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Die '''Naturheilkunde''', früher auch '''Physiatrie''' genannt, ist eine [[Heilkunde]], die vor allem auf diätetischen und physikalischen [[Heilmittel]]n beruht, auf eine naturgemäße Lebensweise besonderen Wert legt und (abgesehen von Heilpflanzen) weitgehend auf [[Arzneimittel]] verzichtet.<ref>''Meyers Enzyklopädisches Lexikon'', XVI, S. 812.</ref> Der Begriff ''Naturheilkunde'' bezeichnet somit ein Spektrum verschiedener '''Naturheilverfahren''', die sich keiner technologischen Hilfsmittel bedienen und körpereigene Fähigkeiten zur [[Selbstheilung]] (Spontanheilung) aktivieren sollen. Dazu bedienen sich diese Verfahren bevorzugt der in der [[Natur]] vorkommenden Mittel oder Reize.<ref>[http://flexikon.doccheck.com/de/Naturheilverfahren Definition Naturheilverfahren]</ref>
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Die '''Naturheilkunde''', früher auch '''Physiatrie''' genannt, ist eine [[Heilkunde]], die vor allem auf diätetischen und physikalischen [[Heilmittel]]n beruht, auf eine naturgemäße Lebensweise besonderen Wert legt und (abgesehen von Heilpflanzen) weitgehend auf [[Arzneimittel]] verzichtet.<ref>''Meyers Enzyklopädisches Lexikon'', XVI, S. 812.</ref> Der Begriff ''Naturheilkunde'' bezeichnet somit ein Spektrum verschiedener '''Naturheilverfahren''', die sich keiner technologischen Hilfsmittel bedienen und körpereigene Fähigkeiten zur [[Selbstheilung]] (Spontanheilung) aktivieren sollen. Dazu bedienen sich diese Verfahren bevorzugt der in der [[Wikipedia:Natur|Natur]] vorkommenden Mittel oder Reize.<ref>[http://flexikon.doccheck.com/de/Naturheilverfahren Definition Naturheilverfahren]</ref>
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Als Naturheilkunde werden auch oft Bereiche der [[Alternativmedizin]] und im engeren Sinne Teile der [[Komplementärmedizin]] (d.&nbsp;h. zu den wissenschaftlich nicht anerkannten, die Medizin ergänzenden Verfahren) bezeichnet. Als ein wichtiger Pionier gilt der Arzt [[Christoph Wilhelm Hufeland]]. 1888 erschien von [[Friedrich Eduard Bilz]] mit seinem [[Bilz-Buch]] das Standardwerk der Naturheilkunde.
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Als Naturheilkunde werden auch oft Bereiche der [[Alternativmedizin]] und im engeren Sinne Teile der [[Komplementärmedizin]] (d.&nbsp;h. zu den wissenschaftlich nicht anerkannten, die Medizin ergänzenden Verfahren) bezeichnet. Als ein wichtiger Pionier gilt der Arzt [[Wikipedia:Christoph Wilhelm Hufeland|Christoph Wilhelm Hufeland]]. 1888 erschien von [[Wikipedia:Friedrich Eduard Bilz|Friedrich Eduard Bilz]] mit seinem [[Bilz-Buch]] das Standardwerk der Naturheilkunde.
    
Zu naturheilkundlichen [[Heilmittel]]n gehören (nach einer Definition von [[Alfred Brauchle]]) die Sonne, das Licht, die Luft, die Bewegung, die Ruhe, die Nahrung, das Wasser, die Kälte, die Erde, die Atmung, die Gedanken, die Gefühle und Willensvorgänge.<ref>{{Literatur |Autor=Brauchle, Alfred |Titel=Handbuch der Naturheilkunde auf wissenschaftlicher Grundlage |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=8 |Verlag=Reclam |Ort= |Datum=1952 |ISBN= |Seiten=}}</ref> In einem weiter gefassten Verständnis werden auch „natürliche“ [[Arzneimittel]], vor allem [[Heilpflanze]]n und deren Zubereitungen einbezogen.
 
Zu naturheilkundlichen [[Heilmittel]]n gehören (nach einer Definition von [[Alfred Brauchle]]) die Sonne, das Licht, die Luft, die Bewegung, die Ruhe, die Nahrung, das Wasser, die Kälte, die Erde, die Atmung, die Gedanken, die Gefühle und Willensvorgänge.<ref>{{Literatur |Autor=Brauchle, Alfred |Titel=Handbuch der Naturheilkunde auf wissenschaftlicher Grundlage |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=8 |Verlag=Reclam |Ort= |Datum=1952 |ISBN= |Seiten=}}</ref> In einem weiter gefassten Verständnis werden auch „natürliche“ [[Arzneimittel]], vor allem [[Heilpflanze]]n und deren Zubereitungen einbezogen.
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Dass diese Definition problembeladen ist, zeigen folgende Beispiele: Die [[Impfung]] mit einem gentechnologisch hergestellten [[Hepatitis]]-B-Impfstoff wirkt vorbeugend durch Aktivierung des körpereigenen [[Immunsystem]]s, oder Penicillin ist ein Stoff natürlichen Ursprungs. Zur Naturheilkunde zählt keines der beiden Beispiele trotz Erfüllung der o.&nbsp;g. Definitionskriterien.
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Dass diese Definition problembeladen ist, zeigen folgende Beispiele: Die [[Impfung]] mit einem gentechnologisch hergestellten [[Wikipedia:Hepatitis|Hepatitis]]-B-Impfstoff wirkt vorbeugend durch Aktivierung des körpereigenen [[Immunsystem]]s, oder Penicillin ist ein Stoff natürlichen Ursprungs. Zur Naturheilkunde zählt keines der beiden Beispiele trotz Erfüllung der o.&nbsp;g. Definitionskriterien.
    
Zur ''klassischen'' Naturheilkunde zählen im Allgemeinen die folgenden Naturheilverfahren:<ref>''[http://www.hufelandgesellschaft.de/klassische_naturheilkunde.html Klassische Naturheilkunde.]'' Definition der Hufelandgesellschaft.</ref>
 
Zur ''klassischen'' Naturheilkunde zählen im Allgemeinen die folgenden Naturheilverfahren:<ref>''[http://www.hufelandgesellschaft.de/klassische_naturheilkunde.html Klassische Naturheilkunde.]'' Definition der Hufelandgesellschaft.</ref>
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*[[Phytotherapie]] – Einsatz von Pflanzenwirkstoffen
 
*[[Phytotherapie]] – Einsatz von Pflanzenwirkstoffen
 
*[[Hydrotherapie]] und [[Balneotherapie]] – Wasseranwendungen (Wärme- und Kältetherapie, „Wasserkuren“)
 
*[[Hydrotherapie]] und [[Balneotherapie]] – Wasseranwendungen (Wärme- und Kältetherapie, „Wasserkuren“)
*[[Bewegungstherapie]]<ref>[[Arnd Krüger]]: ''Geschichte der Bewegungstherapie''. In: ''Präventivmedizin''. Springer, Heidelberg, Loseblatt Sammlung 1999, 07.06, S. 1–22.</ref>
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*[[Bewegungstherapie]]<ref>[[Wikipedia:Arnd Krüger|Arnd Krüger]]: ''Geschichte der Bewegungstherapie''. In: ''Präventivmedizin''. Springer, Heidelberg, Loseblatt Sammlung 1999, 07.06, S. 1–22.</ref>
 
*[[Ernährungstherapie]] – Unterstützung der Behandlungen durch eine gesunde Kost und eine dem Krankheitsbild angepasste [[Diät]]
 
*[[Ernährungstherapie]] – Unterstützung der Behandlungen durch eine gesunde Kost und eine dem Krankheitsbild angepasste [[Diät]]
 
*[[Diätetik|Ordnungstherapie]] – Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, um die Gesundheit von Körper, Geist und Seele auf eine positive Art zu beeinflussen.
 
*[[Diätetik|Ordnungstherapie]] – Strukturierung der äußeren und inneren Lebensordnung, um die Gesundheit von Körper, Geist und Seele auf eine positive Art zu beeinflussen.
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==Geschichte==
 
==Geschichte==
Im [[Hippokrates von Kos|hippokratischen]] Verständnis, welches in Antike und Mittelalter die Basis der akademischen Medizin war (vgl. [[Humoralpathologie]]), wurde die Natur als [[Vis vitalis|Lebenskraft]] und als [[Heilung|Heilkraft]] aufgefasst. Die [[Gesundung|Genesung]] des Patienten wurde durch die Natur bewirkt, der Arzt war lediglich Behandler: ''[[Medicus curat, natura sanat]]''.
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Im [[Hippokrates von Kos|hippokratischen]] Verständnis, welches in Antike und Mittelalter die Basis der akademischen Medizin war (vgl. [[Humoralpathologie]]), wurde die Natur als [[Vis vitalis|Lebenskraft]] und als [[Wikipedia:Heilung|Heilkraft]] aufgefasst. Die [[Gesundung|Genesung]] des Patienten wurde durch die Natur bewirkt, der Arzt war lediglich Behandler: ''[[Wikipedia:Medicus curat, natura sanat|Medicus curat, natura sanat]]''.
    
Der Begriff Naturheilkunde wurde erstmals 1839 von [[Johann Baptist Gross]] in der 3. Auflage seines Werkes ''Das kalte Wasser als vorzügliches Beförderungsmittel der Gesundheit und ausgezeichnetes Heilmittel in Krankheiten'' verwendet:
 
Der Begriff Naturheilkunde wurde erstmals 1839 von [[Johann Baptist Gross]] in der 3. Auflage seines Werkes ''Das kalte Wasser als vorzügliches Beförderungsmittel der Gesundheit und ausgezeichnetes Heilmittel in Krankheiten'' verwendet:
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[[Lorenz Gleich]] (* 1. August 1798; † 3. März 1865)<ref>Wolfgang G. Locher: ''Gleich, Lorenz.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 496 f.</ref> schuf 1848 eine Definition und Nomenklatur der Naturheilkunde und nennt neben Wasser „zweckmäßige Diät, Bewegung, Luft, Licht und Wärme mit Ausschluß aller sogenannten Medikamente“.<ref name="uehleke2003" />
 
[[Lorenz Gleich]] (* 1. August 1798; † 3. März 1865)<ref>Wolfgang G. Locher: ''Gleich, Lorenz.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 496 f.</ref> schuf 1848 eine Definition und Nomenklatur der Naturheilkunde und nennt neben Wasser „zweckmäßige Diät, Bewegung, Luft, Licht und Wärme mit Ausschluß aller sogenannten Medikamente“.<ref name="uehleke2003" />
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Ein Ansatz war die Propagierung des Wassers zu Heilzwecken in der Hydrotherapie. [[Vinzenz Prießnitz]] bezeichnete um 1848 die Kombination von aktiver und passiver Bewegungstherapie, Luft-, Bäder- und Wasseranwendungen sowie einfacher Mischkost erstmals als ''Naturheilverfahren''. [[Johann Schroth]] verband die Wasseranwendungen mit [[Fasten]] in der [[Schrothkur]]. Durch kompromisslose Arzneifeindlichkeit und Impfgegnerschaft waren später Bewegungen um die Zeitschrift ''Der Naturarzt'' (als deren Chefredakteur [[Theodor Hahn]] wirkte<ref>Hubertus Averbeck: ''Von der Kaltwasserkur bis zur physikalischen Therapie. Betrachtungen zu Personen und zur Zeit der wichtigsten Entwicklungen im 19. Jahrhundert''. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-86741-782-2, S. 228.</ref>) oder der ''Deutsche Bund der Vereine für Gesundheitspflege und arzneilose Heilweisen'' gekennzeichnet.
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Ein Ansatz war die Propagierung des Wassers zu Heilzwecken in der Hydrotherapie. [[Vinzenz Prießnitz]] bezeichnete um 1848 die Kombination von aktiver und passiver Bewegungstherapie, Luft-, Bäder- und Wasseranwendungen sowie einfacher Mischkost erstmals als ''Naturheilverfahren''. [[Wikipedia:Johann Schroth|Johann Schroth]] verband die Wasseranwendungen mit [[Fasten]] in der [[Schrothkur]]. Durch kompromisslose Arzneifeindlichkeit und Impfgegnerschaft waren später Bewegungen um die Zeitschrift ''Der Naturarzt'' (als deren Chefredakteur [[Wikipedia:Theodor Hahn|Theodor Hahn]] wirkte<ref>Hubertus Averbeck: ''Von der Kaltwasserkur bis zur physikalischen Therapie. Betrachtungen zu Personen und zur Zeit der wichtigsten Entwicklungen im 19. Jahrhundert''. Europäischer Hochschulverlag, Bremen 2012, ISBN 978-3-86741-782-2, S. 228.</ref>) oder der ''Deutsche Bund der Vereine für Gesundheitspflege und arzneilose Heilweisen'' gekennzeichnet.
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Die durch den Pfarrer [[Sebastian Kneipp]] populär gewordene Form der Hydrotherapie (siehe: [[Kneipp-Medizin]]) gab allerdings das Prinzip der Arzneilosigkeit auf. Viele andere medizinische Laien, aber auch Ärzte entwarfen weitere Naturheilsysteme. Der bayerische Militärarzt [[Lorenz Gleich]] (1798–1865) prägte den Begriff Naturheilkunde als Sammelbezeichnung für die Naturinstinktlehre („instinktiv richtig geleitetes Verhalten des Menschen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit“), die Naturdiätik („vom Instinkt geleitete naturgemäße Lebensform“) und die Naturheilverfahren. Einige Ärzte wie [[August Bier]] setzten sich für eine Überwindung des wachsenden Misstrauens zwischen Naturheilkunde und wissenschaftlicher Medizin ein.
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Die durch den Pfarrer [[Sebastian Kneipp]] populär gewordene Form der Hydrotherapie (siehe: [[Kneipp-Medizin]]) gab allerdings das Prinzip der Arzneilosigkeit auf. Viele andere medizinische Laien, aber auch Ärzte entwarfen weitere Naturheilsysteme. Der bayerische Militärarzt [[Lorenz Gleich]] (1798–1865) prägte den Begriff Naturheilkunde als Sammelbezeichnung für die Naturinstinktlehre („instinktiv richtig geleitetes Verhalten des Menschen im Umgang mit Gesundheit und Krankheit“), die Naturdiätik („vom Instinkt geleitete naturgemäße Lebensform“) und die Naturheilverfahren. Einige Ärzte wie [[Wikipedia:August Bier|August Bier]] setzten sich für eine Überwindung des wachsenden Misstrauens zwischen Naturheilkunde und wissenschaftlicher Medizin ein.
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Der Heilpraktiker [[Arthur Lutze]] (1813–1870) verband die Erkenntnisse der Naturheilkunde mit homöopathischen Elementen. In seiner Klinik in [[Köthen]] behandelte er Tausende von Patienten mit selbstentwickelten [[Wellness]]-Heilpraktiken, Bädern und [[Vegetarismus|vegetarischen Diäten]]. Sein Buch ''Lebensregeln der naturgemäßen Heilkunde'' erreichte 64 Auflagen. Ein weiteres verbreitetes naturheilkundliches Werk war ''Die neue Heilmethode''<ref>Maximilian Platen: ''Die neue Heilmethode. Lehrbuch der naturgemässen Lebensweise, der Gesundheitspflege und der arzneilosen Heilweise.'' Berlin.</ref> von Maximilian Platen.
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Der Heilpraktiker [[Wikipedia:Arthur Lutze|Arthur Lutze]] (1813–1870) verband die Erkenntnisse der Naturheilkunde mit homöopathischen Elementen. In seiner Klinik in [[Wikipedia:Köthen|Köthen]] behandelte er Tausende von Patienten mit selbstentwickelten [[Wikipedia:Wellness|Wellness]]-Heilpraktiken, Bädern und [[Vegetarismus|vegetarischen Diäten]]. Sein Buch ''Lebensregeln der naturgemäßen Heilkunde'' erreichte 64 Auflagen. Ein weiteres verbreitetes naturheilkundliches Werk war ''Die neue Heilmethode''<ref>Maximilian Platen: ''Die neue Heilmethode. Lehrbuch der naturgemässen Lebensweise, der Gesundheitspflege und der arzneilosen Heilweise.'' Berlin.</ref> von Maximilian Platen.
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Um 1900 waren viele Anhänger der Naturheilkunde in der großstädtischen Arbeiterschaft zu finden, vor allem aber im Bürgertum. Naturheilvereine, Prießnitzbünde und Kneippgesellschaften waren Teil der sozialen Bewegung, die als [[Lebensreform]]<ref>Vgl. etwa Florian Mildenberger: ''Lebensreform und Medizin um 1900. Die Naturheilbewegung in Brandenburg.'' In: Christiane Batz (Hrsg.): ''Einfach. Natürlich. Leben: Lebensreform in Brandenburg 1890–1933.'' Berlin 2015, S. 105–114.</ref> bekannt wurde.<ref>Vgl. exemplarisch auch [[Magnus Hirschfeld]]: ''Naturheilmethode und Socialdemokratie.'' In: ''Hausdoctor.'' Band 8, 1897, S. 249–251.</ref> 1906 legte der Mediziner [[Emil Klein (Mediziner)|Emil Klein]] unter dem Namen<ref>[[Karl Eduard Rothschuh|Karl E. Rothschuh]]: ''Das Buch „Der Arzt“ (1906) stammt nicht von Ernst Schweninger!'' In: ''Medizinhistorisches Journal'' 18, 1983, S. 137–144.</ref> und mit den Ideen seines Lehrers [[Ernst Schweninger]], dem Leibarzt [[Otto von Bismarck|Bismarcks]], mit dem Buch ''Der Arzt'' Grundlagen für die folgenden Bestrebungen zur Etablierung von Naturheilkunde.<ref>Alfred Haug: ''Die Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde (1935–1936).'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 2, 1984, S. 117–130; hier: S. 118 f.</ref> Selbst die Behandlung von Geschlechtskrankheiten wurde (neben ersten – nebenwirkungsreichen – chemotherapeutischen Ansätzen<ref>Hermann Lemke: ''Die Syphilis und ihre Heilung auf naturgemäßer Grundlage ohne Quecksilber und Salvarsan. Ein neuer Weg zur Volksgesundung.'' 5. Auflage. Berlin 1925.</ref> und vor der Entwicklung moderner Antibiotika) mit naturheilkundlichen Methoden versucht.<ref>Hermann Lemke: ''Geschlechtskrsnkheiten und ihre Heilung auf naturgemässer Grundlage. Ein neuer Weg zur Volksgesundung.'' 2. Auflage. Ohne Ort 1916.</ref> Die Popularität der Naturheilbewegung wurde teilweise vom [[Nationalsozialismus]] aufgegriffen. Die Verfechter der [[Medizin im Nationalsozialismus|NS-Medizin]] beriefen sich häufig auf traditionelle Methoden und Denkweisen, die den Naturheilkundlern als Hintergrund dienten, und versuchten u.&nbsp;a. daraus eine [[Neue Deutsche Heilkunde]] zu entwickeln.
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Um 1900 waren viele Anhänger der Naturheilkunde in der großstädtischen Arbeiterschaft zu finden, vor allem aber im Bürgertum. Naturheilvereine, Prießnitzbünde und Kneippgesellschaften waren Teil der sozialen Bewegung, die als [[Wikipedia:Lebensreform|Lebensreform]]<ref>Vgl. etwa Florian Mildenberger: ''Lebensreform und Medizin um 1900. Die Naturheilbewegung in Brandenburg.'' In: Christiane Batz (Hrsg.): ''Einfach. Natürlich. Leben: Lebensreform in Brandenburg 1890–1933.'' Berlin 2015, S. 105–114.</ref> bekannt wurde.<ref>Vgl. exemplarisch auch [[Wikipedia:Magnus Hirschfeld|Magnus Hirschfeld]]: ''Naturheilmethode und Socialdemokratie.'' In: ''Hausdoctor.'' Band 8, 1897, S. 249–251.</ref> 1906 legte der Mediziner [[Emil Klein (Mediziner)|Emil Klein]] unter dem Namen<ref>[[Wikipedia:Karl Eduard Rothschuh|Karl E. Rothschuh]]: ''Das Buch „Der Arzt“ (1906) stammt nicht von Ernst Schweninger!'' In: ''Medizinhistorisches Journal'' 18, 1983, S. 137–144.</ref> und mit den Ideen seines Lehrers [[Wikipedia:Ernst Schweninger|Ernst Schweninger]], dem Leibarzt [[Wikipedia:Otto von Bismarck|Bismarcks]], mit dem Buch ''Der Arzt'' Grundlagen für die folgenden Bestrebungen zur Etablierung von Naturheilkunde.<ref>Alfred Haug: ''Die Reichsarbeitsgemeinschaft für eine Neue Deutsche Heilkunde (1935–1936).'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'' 2, 1984, S. 117–130; hier: S. 118 f.</ref> Selbst die Behandlung von Geschlechtskrankheiten wurde (neben ersten – nebenwirkungsreichen – chemotherapeutischen Ansätzen<ref>Hermann Lemke: ''Die Syphilis und ihre Heilung auf naturgemäßer Grundlage ohne Quecksilber und Salvarsan. Ein neuer Weg zur Volksgesundung.'' 5. Auflage. Berlin 1925.</ref> und vor der Entwicklung moderner Antibiotika) mit naturheilkundlichen Methoden versucht.<ref>Hermann Lemke: ''Geschlechtskrsnkheiten und ihre Heilung auf naturgemässer Grundlage. Ein neuer Weg zur Volksgesundung.'' 2. Auflage. Ohne Ort 1916.</ref> Die Popularität der Naturheilbewegung wurde teilweise vom [[Wikipedia:Nationalsozialismus|Nationalsozialismus]] aufgegriffen. Die Verfechter der [[Medizin im Nationalsozialismus|NS-Medizin]] beriefen sich häufig auf traditionelle Methoden und Denkweisen, die den Naturheilkundlern als Hintergrund dienten, und versuchten u.&nbsp;a. daraus eine [[Wikipedia:Neue Deutsche Heilkunde|Neue Deutsche Heilkunde]] zu entwickeln.
    
==Verbreitung==
 
==Verbreitung==
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*Maximilian Alexander: ''Geschichte der Naturheilkunde'', ISBN 3-8118-5830-0.
 
*Maximilian Alexander: ''Geschichte der Naturheilkunde'', ISBN 3-8118-5830-0.
 
*M. Augustin, V. Schmiedel: ''Praxisleitfaden Naturheilkunde.'' Urban & Fischer, München
 
*M. Augustin, V. Schmiedel: ''Praxisleitfaden Naturheilkunde.'' Urban & Fischer, München
*[[Friedrich Eduard Bilz]]: ''[[Bilz-Buch|Das neue Heilverfahren]]. Lehrbuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege''. Bilz, Dresden 1888. (spätere Ausgaben unter dem Titel: ''Das neue Naturheilverfahren. Lehr- und Nachschlagebuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege'')
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*[[Wikipedia:Friedrich Eduard Bilz|Friedrich Eduard Bilz]]: ''[[Bilz-Buch|Das neue Heilverfahren]]. Lehrbuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege''. Bilz, Dresden 1888. (spätere Ausgaben unter dem Titel: ''Das neue Naturheilverfahren. Lehr- und Nachschlagebuch der naturgemäßen Heilweise und Gesundheitspflege'')
 
*Alfred Brauchle: ''Die Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern''. Zweite, erweiterte Auflage von „Große Naturärzte“. Reclam Verlag, Stuttgart 1951
 
*Alfred Brauchle: ''Die Geschichte der Naturheilkunde in Lebensbildern''. Zweite, erweiterte Auflage von „Große Naturärzte“. Reclam Verlag, Stuttgart 1951
 
*Alfred Brauchle: ''Handbuch der Naturheilkunde.'' Stuttgart 1952 (8. Auflage)
 
*Alfred Brauchle: ''Handbuch der Naturheilkunde.'' Stuttgart 1952 (8. Auflage)
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*[[Manfred Köhnlechner]] (Hrsg.): ''Handbuch der Naturheilkunde.'' I–II. 3. Auflage. Köln 1986.
 
*[[Manfred Köhnlechner]] (Hrsg.): ''Handbuch der Naturheilkunde.'' I–II. 3. Auflage. Köln 1986.
 
*Karin Kraft, Rainer Stange: ''Lehrbuch Naturheilverfahren.'' Hippokrates, Stuttgart 2009. ISBN 3-8304-5333-7.
 
*Karin Kraft, Rainer Stange: ''Lehrbuch Naturheilverfahren.'' Hippokrates, Stuttgart 2009. ISBN 3-8304-5333-7.
*[[Heinrich Lahmann]]: ''Die wichtigsten Kapitel der natürlichen (physikalisch-diätethischen) Heilweise.'' 3. Auflage der „Physiatrischen Blätter“. Stuttgart 1897.
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*[[Wikipedia:Heinrich Lahmann|Heinrich Lahmann]]: ''Die wichtigsten Kapitel der natürlichen (physikalisch-diätethischen) Heilweise.'' 3. Auflage der „Physiatrischen Blätter“. Stuttgart 1897.
 
*K.F. Liebau: ''Handbuch für die Naturheilkunde.'' Pflaum, München
 
*K.F. Liebau: ''Handbuch für die Naturheilkunde.'' Pflaum, München
 
*Maria Lohmann: ''Therapiehandbuch Naturheilkunde.'' Urban & Fischer, München
 
*Maria Lohmann: ''Therapiehandbuch Naturheilkunde.'' Urban & Fischer, München
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