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====Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts====
 
====Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts====
Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts die [[Wikipedia:Zellularpathologie|Zellularpathologie]] etablierte und die jahrhundertealte [[Wikipedia:Humoralpathologie|Humoralpathologie]] der naturwissenschaftlich-analytischen, mit quantifizierenden Methoden arbeitenden empirischen Medizin weichen musste und nachdem sich seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ein gänzlich neues Methodeninstrumentarium entwickelt hatte, gewann die naturwissenschaftlich geprägte Richtung in der Medizin an Einfluss. Zugleich gerieten die Anhänger der Homöopathie, des [[Wikipedia:Mesmerismus|Mesmerismus]], der Naturheilkunde und anderer medizinischer Richtungen ins Abseits und wurden zusehends als [[Wikipedia:Quacksalber|Quacksalber]] und [[Wikipedia:Kurpfuscher|Kurpfuscher]]<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' C.H. Beck, München 1996, ISBN=3-406-40495-2, S. 18–23 (''„Quacksalberei“ kontra „zünftige“ Medizin (um 1800)'') und 32–42 (''„Kurpfuscherei“ kontra „Schulmedizin“ (1880–1932)'').</ref> diffamiert. Im Gegensatz zum gegenwärtig viel weiter gefassten Begriff ''Naturheilkunde'' waren deren damalige Vertreter, die so genannten Naturärzte (eine Bezeichnung, die sowohl für Naturheilkunde ausübende approbierte Ärzte als auch für Naturheilverfahren bei Erkrankten anwendende medizinische Laien benutzt wurde<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 124 und öfter.</ref>), der Ansicht, Naturerkenntnis sei nur durch die natürlichen menschlichen [[Wikipedia:Instinkt|Instinkt]]e zu erwerben, nicht durch [[Wissenschaft]]. Maßgeblich war für sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die von dem bayrischen Militärarzt [[Lorenz Gleich]] (1798–1865) entwickelte „Lehre vom Naturinstinkt“. Lorenz Gleich führte (unter Rückgriff auf den von ihm nicht zitierten Christoph Wilhelm Hufeland) nicht nur den Begriff ''Naturinstinkt'', sondern auch den der ''Naturheilkunde'' allgemein ein<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Vegetarisch.'' In: ''Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.'' Band 34, 2015 (2016), S. 29–68, S. 42.</ref> und verstand darunter „Naturheilverfahren ohne medicin im schneidenden Gegensatz zum Heilverfahren mit Medicin“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschärften sich die Auseinandersetzungen der approbierten Ärzteschaft mit den gesetzlich tolerierten Laienheilern und deren umstrittenen Verfahren, nachdem diese mancherorts die Kassenzulassung erreicht hatten. Auf den deutschen Ärztetagen wurden wiederholt Resolutionen verabschiedet, die vom Gesetzgeber ein Verbot der [[Wikipedia:Kurpfuscherei|Kurpfuscherei]] forderten.<ref name="Gerabek S. 46">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 46 f.</ref><ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1459 f.</ref> Nach der Entdeckung der [[Wikipedia:Mikroorganismen|Mikroorganismen]] durch [[Wikipedia:Louis Pasteur|Louis Pasteur]] und [[Wikipedia:Robert Koch|Robert Koch]] entstand die [[Wikipedia:Bakteriologie|Bakteriologie]]. [[Wikipedia:Impfung|Impfmittel]], Immunisierungs- und [[Wikipedia:Antikörper|Antikörper]] wurden entwickelt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Krankenhäuser eingerichtet. Im Rahmen der [[Wikipedia:Sozialgesetzgebung|Bismarck’schen Sozialgesetze]] von 1883 wurden die neuen medizinischen Errungenschaften und die sozialstaatlich ermöglichten Therapien breitenwirksam angewendet. Zeitgleich fand ein weitreichender Umbau des Medizinwesens statt: Vorklinische Fächer wurden an die gewonnenen Erkenntnisse der [[Wikipedia:Sinnesphysiologie|Sinnesphysiologie]] angepasst. Neue Forschungsgebiete, wie die [[Hygiene]], die [[Wikipedia:Ernährungsphysiologie|Ernährungsphysiologie]], die [[Wikipedia:Pharmakologie|Pharmakologie]] oder die [[Wikipedia:Endokrinologie|Endokrinologie]], wurden entwickelt. Noch vor 1900 erfolgte eine Ausdifferenzierung in die heute etablierten medizinischen Fachrichtungen: [[Wikipedia:Orthopädie|Orthopädie]], [[Wikipedia:Kinderheilkunde|Kinderheilkunde]], [[Wikipedia:Dermatologie|Dermatologie]], [[Wikipedia:Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde|Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde]], [[Neurologie]], [[Wikipedia:Psychiatrie|Psychiatrie]] usw. Technische diagnostische und therapeutische Erfindungen wie die Blutdruckmessung, mikroskopische Blutdiagnosen, die Röntgentechnik, die Analyse von Körperausscheidungen und die Elektrodiagnose setzten sich in der Praxis durch. Die Organ-, Nerven- und Gefäßchirurgie machte schnelle Fortschritte. [[Wikipedia:Hauttransplantation|Hauttransplantation]]en wurden vorgenommen und das [[Wikipedia:Wundfieber|Wundfieber]] durch [[Wikipedia:aseptisch|aseptisch]]e und [[Wikipedia:antiseptisch|antiseptisch]]e Maßnahmen zurückgedrängt.<ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1460.</ref>
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Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts die [[Wikipedia:Zellularpathologie|Zellularpathologie]] etablierte und die jahrhundertealte [[Wikipedia:Humoralpathologie|Humoralpathologie]] der naturwissenschaftlich-analytischen, mit quantifizierenden Methoden arbeitenden empirischen Medizin weichen musste und nachdem sich seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ein gänzlich neues Methodeninstrumentarium entwickelt hatte, gewann die naturwissenschaftlich geprägte Richtung in der Medizin an Einfluss. Zugleich gerieten die Anhänger der Homöopathie, des [[Wikipedia:Mesmerismus|Mesmerismus]], der Naturheilkunde und anderer medizinischer Richtungen ins Abseits und wurden zusehends als [[Wikipedia:Quacksalber|Quacksalber]] und [[Wikipedia:Kurpfuscher|Kurpfuscher]]<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' C.H. Beck, München 1996, ISBN=3-406-40495-2, S. 18–23 (''„Quacksalberei“ kontra „zünftige“ Medizin (um 1800)'') und 32–42 (''„Kurpfuscherei“ kontra „Schulmedizin“ (1880–1932)'').</ref> diffamiert. Im Gegensatz zum gegenwärtig viel weiter gefassten Begriff ''Naturheilkunde'' waren deren damalige Vertreter, die so genannten Naturärzte (eine Bezeichnung, die sowohl für Naturheilkunde ausübende approbierte Ärzte als auch für Naturheilverfahren bei Erkrankten anwendende medizinische Laien benutzt wurde<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 124 und öfter.</ref>), der Ansicht, Naturerkenntnis sei nur durch die natürlichen menschlichen [[Wikipedia:Instinkt|Instinkt]]e zu erwerben, nicht durch [[Wissenschaft]]. Maßgeblich war für sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die von dem bayrischen Militärarzt [[Wikipedia:Lorenz Gleich|Lorenz Gleich]] (1798–1865) entwickelte „Lehre vom Naturinstinkt“. Lorenz Gleich führte (unter Rückgriff auf den von ihm nicht zitierten Christoph Wilhelm Hufeland) nicht nur den Begriff ''Naturinstinkt'', sondern auch den der ''Naturheilkunde'' allgemein ein<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Vegetarisch.'' In: ''Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.'' Band 34, 2015 (2016), S. 29–68, S. 42.</ref> und verstand darunter „Naturheilverfahren ohne medicin im schneidenden Gegensatz zum Heilverfahren mit Medicin“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschärften sich die Auseinandersetzungen der approbierten Ärzteschaft mit den gesetzlich tolerierten Laienheilern und deren umstrittenen Verfahren, nachdem diese mancherorts die Kassenzulassung erreicht hatten. Auf den deutschen Ärztetagen wurden wiederholt Resolutionen verabschiedet, die vom Gesetzgeber ein Verbot der [[Wikipedia:Kurpfuscherei|Kurpfuscherei]] forderten.<ref name="Gerabek S. 46">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 46 f.</ref><ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1459 f.</ref> Nach der Entdeckung der [[Wikipedia:Mikroorganismen|Mikroorganismen]] durch [[Wikipedia:Louis Pasteur|Louis Pasteur]] und [[Wikipedia:Robert Koch|Robert Koch]] entstand die [[Wikipedia:Bakteriologie|Bakteriologie]]. [[Wikipedia:Impfung|Impfmittel]], Immunisierungs- und [[Wikipedia:Antikörper|Antikörper]] wurden entwickelt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Krankenhäuser eingerichtet. Im Rahmen der [[Wikipedia:Sozialgesetzgebung|Bismarck’schen Sozialgesetze]] von 1883 wurden die neuen medizinischen Errungenschaften und die sozialstaatlich ermöglichten Therapien breitenwirksam angewendet. Zeitgleich fand ein weitreichender Umbau des Medizinwesens statt: Vorklinische Fächer wurden an die gewonnenen Erkenntnisse der [[Wikipedia:Sinnesphysiologie|Sinnesphysiologie]] angepasst. Neue Forschungsgebiete, wie die [[Hygiene]], die [[Wikipedia:Ernährungsphysiologie|Ernährungsphysiologie]], die [[Wikipedia:Pharmakologie|Pharmakologie]] oder die [[Wikipedia:Endokrinologie|Endokrinologie]], wurden entwickelt. Noch vor 1900 erfolgte eine Ausdifferenzierung in die heute etablierten medizinischen Fachrichtungen: [[Wikipedia:Orthopädie|Orthopädie]], [[Wikipedia:Kinderheilkunde|Kinderheilkunde]], [[Wikipedia:Dermatologie|Dermatologie]], [[Wikipedia:Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde|Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde]], [[Neurologie]], [[Wikipedia:Psychiatrie|Psychiatrie]] usw. Technische diagnostische und therapeutische Erfindungen wie die Blutdruckmessung, mikroskopische Blutdiagnosen, die Röntgentechnik, die Analyse von Körperausscheidungen und die Elektrodiagnose setzten sich in der Praxis durch. Die Organ-, Nerven- und Gefäßchirurgie machte schnelle Fortschritte. [[Wikipedia:Hauttransplantation|Hauttransplantation]]en wurden vorgenommen und das [[Wikipedia:Wundfieber|Wundfieber]] durch [[Wikipedia:aseptisch|aseptisch]]e und [[Wikipedia:antiseptisch|antiseptisch]]e Maßnahmen zurückgedrängt.<ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1460.</ref>
    
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Begriff [[Wikipedia:Allopathie|Allopathie]] durch die ständige Wiederholung bereits viel von seiner ursprünglichen Schärfe eingebüßt. Der deutsche [[Wikipedia:Pathologe|Pathologe]] und [[Wikipedia:Prähistoriker|Prähistoriker]] [[Wikipedia:Rudolf Virchow|Rudolf Virchow]] verwendete Bezeichnungen wie „naturwissenschaftliche Medizin“ oder „medizinische Wissenschaft“, um sich von den spekulativen, romantisch-naturphilosophischen Strömungen in der Medizin des 19. Jahrhunderts abzugrenzen. Diese Bezeichnungen hatten weder für die inzwischen fest etablierten Homöopathen noch für die sich damals konstituierende Naturheilbewegung den erforderlichen negativen oder abwertenden Beigeschmack, um als geeigneter Kampfbegriff – gegen die hauptsächlich an den Universitäten gelehrte Medizin – die alte Bezeichnung „Allopathie“ ablösen zu können.<ref name="Gerabek S. 46" />
 
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Begriff [[Wikipedia:Allopathie|Allopathie]] durch die ständige Wiederholung bereits viel von seiner ursprünglichen Schärfe eingebüßt. Der deutsche [[Wikipedia:Pathologe|Pathologe]] und [[Wikipedia:Prähistoriker|Prähistoriker]] [[Wikipedia:Rudolf Virchow|Rudolf Virchow]] verwendete Bezeichnungen wie „naturwissenschaftliche Medizin“ oder „medizinische Wissenschaft“, um sich von den spekulativen, romantisch-naturphilosophischen Strömungen in der Medizin des 19. Jahrhunderts abzugrenzen. Diese Bezeichnungen hatten weder für die inzwischen fest etablierten Homöopathen noch für die sich damals konstituierende Naturheilbewegung den erforderlichen negativen oder abwertenden Beigeschmack, um als geeigneter Kampfbegriff – gegen die hauptsächlich an den Universitäten gelehrte Medizin – die alte Bezeichnung „Allopathie“ ablösen zu können.<ref name="Gerabek S. 46" />
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==Ersatzbegriffe==
 
==Ersatzbegriffe==
Der Internist [[Wikipedia:Johannes Köbberling|Johannes Köbberling]], Mitglied der [[Wikipedia:Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft|Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft]],<ref>Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: [http://www.akdae.de/Kommission/Organisation/Mitglieder/AOM/Koebberling.html ''Kurzbiographie J. Köbberling'']</ref> kritisierte 1998 die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“ zur Bezeichnung der „eigentlichen Medizin“ als [[Wikipedia:Pejorativ|abwertend]]: Zwar könne man den Begriff wohlwollend so interpretieren, dass dies die Medizin sei, die an Hochschulen gelehrt wird. Jedoch habe schon Samuel Hahnemann den Ausdruck „Schulmedizin“ verwendet, um die zu seiner Zeit etablierte Medizin abzuqualifizieren. „[[Wikipedia:Schule (Wissenschaft)|Schule]]“ habe in diesem Zusammenhang ein starres, unflexibles System bedeutet, das in festen Denkstrukturen verhaftet und unfähig zu [[Wikipedia:Innovation|Innovation]]en sei. Die wissenschaftliche Medizin vertrete aber gerade nicht ein geschlossenes System, sondern sei dadurch gekennzeichnet, dass sie sich kontinuierlich in Frage stellt. Der Begriff „Schulmedizin“ besage so genau das Gegenteil von dem, was ausgedrückt werden müsste. Köbberling habe sich deshalb angewöhnt, den Begriff konsequent zu vermeiden und von Medizin schlechthin zu sprechen bzw. von wissenschaftlicher Medizin, wenn die Abgrenzung zur „unwissenschaftlichen Medizin“ oder [[Wikipedia:Paramedizin|Paramedizin]] beabsichtigt sei.<ref>Johannes Köbberling: [http://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Die_AWMF/Service/Gesamtarchiv/AWMF-Konferenz/Der_Begriff_der_Wissenschaft_in_der_Medizin.pdf ''Der Begriff der Wissenschaft in der Medizin''] (PDF; 85&nbsp;kB). In: [http://www.awmf.org/service/gesamtarchiv/awmf-konferenz/duesseldorf-6-maerz-1998.html ''Die Wissenschaft in der Medizin – Wert und öffentliche Darstellung'']. (Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 6. März 1998)</ref>
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Der Internist [[Wikipedia:Johannes Köbberling|Johannes Köbberling]], Mitglied der [[Wikipedia:Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft|Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft]],<ref>Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: [http://www.akdae.de/Kommission/Organisation/Mitglieder/AOM/Koebberling.html ''Kurzbiographie J. Köbberling'']</ref> kritisierte 1998 die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“ zur Bezeichnung der „eigentlichen Medizin“ als [[Wikipedia:Pejorativ|abwertend]]: Zwar könne man den Begriff wohlwollend so interpretieren, dass dies die Medizin sei, die an Hochschulen gelehrt wird. Jedoch habe schon Samuel Hahnemann den Ausdruck „Schulmedizin“ verwendet, um die zu seiner Zeit etablierte Medizin abzuqualifizieren. „[[Wikipedia:Schule (Wissenschaft)|Schule]]“ habe in diesem Zusammenhang ein starres, unflexibles System bedeutet, das in festen Denkstrukturen verhaftet und unfähig zu [[Wikipedia:Innovation|Innovation]]en sei. Die wissenschaftliche Medizin vertrete aber gerade nicht ein geschlossenes System, sondern sei dadurch gekennzeichnet, dass sie sich kontinuierlich in Frage stellt. Der Begriff „Schulmedizin“ besage so genau das Gegenteil von dem, was ausgedrückt werden müsste. Köbberling habe sich deshalb angewöhnt, den Begriff konsequent zu vermeiden und von Medizin schlechthin zu sprechen bzw. von wissenschaftlicher Medizin, wenn die Abgrenzung zur „unwissenschaftlichen Medizin“ oder [[Paramedizin|Paramedizin]] beabsichtigt sei.<ref>Johannes Köbberling: [http://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Die_AWMF/Service/Gesamtarchiv/AWMF-Konferenz/Der_Begriff_der_Wissenschaft_in_der_Medizin.pdf ''Der Begriff der Wissenschaft in der Medizin''] (PDF; 85&nbsp;kB). In: [http://www.awmf.org/service/gesamtarchiv/awmf-konferenz/duesseldorf-6-maerz-1998.html ''Die Wissenschaft in der Medizin – Wert und öffentliche Darstellung'']. (Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 6. März 1998)</ref>
    
In einem Positionspapier aus dem Jahr 2015 kommt er gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Arzneimittelkommission zu dem Schluss, dass es „überzogen“ wäre, „von der vorfindlichen Schulmedizin als ‚wissenschaftlicher Medizin‘ zu reden“. Mit und in der Medizin müsse gehandelt werden „und dies allzu oft, ohne befriedigende (validierte oder gar wissenschaftlich erklärte) Therapien etc. an der Hand zu haben“. Die „wissenschaftliche Medizin“ sei vielmehr ein Ideal, an dem sich die Schulmedizin ausrichte. Diese solle man daher richtiger als „wissenschaftlich orientierte Medizin“ bezeichnen und damit nicht jeden einzelnen ihrer Vertreter „und gewiss nicht jede ihrer Praktiken, sondern das Gesamtunterfangen mit seiner Grundorientierung meinen“.<ref name="Positionspapier">Manfred Anlauf, Lutz Hein, Hans-Werner Hense, Johannes Köbberling, Rainer Lasek, Reiner Leidl, Bettina Schöne-Seifert: [http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2015-13/000209.shtml ''Komplementäre und alternative Arzneitherapie versus wissenschaftsorientierte Medizin.''] In: ''GMS Ger Med Sci.'' 13, 2015, Doc05. [[doi:10.3205/000209]].</ref>
 
In einem Positionspapier aus dem Jahr 2015 kommt er gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Arzneimittelkommission zu dem Schluss, dass es „überzogen“ wäre, „von der vorfindlichen Schulmedizin als ‚wissenschaftlicher Medizin‘ zu reden“. Mit und in der Medizin müsse gehandelt werden „und dies allzu oft, ohne befriedigende (validierte oder gar wissenschaftlich erklärte) Therapien etc. an der Hand zu haben“. Die „wissenschaftliche Medizin“ sei vielmehr ein Ideal, an dem sich die Schulmedizin ausrichte. Diese solle man daher richtiger als „wissenschaftlich orientierte Medizin“ bezeichnen und damit nicht jeden einzelnen ihrer Vertreter „und gewiss nicht jede ihrer Praktiken, sondern das Gesamtunterfangen mit seiner Grundorientierung meinen“.<ref name="Positionspapier">Manfred Anlauf, Lutz Hein, Hans-Werner Hense, Johannes Köbberling, Rainer Lasek, Reiner Leidl, Bettina Schöne-Seifert: [http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2015-13/000209.shtml ''Komplementäre und alternative Arzneitherapie versus wissenschaftsorientierte Medizin.''] In: ''GMS Ger Med Sci.'' 13, 2015, Doc05. [[doi:10.3205/000209]].</ref>
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[[Kategorie:Bezeichnung medizinischer Richtungen]]
 
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[[Kategorie:Medizinisches System]]
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