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==== Allopathie versus Staatsmedicin ====
 
==== Allopathie versus Staatsmedicin ====
Bevor der Begriff „Schulmedizin“ für die an den Universitäten gelehrte Medizin aufkam, wurde vom Begründer der Homöopathie, [[Samuel Hahnemann]], der Begriff [[Allopathie]] geprägt. „Allopathie“ avancierte rasch zur Sammelbezeichnung für ein breites Spektrum konventioneller Therapien, zu denen Hahnemanns Heilkunst – aber nicht nur sie – im Gegensatz stand.<ref name="Gerabek S. 45">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 45 f.</ref> In der 1831 veröffentlichten Schrift ''Die Allöopathie. Ein Wort der Warnung an Kranke jeder Art.'' warnt Hahnemann vor den Ärzten sowie der Arzneikunst „alter Schule“.<ref>Samuel Hahnemann: ''Die Allöopathie. Ein Wort der Warnung an Kranke jeder Art.'' Leipzig, 1831. [https://books.google.de/books?id=ORk4AAAAMAAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false In Google books].</ref> Die so von ihm Etikettierten und Angegriffenen empfanden den Begriff „Allopathie“ als rufschädigend. [[Goethe]]s Arzt [[Christoph Wilhelm Hufeland|Christoph Wilhelm Friedrich Hufeland]] schlug vor, sich statt des „viel zu engen, ja, ganz falschen Worts Allopathie“ immer des Worts „rationelle Medizin“ zu bedienen. Denn der wesentliche Unterschied der bisherigen wissenschaftlichen Medizin gegen die homöopathische sei „eben das Begründetseyn auf Vernunft und Vernunftschluß“. Hufelands Vorschlag vermochte sich in den Reihen der medizinischen Orthodoxie nicht durchzusetzen, und man bevorzugte bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts den weitgehend wertneutralen Begriff „[[Staatsmedizin|Staatsmedicin]]“.<ref name="Gerabek S. 45" />
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Bevor der Begriff „Schulmedizin“ für die an den Universitäten gelehrte Medizin aufkam, wurde vom Begründer der Homöopathie, [[Samuel Hahnemann]], der Begriff [[Wikipedia:Allopathie|Allopathie]] geprägt. „Allopathie“ avancierte rasch zur Sammelbezeichnung für ein breites Spektrum konventioneller Therapien, zu denen Hahnemanns Heilkunst – aber nicht nur sie – im Gegensatz stand.<ref name="Gerabek S. 45">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 45 f.</ref> In der 1831 veröffentlichten Schrift ''Die Allöopathie. Ein Wort der Warnung an Kranke jeder Art.'' warnt Hahnemann vor den Ärzten sowie der Arzneikunst „alter Schule“.<ref>Samuel Hahnemann: ''Die Allöopathie. Ein Wort der Warnung an Kranke jeder Art.'' Leipzig, 1831. [https://books.google.de/books?id=ORk4AAAAMAAJ&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false In Google books].</ref> Die so von ihm Etikettierten und Angegriffenen empfanden den Begriff „Allopathie“ als rufschädigend. [[Wikipedia:Goethe|Goethe]]s Arzt [[Wikipedia:Christoph Wilhelm Hufeland|Christoph Wilhelm Friedrich Hufeland]] schlug vor, sich statt des „viel zu engen, ja, ganz falschen Worts Allopathie“ immer des Worts „rationelle Medizin“ zu bedienen. Denn der wesentliche Unterschied der bisherigen wissenschaftlichen Medizin gegen die homöopathische sei „eben das Begründetseyn auf Vernunft und Vernunftschluß“. Hufelands Vorschlag vermochte sich in den Reihen der medizinischen Orthodoxie nicht durchzusetzen, und man bevorzugte bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts den weitgehend wertneutralen Begriff „[[Wikipedia:Staatsmedizin|Staatsmedicin]]“.<ref name="Gerabek S. 45" />
    
==== Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ====
 
==== Zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ====
Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts die [[Zellularpathologie]] etablierte und die jahrhundertealte [[Humoralpathologie]] der naturwissenschaftlich-analytischen, mit quantifizierenden Methoden arbeitenden empirischen Medizin weichen musste und nachdem sich seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ein gänzlich neues Methodeninstrumentarium entwickelt hatte, gewann die naturwissenschaftlich geprägte Richtung in der Medizin an Einfluss. Zugleich gerieten die Anhänger der Homöopathie, des [[Mesmerismus]], der Naturheilkunde und anderer medizinischer Richtungen ins Abseits und wurden zusehends als [[Quacksalber]] und [[Kurpfuscher]]<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' C.H. Beck, München 1996, ISBN=3-406-40495-2, S. 18–23 (''„Quacksalberei“ kontra „zünftige“ Medizin (um 1800)'') und 32–42 (''„Kurpfuscherei“ kontra „Schulmedizin“ (1880–1932)'').</ref> diffamiert. Im Gegensatz zum gegenwärtig viel weiter gefassten Begriff ''Naturheilkunde'' waren deren damalige Vertreter, die so genannten Naturärzte (eine Bezeichnung, die sowohl für Naturheilkunde ausübende approbierte Ärzte als auch für Naturheilverfahren bei Erkrankten anwendende medizinische Laien benutzt wurde<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 124 und öfter.</ref>), der Ansicht, Naturerkenntnis sei nur durch die natürlichen menschlichen [[Instinkt]]e zu erwerben, nicht durch [[Wissenschaft]]. Maßgeblich war für sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die von dem bayrischen Militärarzt [[Lorenz Gleich]] (1798–1865) entwickelte „Lehre vom Naturinstinkt“. Lorenz Gleich führte (unter Rückgriff auf den von ihm nicht zitierten Christoph Wilhelm Hufeland) nicht nur den Begriff ''Naturinstinkt'', sondern auch den der ''Naturheilkunde'' allgemein ein<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Vegetarisch.'' In: ''Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.'' Band 34, 2015 (2016), S. 29–68, S. 42.</ref> und verstand darunter „Naturheilverfahren ohne medicin im schneidenden Gegensatz zum Heilverfahren mit Medicin“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschärften sich die Auseinandersetzungen der approbierten Ärzteschaft mit den gesetzlich tolerierten Laienheilern und deren umstrittenen Verfahren, nachdem diese mancherorts die Kassenzulassung erreicht hatten. Auf den deutschen Ärztetagen wurden wiederholt Resolutionen verabschiedet, die vom Gesetzgeber ein Verbot der [[Kurpfuscherei]] forderten.<ref name="Gerabek S. 46">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 46 f.</ref><ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1459 f.</ref> Nach der Entdeckung der [[Mikroorganismen]] durch [[Louis Pasteur]] und [[Robert Koch]] entstand die [[Bakteriologie]]. [[Impfung|Impfmittel]], Immunisierungs- und [[Antikörper]] wurden entwickelt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Krankenhäuser eingerichtet. Im Rahmen der [[Sozialgesetzgebung|Bismarck’schen Sozialgesetze]] von 1883 wurden die neuen medizinischen Errungenschaften und die sozialstaatlich ermöglichten Therapien breitenwirksam angewendet. Zeitgleich fand ein weitreichender Umbau des Medizinwesens statt: Vorklinische Fächer wurden an die gewonnenen Erkenntnisse der [[Sinnesphysiologie]] angepasst. Neue Forschungsgebiete, wie die [[Hygiene]], die [[Ernährungsphysiologie]], die [[Pharmakologie]] oder die [[Endokrinologie]], wurden entwickelt. Noch vor 1900 erfolgte eine Ausdifferenzierung in die heute etablierten medizinischen Fachrichtungen: [[Orthopädie]], [[Kinderheilkunde]], [[Dermatologie]], [[Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde]], [[Neurologie]], [[Psychiatrie]] usw. Technische diagnostische und therapeutische Erfindungen wie die Blutdruckmessung, mikroskopische Blutdiagnosen, die Röntgentechnik, die Analyse von Körperausscheidungen und die Elektrodiagnose setzten sich in der Praxis durch. Die Organ-, Nerven- und Gefäßchirurgie machte schnelle Fortschritte. [[Hauttransplantation]]en wurden vorgenommen und das [[Wundfieber]] durch [[aseptisch]]e und [[antiseptisch]]e Maßnahmen zurückgedrängt.<ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1460.</ref>
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Als sich Mitte des 19. Jahrhunderts die [[Wikipedia:Zellularpathologie|Zellularpathologie]] etablierte und die jahrhundertealte [[Wikipedia:Humoralpathologie|Humoralpathologie]] der naturwissenschaftlich-analytischen, mit quantifizierenden Methoden arbeitenden empirischen Medizin weichen musste und nachdem sich seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ein gänzlich neues Methodeninstrumentarium entwickelt hatte, gewann die naturwissenschaftlich geprägte Richtung in der Medizin an Einfluss. Zugleich gerieten die Anhänger der Homöopathie, des [[Wikipedia:Mesmerismus|Mesmerismus]], der Naturheilkunde und anderer medizinischer Richtungen ins Abseits und wurden zusehends als [[Wikipedia:Quacksalber|Quacksalber]] und [[Wikipedia:Kurpfuscher|Kurpfuscher]]<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' C.H. Beck, München 1996, ISBN=3-406-40495-2, S. 18–23 (''„Quacksalberei“ kontra „zünftige“ Medizin (um 1800)'') und 32–42 (''„Kurpfuscherei“ kontra „Schulmedizin“ (1880–1932)'').</ref> diffamiert. Im Gegensatz zum gegenwärtig viel weiter gefassten Begriff ''Naturheilkunde'' waren deren damalige Vertreter, die so genannten Naturärzte (eine Bezeichnung, die sowohl für Naturheilkunde ausübende approbierte Ärzte als auch für Naturheilverfahren bei Erkrankten anwendende medizinische Laien benutzt wurde<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute.'' Beck, München 1996, ISBN 3-406-40495-2, S. 124 und öfter.</ref>), der Ansicht, Naturerkenntnis sei nur durch die natürlichen menschlichen [[Wikipedia:Instinkt|Instinkt]]e zu erwerben, nicht durch [[Wissenschaft]]. Maßgeblich war für sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die von dem bayrischen Militärarzt [[Lorenz Gleich]] (1798–1865) entwickelte „Lehre vom Naturinstinkt“. Lorenz Gleich führte (unter Rückgriff auf den von ihm nicht zitierten Christoph Wilhelm Hufeland) nicht nur den Begriff ''Naturinstinkt'', sondern auch den der ''Naturheilkunde'' allgemein ein<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Vegetarisch.'' In: ''Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.'' Band 34, 2015 (2016), S. 29–68, S. 42.</ref> und verstand darunter „Naturheilverfahren ohne medicin im schneidenden Gegensatz zum Heilverfahren mit Medicin“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschärften sich die Auseinandersetzungen der approbierten Ärzteschaft mit den gesetzlich tolerierten Laienheilern und deren umstrittenen Verfahren, nachdem diese mancherorts die Kassenzulassung erreicht hatten. Auf den deutschen Ärztetagen wurden wiederholt Resolutionen verabschiedet, die vom Gesetzgeber ein Verbot der [[Wikipedia:Kurpfuscherei|Kurpfuscherei]] forderten.<ref name="Gerabek S. 46">Robert Jütte: ''Alternativmedizin.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' Walter de Gruyter, 2005, ISBN 3-11-097694-3, S. 46 f.</ref><ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1459 f.</ref> Nach der Entdeckung der [[Wikipedia:Mikroorganismen|Mikroorganismen]] durch [[Wikipedia:Louis Pasteur|Louis Pasteur]] und [[Wikipedia:Robert Koch|Robert Koch]] entstand die [[Wikipedia:Bakteriologie|Bakteriologie]]. [[Wikipedia:Impfung|Impfmittel]], Immunisierungs- und [[Wikipedia:Antikörper|Antikörper]] wurden entwickelt. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Krankenhäuser eingerichtet. Im Rahmen der [[Wikipedia:Sozialgesetzgebung|Bismarck’schen Sozialgesetze]] von 1883 wurden die neuen medizinischen Errungenschaften und die sozialstaatlich ermöglichten Therapien breitenwirksam angewendet. Zeitgleich fand ein weitreichender Umbau des Medizinwesens statt: Vorklinische Fächer wurden an die gewonnenen Erkenntnisse der [[Wikipedia:Sinnesphysiologie|Sinnesphysiologie]] angepasst. Neue Forschungsgebiete, wie die [[Hygiene]], die [[Wikipedia:Ernährungsphysiologie|Ernährungsphysiologie]], die [[Wikipedia:Pharmakologie|Pharmakologie]] oder die [[Wikipedia:Endokrinologie|Endokrinologie]], wurden entwickelt. Noch vor 1900 erfolgte eine Ausdifferenzierung in die heute etablierten medizinischen Fachrichtungen: [[Wikipedia:Orthopädie|Orthopädie]], [[Wikipedia:Kinderheilkunde|Kinderheilkunde]], [[Wikipedia:Dermatologie|Dermatologie]], [[Wikipedia:Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde|Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde]], [[Neurologie]], [[Wikipedia:Psychiatrie|Psychiatrie]] usw. Technische diagnostische und therapeutische Erfindungen wie die Blutdruckmessung, mikroskopische Blutdiagnosen, die Röntgentechnik, die Analyse von Körperausscheidungen und die Elektrodiagnose setzten sich in der Praxis durch. Die Organ-, Nerven- und Gefäßchirurgie machte schnelle Fortschritte. [[Wikipedia:Hauttransplantation|Hauttransplantation]]en wurden vorgenommen und das [[Wikipedia:Wundfieber|Wundfieber]] durch [[Wikipedia:aseptisch|aseptisch]]e und [[Wikipedia:antiseptisch|antiseptisch]]e Maßnahmen zurückgedrängt.<ref>Helmut Zander: ''Anthroposophie in Deutschland.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, S. 1460.</ref>
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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Begriff [[Allopathie]] durch die ständige Wiederholung bereits viel von seiner ursprünglichen Schärfe eingebüßt. Der deutsche [[Pathologe]] und [[Prähistoriker]] [[Rudolf Virchow]] verwendete Bezeichnungen wie „naturwissenschaftliche Medizin“ oder „medizinische Wissenschaft“, um sich von den spekulativen, romantisch-naturphilosophischen Strömungen in der Medizin des 19. Jahrhunderts abzugrenzen. Diese Bezeichnungen hatten weder für die inzwischen fest etablierten Homöopathen noch für die sich damals konstituierende Naturheilbewegung den erforderlichen negativen oder abwertenden Beigeschmack, um als geeigneter Kampfbegriff – gegen die hauptsächlich an den Universitäten gelehrte Medizin – die alte Bezeichnung „Allopathie“ ablösen zu können.<ref name="Gerabek S. 46" />
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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Begriff [[Wikipedia:Allopathie|Allopathie]] durch die ständige Wiederholung bereits viel von seiner ursprünglichen Schärfe eingebüßt. Der deutsche [[Wikipedia:Pathologe|Pathologe]] und [[Wikipedia:Prähistoriker|Prähistoriker]] [[Wikipedia:Rudolf Virchow|Rudolf Virchow]] verwendete Bezeichnungen wie „naturwissenschaftliche Medizin“ oder „medizinische Wissenschaft“, um sich von den spekulativen, romantisch-naturphilosophischen Strömungen in der Medizin des 19. Jahrhunderts abzugrenzen. Diese Bezeichnungen hatten weder für die inzwischen fest etablierten Homöopathen noch für die sich damals konstituierende Naturheilbewegung den erforderlichen negativen oder abwertenden Beigeschmack, um als geeigneter Kampfbegriff – gegen die hauptsächlich an den Universitäten gelehrte Medizin – die alte Bezeichnung „Allopathie“ ablösen zu können.<ref name="Gerabek S. 46" />
    
=== Verbreitung des Begriffes Schulmedizin ===
 
=== Verbreitung des Begriffes Schulmedizin ===
Der deutsche Begriff „Schulmedizin“ wurde wahrscheinlich erstmals 1876 vom [[Homöopathie|homöopathisch]] orientierten Arzt [[Franz Fischer (Mediziner)|Franz Fischer]] (1817–1878) aus [[Weingarten (Württemberg)]]<ref>Fritz D. Schroers: ''Fischer, Franz.'' In: ''Lexikon deutschsprachiger Homöopathen.'' Georg Thieme Verlag, 2006, ISBN 3-8304-7254-4, S. 32. [http://books.google.de/books?id=-r7N05iFFKoC&pg=PA32&lpg=PA32 (Auszug bei Google Books)]</ref> in den ''Homöopathischen Monatsblättern'', der Mitgliedszeitung des Laienvereins „Hahnemannia“, verwendet. Fischer hatte jedoch noch nicht seine Bedeutung als Schlagwort erkannt, benutzte ihn neben Begriffen wie „Staatsmedizin“, „Allopathie“ und „medizinische Wissenschaft“.<ref name="Lucae">Christian Lucae: ''2.2 Zu den Begriffen „Homöopathie“, „Allopathie“ und „Schulmedizin“.'' In: ''Homöopathie an deutschsprachigen Universitäten: die Bestrebungen zu ihrer Institutionalisierung von 1812 bis 1945.'' Georg Thieme Verlag, 1998, ISBN 3-7760-1689-2, S. 22.</ref> In Homöopathen-Kreisen als Kampfbegriff popularisiert wurde „Schulmedizin“ Anfang der 1880er Jahre aufgrund des publizistischen Einsatzes des [[Stettin]]er Laienhomöopathen [[Heinrich Milbrot]],<ref name="Jütte_2004">Robert Jütte: ''Von den medizinischen Sekten des 19. Jahrhunderts zu den unkonventionellen Richtungen von heute – Anmerkungen eines Medizinhistorikers.'' In: [http://www.ezw-berlin.de/downloads/Materialdienst_10_2004.pdf ''Materialdienst der EZW'', 10/2004], S. 369.</ref> der ''Schulmedizin'' stets als abwertenden Begriff anstelle von ''Allopathie'' benutzte.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin.'' Beck, München 1996, S. 35.</ref> Milbrot verwendete ihn konsequent seit 1881 in der ''Populären Zeitschrift für Homöopathie''.<ref name="Lucae" /> In der Folge wurde der Begriff vereinzelt von Vertretern der naturwissenschaftlichen Richtungen in der Medizin billigend im Disput mit Vertretern der [[Naturheilkunde]] gebraucht.<ref name="Gerabek S. 46" /> Dem Medizinhistoriker [[Robert Jütte]] zufolge kann man um das Jahr 1900 von einer allgemeinen Verbreitung und Akzeptanz des Begriffes „Schulmedizin“ sprechen. [[Rudolf Virchow]]s Aufsatz ''Zum neuen Jahrhundert'' lasse sich entnehmen, dass sich der einst ideologisch stark belastete Begriff zu einer weitgehend wertneutralen Sammelbezeichnung für die herrschende Richtung in der Medizin gewandelt hatte.<ref name="Jütte_2004" />
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Der deutsche Begriff „Schulmedizin“ wurde wahrscheinlich erstmals 1876 vom [[Homöopathie|homöopathisch]] orientierten Arzt [[Franz Fischer (Mediziner)|Franz Fischer]] (1817–1878) aus [[Wikipedia:Weingarten (Württemberg)|Weingarten (Württemberg)]]<ref>Fritz D. Schroers: ''Fischer, Franz.'' In: ''Lexikon deutschsprachiger Homöopathen.'' Georg Thieme Verlag, 2006, ISBN 3-8304-7254-4, S. 32. [http://books.google.de/books?id=-r7N05iFFKoC&pg=PA32&lpg=PA32 (Auszug bei Google Books)]</ref> in den ''Homöopathischen Monatsblättern'', der Mitgliedszeitung des Laienvereins „Hahnemannia“, verwendet. Fischer hatte jedoch noch nicht seine Bedeutung als Schlagwort erkannt, benutzte ihn neben Begriffen wie „Staatsmedizin“, „Allopathie“ und „medizinische Wissenschaft“.<ref name="Lucae">Christian Lucae: ''2.2 Zu den Begriffen „Homöopathie“, „Allopathie“ und „Schulmedizin“.'' In: ''Homöopathie an deutschsprachigen Universitäten: die Bestrebungen zu ihrer Institutionalisierung von 1812 bis 1945.'' Georg Thieme Verlag, 1998, ISBN 3-7760-1689-2, S. 22.</ref> In Homöopathen-Kreisen als Kampfbegriff popularisiert wurde „Schulmedizin“ Anfang der 1880er Jahre aufgrund des publizistischen Einsatzes des [[Wikipedia:Stettin|Stettin]]er Laienhomöopathen [[Heinrich Milbrot]],<ref name="Jütte_2004">Robert Jütte: ''Von den medizinischen Sekten des 19. Jahrhunderts zu den unkonventionellen Richtungen von heute – Anmerkungen eines Medizinhistorikers.'' In: [http://www.ezw-berlin.de/downloads/Materialdienst_10_2004.pdf ''Materialdienst der EZW'', 10/2004], S. 369.</ref> der ''Schulmedizin'' stets als abwertenden Begriff anstelle von ''Allopathie'' benutzte.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin.'' Beck, München 1996, S. 35.</ref> Milbrot verwendete ihn konsequent seit 1881 in der ''Populären Zeitschrift für Homöopathie''.<ref name="Lucae" /> In der Folge wurde der Begriff vereinzelt von Vertretern der naturwissenschaftlichen Richtungen in der Medizin billigend im Disput mit Vertretern der [[Naturheilkunde]] gebraucht.<ref name="Gerabek S. 46" /> Dem Medizinhistoriker [[Robert Jütte]] zufolge kann man um das Jahr 1900 von einer allgemeinen Verbreitung und Akzeptanz des Begriffes „Schulmedizin“ sprechen. [[Wikipedia:Rudolf Virchow|Rudolf Virchow]]s Aufsatz ''Zum neuen Jahrhundert'' lasse sich entnehmen, dass sich der einst ideologisch stark belastete Begriff zu einer weitgehend wertneutralen Sammelbezeichnung für die herrschende Richtung in der Medizin gewandelt hatte.<ref name="Jütte_2004" />
    
=== Begriffsverwendung durch Antisemiten ===
 
=== Begriffsverwendung durch Antisemiten ===
 
{{Hauptartikel|Medizin im Nationalsozialismus}}
 
{{Hauptartikel|Medizin im Nationalsozialismus}}
In den ersten Jahren der [[NS-Zeit]] (1933–1945) erfuhren Laienheilkundige und nicht-schulmedizinisch tätige Ärzte (Naturärzte, Homöopathen) zunächst eine erhebliche Aufwertung, weil die Schulmedizin unter [[Nationalsozialist]]en als „jüdisch-marxistisch“ durchsetzt, zu stark [[sozialmedizin]]isch orientiert und zu therapiefreudig galt.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin.'' Beck, München 1996, S. 45.</ref> Universitäten und Ärzteschaft im [[Deutschland]] der 1920er und 1930er Jahre galten unter [[Antisemit]]en als „verjudet“.<ref>Saul Friedländer: ''Das Dritte Reich und die Juden.'' C.H. Beck, 2007, ISBN 978-3-406-56681-3, S. 118.</ref> In diesem Kontext verwendeten antisemitisch eingestellte Kritiker der etablierten Medizin in den 1930er Jahren den Kampfbegriff „verjudete Schulmedizin“, um ihrer Forderung nach einer „gesunden Volksmedizin“ bzw. der „[[Neue Deutsche Heilkunde|Neuen deutschen Heilkunde]]“ Nachdruck zu verleihen. Gemeint war damit eine stärkere Bedeutung für naturheilkundliche Ansätze und Verfahren in der medizinischen Praxis.<ref>Caris-Petra Heidel: ''Naturheilkunde und Judentum: Medizin und Judentum.'' Mabuse-Verlag, 2008, S. 169, [http://books.google.de/books?id=uZweAQAAIAAJ&q=verjudete+Schulmedizin&dq=verjudete+Schulmedizin&hl=de&sa=X&ei=iY1kUfa0FeuQ4gTpzYGYCg&ved=0CD8Q6AEwAw online] in Google Bücher.</ref><ref>Wolfgang Wegner, Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, 2004, S. 855, ([http://books.google.de/books?id=LLoOUP-y54YC&lpg=PA855&dq=verjudete%20Schulmedizin&hl=de&pg=PA855#v=onepage&q=verjudete%20Schulmedizin&f=false online] in Google Bücher)</ref> Der im ''Bund völkischer Europäer'' engagierte Publizist und Volksschullehrer im Ruhestand, [[Karl Weinländer]], benutzte 1934 den Begriff „verjudete und verfreimaurerte Schulmedizin“, um zu kritisieren, dass die akademischen Vertreter der gerade neu etablierten [[Rassenkunde]] zu diesem Thema bereits vorliegende und seiner Ansicht nach wertvolle [[Werk (Urheberrecht)|Werke]] als „unwissenschaftlich“ und „nicht den Anforderungen des Nationalsozialismus entsprechend“ zurückwiesen. Gemeint waren [[Traktat]]e von Autoren wie ihm selbst. Als Folge dieser Schulmedizin fehle es jungen Ärzten an „Erfahrung und Schulung auf rassekundlichem Gebiet“. Stattdessen hätten sie „nach den Weisungen hoher judenfreundlicher Rassenwissenschaftler die weltpolitischen Interessen des hebräischen Bundes in der Rassenfrage vielleicht unbewusst zu vertreten“.<ref>Martin Finkenberger: ''Weinländer, Karl.'' In: Wolfgang Benz: ''Handbuch des Antisemitismus.'' Band 8: ''Nachträge und Register.'' Walter de Gruyter, 2015, ISBN 978-3-11-037945-7, S. 145–146.</ref>
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In den ersten Jahren der [[Wikipedia:NS-Zeit|NS-Zeit]] (1933–1945) erfuhren Laienheilkundige und nicht-schulmedizinisch tätige Ärzte (Naturärzte, Homöopathen) zunächst eine erhebliche Aufwertung, weil die Schulmedizin unter [[Wikipedia:Nationalsozialist|Nationalsozialist]]en als „jüdisch-marxistisch“ durchsetzt, zu stark [[Wikipedia:sozialmedizin|sozialmedizin]]isch orientiert und zu therapiefreudig galt.<ref>Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin.'' Beck, München 1996, S. 45.</ref> Universitäten und Ärzteschaft im [[Wikipedia:Deutschland|Deutschland]] der 1920er und 1930er Jahre galten unter [[Wikipedia:Antisemit|Antisemit]]en als „verjudet“.<ref>Saul Friedländer: ''Das Dritte Reich und die Juden.'' C.H. Beck, 2007, ISBN 978-3-406-56681-3, S. 118.</ref> In diesem Kontext verwendeten antisemitisch eingestellte Kritiker der etablierten Medizin in den 1930er Jahren den Kampfbegriff „verjudete Schulmedizin“, um ihrer Forderung nach einer „gesunden Volksmedizin“ bzw. der „[[Wikipedia:Neue Deutsche Heilkunde|Neuen deutschen Heilkunde]]“ Nachdruck zu verleihen. Gemeint war damit eine stärkere Bedeutung für naturheilkundliche Ansätze und Verfahren in der medizinischen Praxis.<ref>Caris-Petra Heidel: ''Naturheilkunde und Judentum: Medizin und Judentum.'' Mabuse-Verlag, 2008, S. 169, [http://books.google.de/books?id=uZweAQAAIAAJ&q=verjudete+Schulmedizin&dq=verjudete+Schulmedizin&hl=de&sa=X&ei=iY1kUfa0FeuQ4gTpzYGYCg&ved=0CD8Q6AEwAw online] in Google Bücher.</ref><ref>Wolfgang Wegner, Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil: ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, 2004, S. 855, ([http://books.google.de/books?id=LLoOUP-y54YC&lpg=PA855&dq=verjudete%20Schulmedizin&hl=de&pg=PA855#v=onepage&q=verjudete%20Schulmedizin&f=false online] in Google Bücher)</ref> Der im ''Bund völkischer Europäer'' engagierte Publizist und Volksschullehrer im Ruhestand, [[Karl Weinländer]], benutzte 1934 den Begriff „verjudete und verfreimaurerte Schulmedizin“, um zu kritisieren, dass die akademischen Vertreter der gerade neu etablierten [[Wikipedia:Rassenkunde|Rassenkunde]] zu diesem Thema bereits vorliegende und seiner Ansicht nach wertvolle [[Wikipedia:Werk (Urheberrecht)|Werke]] als „unwissenschaftlich“ und „nicht den Anforderungen des Nationalsozialismus entsprechend“ zurückwiesen. Gemeint waren [[Wikipedia:Traktat|Traktat]]e von Autoren wie ihm selbst. Als Folge dieser Schulmedizin fehle es jungen Ärzten an „Erfahrung und Schulung auf rassekundlichem Gebiet“. Stattdessen hätten sie „nach den Weisungen hoher judenfreundlicher Rassenwissenschaftler die weltpolitischen Interessen des hebräischen Bundes in der Rassenfrage vielleicht unbewusst zu vertreten“.<ref>Martin Finkenberger: ''Weinländer, Karl.'' In: Wolfgang Benz: ''Handbuch des Antisemitismus.'' Band 8: ''Nachträge und Register.'' Walter de Gruyter, 2015, ISBN 978-3-11-037945-7, S. 145–146.</ref>
    
== Ersatzbegriffe ==
 
== Ersatzbegriffe ==
Der Internist [[Johannes Köbberling]], Mitglied der [[Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft]],<ref>Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: [http://www.akdae.de/Kommission/Organisation/Mitglieder/AOM/Koebberling.html ''Kurzbiographie J. Köbberling'']</ref> kritisierte 1998 die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“ zur Bezeichnung der „eigentlichen Medizin“ als [[Pejorativ|abwertend]]: Zwar könne man den Begriff wohlwollend so interpretieren, dass dies die Medizin sei, die an Hochschulen gelehrt wird. Jedoch habe schon Samuel Hahnemann den Ausdruck „Schulmedizin“ verwendet, um die zu seiner Zeit etablierte Medizin abzuqualifizieren. „[[Schule (Wissenschaft)|Schule]]“ habe in diesem Zusammenhang ein starres, unflexibles System bedeutet, das in festen Denkstrukturen verhaftet und unfähig zu [[Innovation]]en sei. Die wissenschaftliche Medizin vertrete aber gerade nicht ein geschlossenes System, sondern sei dadurch gekennzeichnet, dass sie sich kontinuierlich in Frage stellt. Der Begriff „Schulmedizin“ besage so genau das Gegenteil von dem, was ausgedrückt werden müsste. Köbberling habe sich deshalb angewöhnt, den Begriff konsequent zu vermeiden und von Medizin schlechthin zu sprechen bzw. von wissenschaftlicher Medizin, wenn die Abgrenzung zur „unwissenschaftlichen Medizin“ oder [[Paramedizin]] beabsichtigt sei.<ref>Johannes Köbberling: [http://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Die_AWMF/Service/Gesamtarchiv/AWMF-Konferenz/Der_Begriff_der_Wissenschaft_in_der_Medizin.pdf ''Der Begriff der Wissenschaft in der Medizin''] (PDF; 85&nbsp;kB). In: [http://www.awmf.org/service/gesamtarchiv/awmf-konferenz/duesseldorf-6-maerz-1998.html ''Die Wissenschaft in der Medizin – Wert und öffentliche Darstellung'']. (Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 6. März 1998)</ref>
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Der Internist [[Wikipedia:Johannes Köbberling|Johannes Köbberling]], Mitglied der [[Wikipedia:Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft|Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft]],<ref>Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: [http://www.akdae.de/Kommission/Organisation/Mitglieder/AOM/Koebberling.html ''Kurzbiographie J. Köbberling'']</ref> kritisierte 1998 die Verwendung des Begriffs „Schulmedizin“ zur Bezeichnung der „eigentlichen Medizin“ als [[Wikipedia:Pejorativ|abwertend]]: Zwar könne man den Begriff wohlwollend so interpretieren, dass dies die Medizin sei, die an Hochschulen gelehrt wird. Jedoch habe schon Samuel Hahnemann den Ausdruck „Schulmedizin“ verwendet, um die zu seiner Zeit etablierte Medizin abzuqualifizieren. „[[Wikipedia:Schule (Wissenschaft)|Schule]]“ habe in diesem Zusammenhang ein starres, unflexibles System bedeutet, das in festen Denkstrukturen verhaftet und unfähig zu [[Wikipedia:Innovation|Innovation]]en sei. Die wissenschaftliche Medizin vertrete aber gerade nicht ein geschlossenes System, sondern sei dadurch gekennzeichnet, dass sie sich kontinuierlich in Frage stellt. Der Begriff „Schulmedizin“ besage so genau das Gegenteil von dem, was ausgedrückt werden müsste. Köbberling habe sich deshalb angewöhnt, den Begriff konsequent zu vermeiden und von Medizin schlechthin zu sprechen bzw. von wissenschaftlicher Medizin, wenn die Abgrenzung zur „unwissenschaftlichen Medizin“ oder [[Wikipedia:Paramedizin|Paramedizin]] beabsichtigt sei.<ref>Johannes Köbberling: [http://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Die_AWMF/Service/Gesamtarchiv/AWMF-Konferenz/Der_Begriff_der_Wissenschaft_in_der_Medizin.pdf ''Der Begriff der Wissenschaft in der Medizin''] (PDF; 85&nbsp;kB). In: [http://www.awmf.org/service/gesamtarchiv/awmf-konferenz/duesseldorf-6-maerz-1998.html ''Die Wissenschaft in der Medizin – Wert und öffentliche Darstellung'']. (Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 6. März 1998)</ref>
    
In einem Positionspapier aus dem Jahr 2015 kommt er gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Arzneimittelkommission zu dem Schluss, dass es „überzogen“ wäre, „von der vorfindlichen Schulmedizin als ‚wissenschaftlicher Medizin‘ zu reden“. Mit und in der Medizin müsse gehandelt werden „und dies allzu oft, ohne befriedigende (validierte oder gar wissenschaftlich erklärte) Therapien etc. an der Hand zu haben“. Die „wissenschaftliche Medizin“ sei vielmehr ein Ideal, an dem sich die Schulmedizin ausrichte. Diese solle man daher richtiger als „wissenschaftlich orientierte Medizin“ bezeichnen und damit nicht jeden einzelnen ihrer Vertreter „und gewiss nicht jede ihrer Praktiken, sondern das Gesamtunterfangen mit seiner Grundorientierung meinen“.<ref name=Positionspapier>Manfred Anlauf, Lutz Hein, Hans-Werner Hense, Johannes Köbberling, Rainer Lasek, Reiner Leidl, Bettina Schöne-Seifert: [http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2015-13/000209.shtml ''Komplementäre und alternative Arzneitherapie versus wissenschaftsorientierte Medizin.''] In: ''GMS Ger Med Sci.'' 13, 2015, Doc05. [[doi:10.3205/000209]].</ref>
 
In einem Positionspapier aus dem Jahr 2015 kommt er gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Arzneimittelkommission zu dem Schluss, dass es „überzogen“ wäre, „von der vorfindlichen Schulmedizin als ‚wissenschaftlicher Medizin‘ zu reden“. Mit und in der Medizin müsse gehandelt werden „und dies allzu oft, ohne befriedigende (validierte oder gar wissenschaftlich erklärte) Therapien etc. an der Hand zu haben“. Die „wissenschaftliche Medizin“ sei vielmehr ein Ideal, an dem sich die Schulmedizin ausrichte. Diese solle man daher richtiger als „wissenschaftlich orientierte Medizin“ bezeichnen und damit nicht jeden einzelnen ihrer Vertreter „und gewiss nicht jede ihrer Praktiken, sondern das Gesamtunterfangen mit seiner Grundorientierung meinen“.<ref name=Positionspapier>Manfred Anlauf, Lutz Hein, Hans-Werner Hense, Johannes Köbberling, Rainer Lasek, Reiner Leidl, Bettina Schöne-Seifert: [http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2015-13/000209.shtml ''Komplementäre und alternative Arzneitherapie versus wissenschaftsorientierte Medizin.''] In: ''GMS Ger Med Sci.'' 13, 2015, Doc05. [[doi:10.3205/000209]].</ref>
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