die richtige Persönlichkeit nur sind, oder wenn wir ihm die richtige Persönlichkeit beigesellen können, so tritt das Interesse schon auf. Nur auf dem Umwege der Liebe zu einer Persönlichkeit kann beim sanguinischen Kinde Interesse auftreten. Mehr als jedes andere Temperament braucht das sanguinische Kind Liebe zu einer Persönlichkeit. Alles muß getan werden, daß bei einem solchen Kinde die Liebe erwache. Liebe ist das Zauberwort. Wir müssen sehen, was da ist. Wir müssen sehen, allerlei Dinge in die Umgebung des Kindes zu bringen, von denen man doch bemerkt hat, daß es tieferes Interesse daran hat. Diese Dinge muß man zum Sanguiniker sprechen lassen, muß sie auf das Kind wirken lassen, muß sie ihm dann wieder entziehen, damit das Kind sie wieder begehrt, und sie ihm von neuem geben. Man muß sie so auf das Kind wirken lassen, wie die Gegenstände der gewöhnlichen Welt auf das sanguinische Temperament wirken.
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{{GZ|Wenn wir uns das alles vorhalten, so werden wir sehen, daß in dem Lenken und Leiten der Temperamente eine bedeutsame Aufgabe der Lebenspraxis liegt. Aber um die Temperamente zu leiten, ist der Grundsatz zu beachten, daß immer mit dem gerechnet werden muß, was da ist, nicht mit dem, was nicht da ist. Hat ein Kind ein sanguinisches Temperament, so können wir ihm nicht dadurch in der Entwicklung weiterhelfen, daß wir Interesse hineinprügeln wollen; man kann nicht ihm einbleuen etwas anderes, als was eben sein sanguinisches Temperament ist. Wir sollen nicht fragen: Was fehlt dem Kinde, was sollen wir ihm einprügeln? - sondern wir sollen fragen: Was hat ein sanguinisches Kind in der Regel? Und damit müssen wir rechnen. In der Regel werden wir eines finden, ein Interesse kann immer erregt werden; das Interesse für irgendeine Persönlichkeit, wenn das Kind auch noch so flatterhaft ist. Wenn wir die richtige Persönlichkeit nur sind, oder wenn wir ihm die richtige Persönlichkeit beigesellen können, so tritt das Interesse schon auf. Nur auf dem Umwege der Liebe zu einer Persönlichkeit kann beim sanguinischen Kinde Interesse auftreten. Mehr als jedes andere Temperament braucht das sanguinische Kind Liebe zu einer Persönlichkeit. Alles muß getan werden, daß bei einem solchen Kinde die Liebe erwache. Liebe ist das Zauberwort. Wir müssen sehen, was da ist. Wir müssen sehen, allerlei Dinge in die Umgebung des Kindes zu bringen, von denen man doch bemerkt hat, daß es tieferes Interesse daran hat. Diese Dinge muß man zum Sanguiniker sprechen lassen, muß sie auf das Kind wirken lassen, muß sie ihm dann wieder entziehen, damit das Kind sie wieder begehrt, und sie ihm von neuem geben. Man muß sie so auf das Kind wirken lassen, wie die Gegenstände der gewöhnlichen Welt auf das sanguinische Temperament wirken.
   −
: Beim cholerischen Kinde gibt es auch einen Umweg, durch den die Entwicklung immer zu leiten ist. Hier heißt das, was die Erziehung sicher leitet: Achtung und Schätzung einer Autorität. Hier handelt es sich nicht um ein Beliebt¬machen durch die persönlichen Eigenschaften, wie beim sanguinischen Kinde, sondern es kommt darauf an, daß das cholerische Kind immer den Glauben hat, daß der Erzieher die Sache versteht. Man muß zeigen, daß man in den Dingen Bescheid weiß, die um das Kind vorgehen. Man darf sich nicht eine Blöße geben. Das Kind muß immer den Glauben erhalten, daß der Erzieher die Sache kann, sonst hat er sofort verspielt. Ist Liebe zur Persönlichkeit das Zaubermittel beim sanguinischen Kinde, so Achtung und Schätzung des Wertes einer Person das Zauberwort beim cholerischen Kinde. Ihm müssen besonders solche Gegenstände in den Weg geführt werden, die ihm Widerstand entgegensetzen. Widerstände, Schwierigkeiten müssen ihm in den Weg gelegt werden. Man muß versuchen, ihm das Leben nicht so leicht zu machen.
+
Beim cholerischen Kinde gibt es auch einen Umweg, durch den die Entwicklung immer zu leiten ist. Hier heißt das, was die Erziehung sicher leitet: Achtung und Schätzung einer Autorität. Hier handelt es sich nicht um ein Beliebt¬machen durch die persönlichen Eigenschaften, wie beim sanguinischen Kinde, sondern es kommt darauf an, daß das cholerische Kind immer den Glauben hat, daß der Erzieher die Sache versteht. Man muß zeigen, daß man in den Dingen Bescheid weiß, die um das Kind vorgehen. Man darf sich nicht eine Blöße geben. Das Kind muß immer den Glauben erhalten, daß der Erzieher die Sache kann, sonst hat er sofort verspielt. Ist Liebe zur Persönlichkeit das Zaubermittel beim sanguinischen Kinde, so Achtung und Schätzung des Wertes einer Person das Zauberwort beim cholerischen Kinde. Ihm müssen besonders solche Gegenstände in den Weg geführt werden, die ihm Widerstand entgegensetzen. Widerstände, Schwierigkeiten müssen ihm in den Weg gelegt werden. Man muß versuchen, ihm das Leben nicht so leicht zu machen.
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: Das melancholische Kind ist nicht leicht zu leiten. Hier aber gibt es wieder ein Zaubermittel. Wie beim sanguinischen Kinde Liebe zur Persönlichkeit, beim cholerischen Schätzung und Achtung des Wertes des Erziehers die Zauberworte sind, so ist beim melancholischen Kinde das, worauf es ankommt, daß die Erzieher Persönlichkeiten sind, die im Leben in einer gewissen Weise geprüft sind, die aus einem geprüften Leben heraus handeln und sprechen. Das Kind muß fühlen, daß der Erzieher wirkliche Schmerzen durchgemacht habe. Lassen Sie das Kind merken an allen den hunderterlei Dingen des Lebens die eigenen Lebensschicksale. Das Mitfühlen mit dem Schicksale dessen, der um einen ist, wirkt hier erziehend. Auch hier beim Melancholiker muß man rechnen mit dem, was er hat. Er hat Schmerzfähigkeit, Unlustfähigkeit; die sitzen in seinem Innern, die können wir nicht ausprügeln. Aber wir können sie ablenken. Lassen wir ihn gerade im Außenleben berechtigten Schmerz, berechtigtes Leid erfahren, damit er kennenlernt, daß es Dinge gibt, an denen er Schmerz erleben kann. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht soll man ihn zerstreuen: dadurch verhärten Sie seine Trübsinnigkeit, seinen Schmerz im Innern. Er soll sehen, daß es Dinge im Leben gibt, an denen man Schmerz erfahren kann. Wenn man es auch nicht zu weit treiben darf, so kommt es doch darauf an, daß an den äußeren Dingen Schmerz erregt wird, der ihn ablenkt.
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Das melancholische Kind ist nicht leicht zu leiten. Hier aber gibt es wieder ein Zaubermittel. Wie beim sanguinischen Kinde Liebe zur Persönlichkeit, beim cholerischen Schätzung und Achtung des Wertes des Erziehers die Zauberworte sind, so ist beim melancholischen Kinde das, worauf es ankommt, daß die Erzieher Persönlichkeiten sind, die im Leben in einer gewissen Weise geprüft sind, die aus einem geprüften Leben heraus handeln und sprechen. Das Kind muß fühlen, daß der Erzieher wirkliche Schmerzen durchgemacht habe. Lassen Sie das Kind merken an allen den hunderterlei Dingen des Lebens die eigenen Lebensschicksale. Das Mitfühlen mit dem Schicksale dessen, der um einen ist, wirkt hier erziehend. Auch hier beim Melancholiker muß man rechnen mit dem, was er hat. Er hat Schmerzfähigkeit, Unlustfähigkeit; die sitzen in seinem Innern, die können wir nicht ausprügeln. Aber wir können sie ablenken. Lassen wir ihn gerade im Außenleben berechtigten Schmerz, berechtigtes Leid erfahren, damit er kennenlernt, daß es Dinge gibt, an denen er Schmerz erleben kann. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht soll man ihn zerstreuen: dadurch verhärten Sie seine Trübsinnigkeit, seinen Schmerz im Innern. Er soll sehen, daß es Dinge im Leben gibt, an denen man Schmerz erfahren kann. Wenn man es auch nicht zu weit treiben darf, so kommt es doch darauf an, daß an den äußeren Dingen Schmerz erregt wird, der ihn ablenkt.
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: Der Phlegmatiker darf nicht einsam aufwachsen. Wenn es bei den anderen schon gut ist, Gespielen zu haben, so ist das besonders beim Phlegmatiker der Fall. Er muß Gespielen haben mit den mannigfaltigsten Interessen. Er kann erzogen werden durch das Miterleben der Interessen und möglichst vieler Interessen der anderen Persönlichkeiten. Wenn er sich gleichgültig verhält gegen das, was in der Umgebung ist, so kann sein Interesse angefacht werden dadurch, daß die Interessen der Gespielen, der Gesellen auf ihn wirken. Kommt es beim melancholischen Kinde auf das Miterleben des Schicksals einer anderen Persönlichkeit an, so beim phlegmatischen auf das Miterleben der Interessen seiner Gespielen. Nicht Dinge als solche wirken auf den Phlegmatiker; aber wenn sich die Dinge in anderen Menschen spiegeln, dann spiegeln sich diese Interessen in der Seele des phlegmatischen Kindes. Dann sollen wir beson¬ders darauf sehen, daß wir Gegenstände in seine Umgebung bringen, Ereignisse in seiner Nähe geschehen lassen, wo das Phlegma am Platze ist. Man muß das Phlegma auf die richtigen Gegenstände lenken, denen gegenüber man phlegmatisch sein darf." (Rudolf Steiner, GA 57 S. 292ff)
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Der Phlegmatiker darf nicht einsam aufwachsen. Wenn es bei den anderen schon gut ist, Gespielen zu haben, so ist das besonders beim Phlegmatiker der Fall. Er muß Gespielen haben mit den mannigfaltigsten Interessen. Er kann erzogen werden durch das Miterleben der Interessen und möglichst vieler Interessen der anderen Persönlichkeiten. Wenn er sich gleichgültig verhält gegen das, was in der Umgebung ist, so kann sein Interesse angefacht werden dadurch, daß die Interessen der Gespielen, der Gesellen auf ihn wirken. Kommt es beim melancholischen Kinde auf das Miterleben des Schicksals einer anderen Persönlichkeit an, so beim phlegmatischen auf das Miterleben der Interessen seiner Gespielen. Nicht Dinge als solche wirken auf den Phlegmatiker; aber wenn sich die Dinge in anderen Menschen spiegeln, dann spiegeln sich diese Interessen in der Seele des phlegmatischen Kindes. Dann sollen wir beson¬ders darauf sehen, daß wir Gegenstände in seine Umgebung bringen, Ereignisse in seiner Nähe geschehen lassen, wo das Phlegma am Platze ist. Man muß das Phlegma auf die richtigen Gegenstände lenken, denen gegenüber man phlegmatisch sein darf.|57|292ff}}
    
==== Wie kann man auf die Temperamente durch die Farben wirken ? ====
 
==== Wie kann man auf die Temperamente durch die Farben wirken ? ====
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"Nehmen wir also an, ein Kind tritt einem im frühen Lebensalter als ein cholerisches Kind gegenüber. Es wird nicht erst ein
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{{GZ|Nehmen wir also an, ein Kind tritt einem im frühen Lebensalter als ein cholerisches Kind gegenüber. Es wird nicht erst ein
 
Frage- und Antwortspiel brauchen, um darauf zu kommen, daß es
 
Frage- und Antwortspiel brauchen, um darauf zu kommen, daß es
 
sich um ein cholerisches Kind handelt, sondern es wird sich
 
sich um ein cholerisches Kind handelt, sondern es wird sich
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Kind mit den Farben und dergleichen behandelt werden muß.
 
Kind mit den Farben und dergleichen behandelt werden muß.
 
Kurz, es wird sich darum handeln, daß man aus einer lebendigen
 
Kurz, es wird sich darum handeln, daß man aus einer lebendigen
Erziehungswissenschaft auch eine lebendige Erziehungskunst entwickle." (Rudolf Steiner: GA 291a, S. 443f)
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Erziehungswissenschaft auch eine lebendige Erziehungskunst entwickle.|291a|443f}}
    
=== Selbsterziehung des Erwachsenen ===
 
=== Selbsterziehung des Erwachsenen ===
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Der [[Verstand]] kann bei der [[Selbsterziehung]] direkt nur wenig helfen. Es genügt nicht, das Richtige zu ''wissen'', sondern es muss ''getan'', d.h. regelmäßig ''geübt'' werden. Nur durch rhythmisch wiederholtes Üben kann der [[Ätherleib]] allmählich verwandelt werden:
 
Der [[Verstand]] kann bei der [[Selbsterziehung]] direkt nur wenig helfen. Es genügt nicht, das Richtige zu ''wissen'', sondern es muss ''getan'', d.h. regelmäßig ''geübt'' werden. Nur durch rhythmisch wiederholtes Üben kann der [[Ätherleib]] allmählich verwandelt werden:
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: "Auch die Selbsterziehung kann der Mensch hier in die Hand nehmen. Nicht dadurch kommt zum Beispiel der Sanguiniker zum Ziele, daß er sich sagt: Du hast ein sanguinisches Temperament, das mußt du dir abgewöhnen. - Der Verstand, direkt angewandt, ist auf diesem Gebiete oft ein Hindernis. Indirekt vermag er dagegen viel. Der Verstand ist hier die allerschwächste Seelenkraft. Bei stärkeren Seelenkräften, wie es die Temperamente sind, vermag der Verstand direkt sehr wenig, kann nur indirekt wirken. Der Mensch muß mit seinem Sanguinismus rechnen; Selbstermahnungen fruchten nicht. Es kommt darauf an, den Sanguinismus am rechten Orte zu zeigen. Wir können uns durch den Verstand Erlebnisse schaffen, für die das kurze Interesse des Sanguinikers berechtigt ist. Wenn wir also solche Verhältnisse auch noch so sehr im Kleinen herbeiführen, bei denen das kurze Interesse am Platze ist, so wird es schon hervorrufen, was nötig ist. Beim cholerischen Temperament, da ist es gut, solche Gegenstände zu wählen, durch den Verstand solche Verhältnisse herbeizuführen, bei denen es uns nichts hilft, daß wir toben, wo wir durch unser Toben uns selbst ad absurdum führen. Das melancholische Temperament soll nicht an den Schmerzen und Leiden des Lebens vorbeigehen, sondern soll sie gerade aufsuchen, soll mitleiden, damit sein Schmerz abgelenkt werde an die richtigen Gegenstände und Ereignisse. Sind wir Phlegmatiker, die keine Interessen haben, so ist es gut, daß wir uns möglichst viel mit recht uninteressanten Gegenständen beschäftigen, uns mit recht viel Quellen der Langweile umgeben, daß wir uns gründlich langweilen. Dann werden wir uns gründlich kurieren von unserem Phlegma, es uns gründlich abgewöhnen. So rechnet man mit dem, was da ist, und nicht mit dem, was nicht da ist." (Rudolf Steiner)
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{{GZ|Auch die Selbsterziehung kann der Mensch hier in die Hand nehmen. Nicht dadurch kommt zum Beispiel der Sanguiniker zum Ziele, daß er sich sagt: Du hast ein sanguinisches Temperament, das mußt du dir abgewöhnen. - Der Verstand, direkt angewandt, ist auf diesem Gebiete oft ein Hindernis. Indirekt vermag er dagegen viel. Der Verstand ist hier die allerschwächste Seelenkraft. Bei stärkeren Seelenkräften, wie es die Temperamente sind, vermag der Verstand direkt sehr wenig, kann nur indirekt wirken. Der Mensch muß mit seinem Sanguinismus rechnen; Selbstermahnungen fruchten nicht. Es kommt darauf an, den Sanguinismus am rechten Orte zu zeigen. Wir können uns durch den Verstand Erlebnisse schaffen, für die das kurze Interesse des Sanguinikers berechtigt ist. Wenn wir also solche Verhältnisse auch noch so sehr im Kleinen herbeiführen, bei denen das kurze Interesse am Platze ist, so wird es schon hervorrufen, was nötig ist. Beim cholerischen Temperament, da ist es gut, solche Gegenstände zu wählen, durch den Verstand solche Verhältnisse herbeizuführen, bei denen es uns nichts hilft, daß wir toben, wo wir durch unser Toben uns selbst ad absurdum führen. Das melancholische Temperament soll nicht an den Schmerzen und Leiden des Lebens vorbeigehen, sondern soll sie gerade aufsuchen, soll mitleiden, damit sein Schmerz abgelenkt werde an die richtigen Gegenstände und Ereignisse. Sind wir Phlegmatiker, die keine Interessen haben, so ist es gut, daß wir uns möglichst viel mit recht uninteressanten Gegenständen beschäftigen, uns mit recht viel Quellen der Langweile umgeben, daß wir uns gründlich langweilen. Dann werden wir uns gründlich kurieren von unserem Phlegma, es uns gründlich abgewöhnen. So rechnet man mit dem, was da ist, und nicht mit dem, was nicht da ist.|57|294}}
    
== Tabelle ==
 
== Tabelle ==
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     <td colspan="2"><strong>Körpersäfte</strong></td>
 
     <td colspan="2"><strong>Körpersäfte</strong></td>
 
     <td>[[Weiße Galle]] (Chole)</td>
 
     <td>[[Weiße Galle]] (Chole)</td>
     <td>[[Rotes Blut]]<ref name="Blut"> </ref> (Sanguis)</td>
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     <td>[[Blut|Rotes Blut]]<ref name="Blut"> </ref> (Sanguis)</td>
 
     <td>[[Schwarze Galle]] (Phlegma)</td>
 
     <td>[[Schwarze Galle]] (Phlegma)</td>
     <td>[[Grüner Schleim]] (Melas Chole)</td>
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     <td>[[Schleim|Grüner Schleim]] (Melas Chole)</td>
 
   </tr>
 
   </tr>
 
   <tr>
 
   <tr>
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     <td>bequem sinkenlassend</td>
 
     <td>bequem sinkenlassend</td>
 
     <td>vergebens mühsam aufstrebend</td>
 
     <td>vergebens mühsam aufstrebend</td>
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  </tr>
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  <tr>
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    <td colspan="2"><strong>Gang</strong></td>
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    <td>stampfend (Ferse), O-beinig</td>
 +
    <td>hüpfend, tänzelnd</td>
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    <td>schlurfend</td>
 +
    <td>X-beinig</td>
 +
  </tr>
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  <tr>
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    <td colspan="2"><strong>Tugend</strong></td>
 +
    <td>Mut</td>
 +
    <td>Liebe, Interesse</td>
 +
    <td>Geduld</td>
 +
    <td>Mitleid</td>
 
   </tr>
 
   </tr>
 
   <tr>
 
   <tr>
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== Literatur ==
 
== Literatur ==
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{{Glomer-Suche|Temperamente}}
 
* Rudolf Steiner: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984) {{Vorträge|57}}
 
* Rudolf Steiner: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984) {{Vorträge|57}}
 
* Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1990) {{Vorträge|95}}
 
* Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1990) {{Vorträge|95}}
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* Rudolf Steiner: ''Das Geheimnis der menschlichen Temperamente'', Vortragsstellen von R. Steiner, ausgewählt und zusammengestellt von C. Englert-Faye, Zbinden Vlg., Basel 1985  
 
* Rudolf Steiner: ''Das Geheimnis der menschlichen Temperamente'', Vortragsstellen von R. Steiner, ausgewählt und zusammengestellt von C. Englert-Faye, Zbinden Vlg., Basel 1985  
 
* Heinrich Eltz: ''Die menschlichen Temperamente'', 3. Auflage, Verlag Paul Haupt, Bern - Stuttgart - Wien 2000, ISBN 978-3258049540  
 
* Heinrich Eltz: ''Die menschlichen Temperamente'', 3. Auflage, Verlag Paul Haupt, Bern - Stuttgart - Wien 2000, ISBN 978-3258049540  
* Karl Rössel-Majdan: ''Vom Wunder der menschlichen Stimme. Sprachgestaltung''. Troxler, Wien 1975
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* [[Karl Rössel-Majdan]]: ''Vom Wunder der menschlichen Stimme. Sprachgestaltung''. Troxler, Wien 1975
 
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/zahlenmystik_elemente.pdf Die vier Elemente und die vier Temperamente] Website
 
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/zahlenmystik_elemente.pdf Die vier Elemente und die vier Temperamente] Website
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== Weblinks ==
 
== Weblinks ==
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[[Kategorie:Temperamente|!101]]
 
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[[Kategorie:Metaphysik]]
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