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Temperamente: Unterschied zwischen den Versionen

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nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker
 
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Beim [[Kind]] ist die Beziehung der Temperamente zu den Wesensgliedern bis etwa zum 9./10. Lebensjahr noch anders gelagert {{Lit|vgl. Eltz, S. 84}}:
 
 
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*[[Ich]] - [[Melancholiker]]
 
*[[Astralleib]] - [[Choleriker]]
 
*[[Ätherleib]] - [[Sanguiniker]]
 
*[[Physischer Leib]] - [[Phlegmatiker]]
 
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== Charakteristik der vier Temperamente ==
 
== Charakteristik der vier Temperamente ==

Version vom 14. Dezember 2019, 09:42 Uhr

Die vier Temperamente (lat. temperamentum „das richtige Maß, die richtige Mischung“, von lat. temperare „mäßigen, mischen“; im 16. Jahrhundert im Sinne von „ausgeglichenes Mischungsverhältnis“ in der Pharmazie verwendet), bestimmen die die mehr oder weniger dauerhafte Grundgestimmtheit oder Gemütsart des Menschen. Grundsätzlich verfügt jeder Mensch über alle vier Temperamente, die ganz individuell auf die vielfältigste Weise gemischt sind. Im Idealfall sind alle vier Temperamente im harmonischen Gleichgewicht, in der Regel gibt es aber Akzentverschiebungen, durch die meist ein Temperamente stärker hervorsticht, die zwei benachbarten mitschwingen und das vierte, gegensätzliche in den Hintergrund tritt.

Temperamente und Ätherleib

Anders als augenblickliche Emotionen oder Gefühle, haben die Temperamente ihren Sitz im Ätherleib. Von hier aus wirken sie aber teilweise bis in die äußere Gestaltung des physischen Leibes hinein, anderseits spiegeln sie sich in inneren Erlebnissen des Astralleibs bzw. der seelischen Wesensglieder wider.

Temperamente und Elemente

Nach Hippokrates von Kós (460-375 v. Chr.), der die Temperamentenlehre erstmals exoterisch formuliert hat, werden vier Temperamente unterschieden, die den vier Elementen entsprechen:

Es steht nun in einer geheimnisvollen Verwandtschaft mit den vier Elementen der elementarischen Welt dasjenige im Menschen, was man seine Temperamente nennt, und zwar so, daß eine Verwandtschaft besteht zwischen dem melancholischen Temperament und dem Elemente der Erde, zwischen dem phlegmatischen Temperament und dem Elemente des Wassers, zwischen dem sanguinischen Temperament und dem Elemente der Luft, und zwischen dem cholerischen Temperament und dem Elemente des Feuers. Diese Verwandtschaft kommt im Erleben der elementarischen Welt so zum Ausdruck, daß in der Tat zum Beispiel der cholerische Mensch mehr Neigung hat, mit den im Feuer in der elementarischen Welt lebenden Wesenheiten und Tatsachen zusammenzuwachsen als mit den in den anderen Elementen lebenden Wesenheiten. Der Sanguiniker hat wiederum mehr die Neigung, mit den im Element der Luft auftretenden Wesenheiten zusammenzuwachsen, der Phlegmatiker mit den im Wasser und der Melancholiker mit den in der Erde auftretenden Tatsachen und Wesenheiten. So kommt man in eine gewisse Abhängigkeit in dem Augenblicke, in dem man durch wirkliches Erleben die elementarische Welt betritt. Und Sie können sich daraus leicht die Vorstellung bilden, daß die verschiedensten Menschen Ihnen im Grunde genommen das Verschiedenste erzählen können von der elementarischen Welt und daß eigentlich keiner so ganz unrecht zu haben braucht, wenn er verschieden von einem andern seine eigenen Erlebnisse in dieser Welt schildert. Daher brauchen Sie sich gar nicht zu verwundern, wenn die Schilderungen gewisser niederer Hellseher in bezug auf die elementarische Welt sehr voneinander abweichend sind, denn beurteilen kann man diese Welt doch erst dann, wenn man eine genaue Erkenntnis von sich selber hat.

Die Temperamente und die Viersäftelehre

Erst Galenos von Pergamon (dt. Galēn; * um 129 n. Chr. in Pergamon; † um 216 n. Chr. in Rom) verband die Temperamentenlehre mit der ebenfalls schon von Hippokrates aufgestellten Viersäftelehre (Humoralpathologie), in dem er den humores, den vier hauptsächlichen Körperflüssigkeiten, jeweils ein Temperament zuordnete:

Die Bildung der Temperamente bei der Inkarnation

Wenn der Mensch zu einer neuen irdischen Inkarnation heruntersteigt, muss sich seine geistige Individualität, sein ewiger Wesenskern, der durch wiederholte Erdenleben schreitet, mit dem durch die Vererbungsströmung bereitgestellten vergänglichen Leib verbinden und es muss ein richtiger Ausgleich dieser beiden Strömungen gesucht werden. Dieser Ausgleich spiegelt sich im Temperament wieder:

Temperamente und Wesensglieder

Die vier Temperamente hängen eng mit den vier grundlegenden Wesensgliedern des Menschen zusammen. Dominiert eines der Wesensglieder die anderen, so drückt sich das in den im Ätherleib wirkenden Temperamenten folgendermaßen aus, wobei zugleich auch ganz bestimmte Organsysteme besonders hervortreten. Für den Erwachsenen ergibt sich dabei folgender Zusammenhang:

Beherrscht der Ich-Träger die übrigen Glieder des Menschen, so herrscht das cholerische Temperament vor. Herrscht der Astralleib über die anderen Glieder, so sprechen wir dem Menschen ein sanguinisches Temperament zu. Herrscht vor der Ätherleib, so sprechen wir vom phlegmatischen Temperament. Und ist vorherrschend der physische Leib, so handelt es sich um ein melancholisches Temperament. Das Ich drückt sich in der Zirkulation des Blutes aus. Deshalb ist beim Choleriker vorherrschend das Blutsystem. Der Astralleib findet seinen physischen Ausdruck im Nervensystem; wir haben deshalb beim Sanguiniker im physischen Leibe tonangebend das Nervensystem. Der Ätherleib drückt sich physisch aus im Drüsensystem; deshalb ist beim Phlegmatiker im physischen Leibe tonangebend das Drüsensystem. Der physische Leib als solcher kommt nur im physischen Leibe zum Ausdruck; deshalb ist der physische Leib beim Melancholiker das äußerlich Tonangebende.

Charakteristik der vier Temperamente

Reine Temperamente in ihrer vollen Einseitigkeit sind im Leben kaum zu finden. Im Grunde hat jeder Mensch alle vier Temperamente, aber oft sticht eines besonders hervor. Oft sind auch zwei Temperamente sehr stark ausgebildet, ein drittes spielt noch leise mit, während das vierte nur sehr, sehr schwach hervortritt. Das cholerische Temperament ist häufig mit dem melancholischen verbunden, ebenso das sanguinische mit dem phlegmatischen, wobei sich in dem jeweils ersteren die aktive, im zweiten die mehr passive Seite des Charakters ausdrückt. Problematischer ist die enge Verbindung der beiden aktiven Temperamente, also Cholerik und Sanguinik, was einen hyperaktiven Charakter ergibt, oder die Verbindung der beiden passiven Temperamente, Phlegmatik und Melancholie, was dem Menschen einen passiv verzweifelnden Charakter verleiht. Die Temperamente bilden auch Gegensatzpaare, von denen dann das eine sehr stark, das andere kaum ausgeprägt ist. Dem cholerischen Temperament steht das phlegmatische als schroffer Gegensatz gegenüber, ebenso dem sanguinischen das melancholische, so wie Feuer und Wasser Gegensätze sind und auch Luft und Erde.

Es gibt kein gutes und kein schlechtes Temperament. Jedes hat positive, das Eigenwohl und das soziale Miteinander gleichermaßen fördernde, wie auch negative, lebenshemmende Eigenschaften. Durch Erziehung und später durch Selbsterziehung sollen die Temperamente keineswegs geschwächt oder nivelliert, sondern in ihrer positven Kraft gestärkt werden. Im Idealfall kommt der Mensch dazu, über die positiven Kräfte aller vier Temperamente in voller Stärke und im ausgewogenen Gleichmaß frei zu verfügen - aber das ist in der Regel ein fernes Entwicklungsziel, das nur durch die energische Arbeit am Ätherleib erreicht werden kann.

Die karmischen Ursachen des Temperaments

Wiederholte Erlebnisse, die in einem früheren Erdenleben von außen an den Menschen herangekommen sind, drücken sich in der nächsten Inkarnation in der Temperamentsanlage aus, wobei auch eine wesentliche Rolle spielt, wie wir im damaligen Erdenleben, mit diesen sich wiederholenden Erfahrungen umgegangen sind:

Was Sie in diesem Leben wiederholt erleben, das kommt in Ihrem folgenden Leben als Grundcharakter. Ein melancholisches Temperament kommt daher, daß der Mensch im vorigen Leben viele traurige Eindrücke gehabt hat, die ihn immer wieder in eine traurige Stimmung versetzt haben; dadurch hat eben der nächste Ätherleib eine Neigung für eine traurige Stimmung. Umgekehrt ist es bei denen, die allem im Leben eine gute Seite abgewinnen, die dadurch in ihrem Astralleib Lust und Freude, frohe Erhebung erzeugt haben; das gibt im nächsten Leben eine bleibende Charaktereigenschaft des Ätherleibes und bewirkt ein heiteres Temperament. Wenn der Mensch aber, trotzdem ihn das Leben in eine harte Schule nimmt, all das Traurige kraftvoll überwindet, dann wird im nächsten Leben sein Ätherleib geboren mit einem cholerischen Temperament. Man kann also, wenn man all das weiß, geradezu sich seinen Ätherleib für das nächste Leben vorbereiten.

Man kann dadurch bis zu einem gewissen Grad vorhersehen bzw. sogar beeinflussen, wie sich das Temperament in der nächsten Inkarnation gestalten wird, wobei allerdings, wie schon oben besprochen, die durch Vererbung erworbenen Leibesglieder, auf die man zunächst keinen direkten Einfluss hat, auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Das melancholische Temperament wird karmisch besonders dann hervorgerufen, wenn ein Mensch im vorhergehenden Leben gezwungen war, im kleinsten, engsten Kreise zu leben, viel für sich allein zu sein, immer nur sich mit sich selbst zu beschäftigen, so daß er kein Interesse für anderes in sich wecken konnte. Wer dagegen viel kennengelernt hat, wer mit vielen Dingen zusammengekommen ist und sie nicht bloß angeschaut hat, mit dem das vorige Leben hart umgegangen ist, der wird ein Choleriker. Wenn man ein angenehmes Leben ohne viel Kämpfe und Mühsale hatte, oder auch wenn man viel gesehen hat, an vielem vorbeigekommen ist, es aber nur angesehen hat, so geht das alles karmisch immer im nächsten Leben im Grundwesen auf den nächtstdichteren Leib über. Man wird ein Phlegmatiker oder Sanguiniker.

Psychopathologie der Temperamente

"Bei der Erziehung handelt es sich nicht darum, die Temperamente auszugleichen, zu nivellieren, sondern es handelt sich darum, sie in die richtigen Geleise zu bringen. Aber in jedem Temperamente liegt eine kleine und eine große Gefahr der Ausartung. Beim cholerischen Menschen liegt in der Jugend die Gefahr vor, daß ein solcher Mensch durch Zornwütigkeit, ohne daß er sich beherrschen kann, sein Ich eingeprägt erhält. Das ist die kleine Gefahr. Die große Gefahr ist die Narrheit, die aus ihrem Ich heraus irgendein einzelnes Ziel verfolgen will. Beim sanguinischen Temperamente ist die kleine Gefahr die, daß der Mensch in Flatterhaftigkeit verfällt. Die große Gefahr ist, daß das Auf- und Abwogen der Empfindungen in Irrsinn einmündet. Die kleine Gefahr des Phlegmatikers ist die Interesselosigkeit gegenüber der äußeren Welt; die große Gefahr ist die Idiotie, der Stumpfsinn. Die kleine Gefahr beim melancholischen Temperament ist der Trübsinn, die Möglichkeit, daß der Mensch nicht herauskommt über das, was im eignen Innern aufsteigt. Die große Gefahr ist der Wahnsinn." (Rudolf Steiner, GA 57, S.291)

Temperamente und Pädagogik

"Was ist das? Das ist auch eine Charakterisierung der vier Temperamente. Die melancholischen Kinder sind in der Regel schlank und dünn; die sanguinischen sind die normalsten; die, welche die Schultern mehr heraus haben, sind die phlegmatischen Kinder; die den untersetzten Bau haben, so daß der Kopf beinah untersinkt im Körper, sind die cholerischen Kinder.

Bei Michelangelo und Beethoven haben Sie eine Mischung von melancholischem und cholerischem Temperament.

Nun bitte ich, durchaus zu berücksichtigen, daß wir, wenn es sich um das Temperament beim Kinde handelt, als Lehrer durchaus nicht berufen sind, die betreffenden Temperamente von vornherein als «Fehler » anzusehen und bekämpfen zu wollen. Wir müssen das Temperament erkennen und uns die Frage stellen: Wie haben wir es zu behandeln, um ein wünschbares Lebensziel mit ihm zu erreichen, so daß aus dem Temperament das Allerbeste wird und die Kinder mit Hilfe des Temperaments das Lebensziel erreichen?" (Rudolf Steiner, GA 295, S.28)

Die Erziehung des Kindes

"Wenn wir uns das alles vorhalten, so werden wir sehen, daß in dem Lenken und Leiten der Temperamente eine bedeutsame Aufgabe der Lebenspraxis liegt. Aber um die Temperamente zu leiten, ist der Grundsatz zu beachten, daß immer mit dem gerechnet werden muß, was da ist, nicht mit dem, was nicht da ist. Hat ein Kind ein sanguinisches Temperament, so können wir ihm nicht dadurch in der Entwicklung weiterhelfen, daß wir Interesse hineinprügeln wollen; man kann nicht ihm einbleuen etwas anderes, als was eben sein sanguinisches Temperament ist. Wir sollen nicht fragen: Was fehlt dem Kinde, was sollen wir ihm einprügeln? - sondern wir sollen fragen: Was hat ein sanguinisches Kind in der Regel? Und damit müssen wir rechnen. In der Regel werden wir eines finden, ein Interesse kann immer erregt werden; das Interesse für irgendeine Persönlichkeit, wenn das Kind auch noch so flatterhaft ist. Wenn wir die richtige Persönlichkeit nur sind, oder wenn wir ihm die richtige Persönlichkeit beigesellen können, so tritt das Interesse schon auf. Nur auf dem Umwege der Liebe zu einer Persönlichkeit kann beim sanguinischen Kinde Interesse auftreten. Mehr als jedes andere Temperament braucht das sanguinische Kind Liebe zu einer Persönlichkeit. Alles muß getan werden, daß bei einem solchen Kinde die Liebe erwache. Liebe ist das Zauberwort. Wir müssen sehen, was da ist. Wir müssen sehen, allerlei Dinge in die Umgebung des Kindes zu bringen, von denen man doch bemerkt hat, daß es tieferes Interesse daran hat. Diese Dinge muß man zum Sanguiniker sprechen lassen, muß sie auf das Kind wirken lassen, muß sie ihm dann wieder entziehen, damit das Kind sie wieder begehrt, und sie ihm von neuem geben. Man muß sie so auf das Kind wirken lassen, wie die Gegenstände der gewöhnlichen Welt auf das sanguinische Temperament wirken.
Beim cholerischen Kinde gibt es auch einen Umweg, durch den die Entwicklung immer zu leiten ist. Hier heißt das, was die Erziehung sicher leitet: Achtung und Schätzung einer Autorität. Hier handelt es sich nicht um ein Beliebt¬machen durch die persönlichen Eigenschaften, wie beim sanguinischen Kinde, sondern es kommt darauf an, daß das cholerische Kind immer den Glauben hat, daß der Erzieher die Sache versteht. Man muß zeigen, daß man in den Dingen Bescheid weiß, die um das Kind vorgehen. Man darf sich nicht eine Blöße geben. Das Kind muß immer den Glauben erhalten, daß der Erzieher die Sache kann, sonst hat er sofort verspielt. Ist Liebe zur Persönlichkeit das Zaubermittel beim sanguinischen Kinde, so Achtung und Schätzung des Wertes einer Person das Zauberwort beim cholerischen Kinde. Ihm müssen besonders solche Gegenstände in den Weg geführt werden, die ihm Widerstand entgegensetzen. Widerstände, Schwierigkeiten müssen ihm in den Weg gelegt werden. Man muß versuchen, ihm das Leben nicht so leicht zu machen.
Das melancholische Kind ist nicht leicht zu leiten. Hier aber gibt es wieder ein Zaubermittel. Wie beim sanguinischen Kinde Liebe zur Persönlichkeit, beim cholerischen Schätzung und Achtung des Wertes des Erziehers die Zauberworte sind, so ist beim melancholischen Kinde das, worauf es ankommt, daß die Erzieher Persönlichkeiten sind, die im Leben in einer gewissen Weise geprüft sind, die aus einem geprüften Leben heraus handeln und sprechen. Das Kind muß fühlen, daß der Erzieher wirkliche Schmerzen durchgemacht habe. Lassen Sie das Kind merken an allen den hunderterlei Dingen des Lebens die eigenen Lebensschicksale. Das Mitfühlen mit dem Schicksale dessen, der um einen ist, wirkt hier erziehend. Auch hier beim Melancholiker muß man rechnen mit dem, was er hat. Er hat Schmerzfähigkeit, Unlustfähigkeit; die sitzen in seinem Innern, die können wir nicht ausprügeln. Aber wir können sie ablenken. Lassen wir ihn gerade im Außenleben berechtigten Schmerz, berechtigtes Leid erfahren, damit er kennenlernt, daß es Dinge gibt, an denen er Schmerz erleben kann. Das ist es, worauf es ankommt. Nicht soll man ihn zerstreuen: dadurch verhärten Sie seine Trübsinnigkeit, seinen Schmerz im Innern. Er soll sehen, daß es Dinge im Leben gibt, an denen man Schmerz erfahren kann. Wenn man es auch nicht zu weit treiben darf, so kommt es doch darauf an, daß an den äußeren Dingen Schmerz erregt wird, der ihn ablenkt.
Der Phlegmatiker darf nicht einsam aufwachsen. Wenn es bei den anderen schon gut ist, Gespielen zu haben, so ist das besonders beim Phlegmatiker der Fall. Er muß Gespielen haben mit den mannigfaltigsten Interessen. Er kann erzogen werden durch das Miterleben der Interessen und möglichst vieler Interessen der anderen Persönlichkeiten. Wenn er sich gleichgültig verhält gegen das, was in der Umgebung ist, so kann sein Interesse angefacht werden dadurch, daß die Interessen der Gespielen, der Gesellen auf ihn wirken. Kommt es beim melancholischen Kinde auf das Miterleben des Schicksals einer anderen Persönlichkeit an, so beim phlegmatischen auf das Miterleben der Interessen seiner Gespielen. Nicht Dinge als solche wirken auf den Phlegmatiker; aber wenn sich die Dinge in anderen Menschen spiegeln, dann spiegeln sich diese Interessen in der Seele des phlegmatischen Kindes. Dann sollen wir beson¬ders darauf sehen, daß wir Gegenstände in seine Umgebung bringen, Ereignisse in seiner Nähe geschehen lassen, wo das Phlegma am Platze ist. Man muß das Phlegma auf die richtigen Gegenstände lenken, denen gegenüber man phlegmatisch sein darf." (Rudolf Steiner, GA 57 S. 292ff)

Wie kann man auf die Temperamente durch die Farben wirken ?

"Nehmen wir also an, ein Kind tritt einem im frühen Lebensalter als ein cholerisches Kind gegenüber. Es wird nicht erst ein Frage- und Antwortspiel brauchen, um darauf zu kommen, daß es sich um ein cholerisches Kind handelt, sondern es wird sich vielleicht dadurch schon zeigen, daß es furchtbar strampelt bei jeder Gelegenheit, daß es sich auf den Boden wirft, um sich schlägt. Alle diese Äußerungen sind die entsprechenden bei dem cholerischen Kinde.

Nun wird man, wenn man Laie ist, wahrscheinlich glauben, daß man ein solches Kind bändigen kann, indem man es möglichst in eine beruhigende farbige Umgebung bringt. Das ist aber nicht wahr. Wenn Sie das cholerische Kind mit Blau umgeben oder mit blauen Kleidern anziehen, dann wird es gerade dadurch, daß es diese beruhigende blaue Farbe um sich hat, die es nicht stößt, sein cholerisches Temperament da hinein ausleben; es wird gerade noch z'widerer, polternder werden. Dagegen in einer Umgebung, in der es überall mit roter, mit der aufregenden roten Farbe umgeben sein wird — Sie wissen ja aus anderen Vorträgen, daß die Gegenfarbe die grüne ist, daß die grün-bläuliche Gegenfarbe hervorgerufen wird —, da muß sich das Kind innerlich, indem es fortwährend mit Rot umgeben wird, anstrengen, um innerlich die Gegenfarbe zu erleben und wird gerade nicht äußerlich aufgeregt. Also das Gleiche, das ist dasjenige, was bändigend auf ein aufgeregtes Kind wirkt.

Auf der anderen Seite wird man auf ein melancholisches Kind gut wirken, wenn man es gerade veranlaßt, indem man es in eine blaue, grünlich-blaue Umgebung bringt, aus sich herauszugehen, also nicht etwa sich davor fürchtet, daß wenn man ihm eine beruhigende, eine zur Verehrung herausfordernde blaue oder blaugrüne Umgebung gibt, daß man es dadurch noch melancholischer macht. Hier handelt es sich darum, wirklich einzusehen, wie aus der Wesenheit des Menschen es folgt, daß man Gleiches mit Gleichem bekämpft. Sie sehen, es handelt sich überall darum, von der Wesenheit des Menschen auszugehen und mit der Erkenntnis, die man da gewinnt, ans Leben heranzukommen.

Ich möchte aber ausdrücklich bemerken, daß es im allgemeinen nicht zu einer Schematisierung kommen soll, wenn man das Erziehungswesen als Kunst betrachtet, und daß daher schon diese Denkweise, die da auftritt, wenn man sagt: Wie kann man die Temperamente durch Farben beeinflussen und dergleichen - daß das schon wiederum so eine intellektuelle Systematisiererei zeigt. Wird das Erziehungswesen zur Kunst, dann kommt man nicht zu solchem intellektualistischen Schematisieren. Da wird man nicht, wenn es sich um die Farbe handelt, auf die Temperamente blicken, sondern da wird man im allgemeinen mehr darauf bedacht sein, ob das Kind ein aufgeregtes oder ein abgeregtes Kind ist. Es kann zum Beispiel auch vorkommen, daß ein unter Umständen phlegmatisches Kind auch in derselben Weise wie ein melancholisches Kind mit den Farben und dergleichen behandelt werden muß. Kurz, es wird sich darum handeln, daß man aus einer lebendigen Erziehungswissenschaft auch eine lebendige Erziehungskunst entwickle." (Rudolf Steiner: GA 291a, S. 443f)

Selbsterziehung des Erwachsenen

Der Verstand kann bei der Selbsterziehung direkt nur wenig helfen. Es genügt nicht, das Richtige zu wissen, sondern es muss getan, d.h. regelmäßig geübt werden. Nur durch rhythmisch wiederholtes Üben kann der Ätherleib allmählich verwandelt werden:

"Auch die Selbsterziehung kann der Mensch hier in die Hand nehmen. Nicht dadurch kommt zum Beispiel der Sanguiniker zum Ziele, daß er sich sagt: Du hast ein sanguinisches Temperament, das mußt du dir abgewöhnen. - Der Verstand, direkt angewandt, ist auf diesem Gebiete oft ein Hindernis. Indirekt vermag er dagegen viel. Der Verstand ist hier die allerschwächste Seelenkraft. Bei stärkeren Seelenkräften, wie es die Temperamente sind, vermag der Verstand direkt sehr wenig, kann nur indirekt wirken. Der Mensch muß mit seinem Sanguinismus rechnen; Selbstermahnungen fruchten nicht. Es kommt darauf an, den Sanguinismus am rechten Orte zu zeigen. Wir können uns durch den Verstand Erlebnisse schaffen, für die das kurze Interesse des Sanguinikers berechtigt ist. Wenn wir also solche Verhältnisse auch noch so sehr im Kleinen herbeiführen, bei denen das kurze Interesse am Platze ist, so wird es schon hervorrufen, was nötig ist. Beim cholerischen Temperament, da ist es gut, solche Gegenstände zu wählen, durch den Verstand solche Verhältnisse herbeizuführen, bei denen es uns nichts hilft, daß wir toben, wo wir durch unser Toben uns selbst ad absurdum führen. Das melancholische Temperament soll nicht an den Schmerzen und Leiden des Lebens vorbeigehen, sondern soll sie gerade aufsuchen, soll mitleiden, damit sein Schmerz abgelenkt werde an die richtigen Gegenstände und Ereignisse. Sind wir Phlegmatiker, die keine Interessen haben, so ist es gut, daß wir uns möglichst viel mit recht uninteressanten Gegenständen beschäftigen, uns mit recht viel Quellen der Langweile umgeben, daß wir uns gründlich langweilen. Dann werden wir uns gründlich kurieren von unserem Phlegma, es uns gründlich abgewöhnen. So rechnet man mit dem, was da ist, und nicht mit dem, was nicht da ist." (Rudolf Steiner)

Tabelle

Temperament
Choleriker
Sanguiniker
Melancholiker
Phlegmatiker
Wesensglied Ich Astralleib Ätherleib Physischer Leib
Körpersäfte Weiße Galle (Chole) Rotes Blut[1] (Sanguis) Schwarze Galle (Phlegma) Grüner Schleim (Melas Chole)
Eigenschaften warm und feucht warm und feucht kalt und feucht kalt und trocken
Element Feuer Luft Wasser Erde
Altersstufe Jugend Kindheit Alter Erwachsenenalter
Richtung Süden Osten Westen Norden
Jahreszeit Sommer Frühling Herbst Winter
Tageszeit Mittag Morgen Abend Nacht
Bewusstsein Wachen Träumen Schlafen Sterben, Kranksein, Tod
Organsystem Znetrales Nervensystem und Rückenmark[1], Galle Blutkreislauf und Herz Schwarzes Nervensystem, schwarzes Sonnengeflecht Lymphatisches System
Mimik Nasenwurzel zusammengezogen (Wutfalte), Mund gepresst gehobene Brauen und Mundwinkel in der Mitte hochgezogene Brauen und Mittelfalte, Mundwinkel gesenkt Augenlider und Kiefer locker hängend
Gestik kraftvoll abwärts mit Leichtigkeit rhythmisch aufstrebend bequem sinkenlassend vergebens mühsam aufstrebend
Untugend Wut Triebhaftigkeit Wehleidigkeit Trägheit
Bosheit
tätig
erleidend

Gewalttätigkeit

Angst

Lügenhaftigkeit

Leichtsinnigkeit

Grausamkeit

Masochismus

Hartherzigkeit

Antriebslosigkeit
Geisteskrankheit Tobsucht Irrsinn, Narrheit Trübsinn, Wahnsinn Stumpfsinn
Wappentier[2] Löwe Wassermann (Mensch/Engel) Adler Stier

Literatur

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Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und
Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.
Ausführliche bibliografische Informationen mit Volltextsuche in allen derzeit verfügbaren Online-Ausgaben bietet die Steinerdatenbank.de.

Weblinks

Einzelnachweise

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  2. Die Wappentiere entsprechen den vier Sphinx-Tieren bzw. den Evangelisten-Symbolen und auch den entsprechenden Tierkreiszeichen. Dabei ergibt sich allerdings eine andere Zuordnung der Elemente zu den Tierkreiszeichen, als sie heute in der Astrologie üblich ist, indem die Luft- und Wasserzeichen vertauscht sind. Der Adler, der dem Skorpion entspricht, ist hier dem Luftelement zugeordnet und der Wassermann oder Engel dem Wasserelement.

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