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Anthroposophische Medizin

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Die anthroposophische Medizin (auch: anthroposophisch erweiterte Medizin, von altgriechisch(w) ἄνθρωπος ánthrōposMensch(w)‘ und σοφία sophiaWeisheit(w)‘) ist eine ganzheitliche(w) komplementärmedizinische Richtung[1], die aus einer „erweiterten Welt- und Menschenkenntnis“[2] auf der Grundlage der Anthroposophie(w) Rudolf Steiners(w) (1861–1925) auch die „ärztliche Kunst“, insbesondere die wissenschaftlich orientierte Medizin(w), erweitern will. Sie wird vor allem in Deutschland(w) und der Schweiz(w) praktiziert. In der EU(w) gibt es schätzungsweise 4500 Ärzte(w), die nach den Prinzipien der anthroposophischen Medizin arbeiten.[3]

Die anthroposophische Medizin stützt sich zur Erforschung der Phänomene(w) des Physischen(w), Lebendigen(w), Seelischen(w) und des Geistes(w) nach eigenem Verständnis sowohl auf die Prinzipien(w) der Naturwissenschaft(w) als auch auf die anthroposophische „Geisteswissenschaft“, die eine Erweiterung der Erkenntnis(w) durch „höhere“ Erkenntnisformen postuliert, durch die unter anderem vier „Wesensglieder(w)“ des Menschen („physischer Leib“, „Ätherleib(w)“, „Astralleib(w)“ und „Ich-Organisation“) als ursächlich wirksam in den genannten Phänomenbereichen beschrieben werden könnten. Erkrankungen werden unter anderem als „Disharmonie der Wesensglieder“[4] gedeutet, und Therapien werden mit dem Ziel eingesetzt, durch die Überwindung der Krankheit ein neues Gleichgewicht zu finden. Zu den anthroposophischen Therapien(w) zählen neben der Anwendung von Heilpflanzen(w) wie z. B. der Misteltherapie(w) bei Krebs und homöopathischer Präparate auch Heileurythmie(w), Farbtherapie(w), die Rhythmische Massage(w) nach Ita Wegman(w) sowie anthroposophischen Ansätze heilkundliche Anwendungen künstlerischer Prozesse (Kunst(w)- und Maltherapie(w), Plastizieren, Musiktherapie(w)).

In Deutschland hat die anthroposophische Medizin als Außenseitermethode[5] seit 1978 den rechtlichen Status einer „besonderen Therapierichtung(w)“. Daher ist für die Zulassung anthroposophischer Arzneimittel ein Wirksamkeitsnachweis in der sonst üblichen Form nicht zwingend erforderlich, und es sind dabei auch die „medizinischen Erfahrungen“ und die „Besonderheiten“ dieser Therapierichtung zu berücksichtigen.[6] Das soll gewährleisten, dass „der in der Arzneimitteltherapie vorhandene Wissenschaftspluralismus“ nicht durch Mehrheitsentscheidungen aufgehoben werden kann.[7]

Nach der Ansicht von Barbara Burkhard sind anthroposophische Vorstellungen über Einteilung, Entstehung und Verlauf von Krankheiten mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht zu vereinbaren.[8] Nach Auskunft des Anthroposophen Jost Schieren betrachten Vertreter der Wissenschaft die Anthroposophie als nicht wissenschaftlich und zählen sie zu den sogenannten Pseudowissenschaften(w).[9] Nach Einschätzung durch Autoren der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft(w) und verschiedene Reviewautoren(w) liegen für die Anwendung anthroposophischer Heilmittel nur unzureichende Wirksamkeitsstudien vor. Zwar gibt es kontrollierte Versuchsreihen für die Behandlung von Tumorpatienten mit Mistelpräparaten, aber weder eine Wirkung auf die Tumorprogression noch auf die Überlebenszeit gelten als gesichert.[10][11] Die deutsche Bundesärztekammer(w) stellte 1993 in einem Memorandum(w) fest, dass die Anthroposophische Medizin nicht zu den „objektiv wirksamen Behandlungsverfahren“ gehöre.[12]

Einzelnachweise

  1. World Health Organization.: WHO traditional medicine strategy. 2014–2023. Geneva 2013, ISBN  978-92-4150609-0.
  2. Robert Jütte: Anthroposophische Medizin. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 67 f.
  3. K. von Ammon, M. Frei-Erb, F. Cardini, U. Daig, S. Dragan, G. Hegyi, P. Roberti di Sarsina, J. Sörensen, G. Lewith: Complementary and alternative medicine provision in Europe–first results approaching reality in an unclear field of practices. In: Forschende Komplementärmedizin (2006). Band 19 Suppl 2, 2012, S. 37–43, doi:10.1159/000343129, PMID 23883943 (Review).
  4. Thomas McKeen: Alternativen in der Medizin. Behandlungsformen zwischen Wissenschaft und Empirie. Hrsg.: Klaus Jork. 1. Auflage. Hippokrates, Stuttgart 1993, ISBN  978-3-7773-1037-4, Anthroposophische Medizin, S. 152.
  5. Robert Jütte (1996), S. 15.
  6. § 25 Absatz 2 AMG und § 105 Absatz 4f AMG
  7. Bundestagsausschuss für Jugend, Familie und Gesundheit. Präambel in Vorbereitung des 2. AMG vom 24. August 1976. Bundestagsdrucksache(w) 7/5091 (PDF; 838 kB), S. 6 f.
  8. Barbara Burkhard: Anthroposophische Arzneimittel. Eine kritische Betrachtung. GOVI, Eschborn 2000, ISBN  3-7741-0810-2, S. 13 (Buchfassung einer Artikelserie in der Pharmazeutischen Zeitung).
  9. Jost Schieren: Die Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie. In: Research on Steiner Education. Band 2, Ne. 2, 2011, S. 99–100 (rosejourn.com).
  10. Markus Horneber, Gerd Bueschel, Roman Huber, Klaus Linde, Matthias Rostock: Mistletoe therapy in oncology. In: Cochrane Database of Systematic Reviews. 16. April 2008, doi:10.1002/14651858.CD003297.pub2 (wiley.com [abgerufen am 20. August 2019]).
  11. W. Tröger, D. Galun, M. Reif, A. Schumann, N. Stanković: Viscum album [L.] extract therapy in patients with locally advanced or metastatic pancreatic cancer: A randomised clinical trial on overall survival. In: European Journal of Cancer. Band 49, Nr. 18, Dezember 2013, S. 3788–3797, doi:10.1016/j.ejca.2013.06.043 (elsevier.com [abgerufen am 20. August 2019]).
  12. Bundesärztekammer: Arzneibehandlung im Rahmen „besonderer Therapierichtungen“, 2. Auflage, Deutscher Ärzteverlag, Köln 1993. Zitiert bei: Manfred Anlauf, Lutz Hein, Hans-Werner Hense, Johannes Köbberling, Rainer Lasek, Reiner Leidl, Bettina Schöne-Seifert: Komplementäre und alternative Arzneitherapie versus wissenschaftsorientierte Medizin In: GMS Ger Med Sci 2015;13:Doc05. doi:10.3205/000209.