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Bitterstoff: Unterschied zwischen den Versionen

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Als '''Bitterstoffe''' werden alle [[Chemische Verbindung|chemischen Verbindungen]] bezeichnet, die einen [[bitter]]en [[Geschmack (Sinneseindruck)|Geschmack]] aufweisen.
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Bitterstoffe sind keine chemisch einheitliche Gruppe, sondern zeichnen sich nur dadurch aus, dass sie bitter schmecken. Sie steigern die [[Magensaft|Magen-]] und [[Gallensaft]]sekretion und wirken damit appetitanregend und verdauungsfördernd.
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! Strukturformeln einiger Bitterstoffe
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| [[Datei:Cucurbitacin-E.svg|305px|Strukturformel von Cucurbitacin E]]<br /> [[Wikipedia:Cucurbitacine|Cucurbitacin E]]  <br /> Gift in Gurkenpflanzen <br/> und Kürbissen
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| [[Datei:Koffein - Caffeine.svg|150px|Strukturformel von Koffein]]<br /> [[Wikipedia:Koffein|Koffein]]   <br /> Stimulans in Kaffee und Tee
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Chemisch betrachtet finden sich Bitterstoffe oft unter folgenden Stoffgruppen:
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Als '''Bitterstoffe''' werden alle [[Wikipedia:Chemische Verbindung|chemischen Verbindungen]] bezeichnet, die durch Aktivierung von [[Wikipedia:T2R|T2R]] ([[Wikipedia:G-Protein-gekoppelter Rezeptor|G-Protein-gekoppelter Rezeptor]]) einen [[Wikipedia:bitter|bitter]]en [[Wikipedia:Geschmack (Sinneseindruck)|Geschmack]] aufweisen. Sie können sowohl aus der [[Wikipedia:Naturstoff|Natur]] kommen als auch synthetisch hergestellt werden.  Bitterstoffe sind keine chemisch einheitliche Gruppe, sondern zeichnen sich nur dadurch aus, dass sie bitter schmecken.
* [[Glycosid]]e
 
* [[Isoprenoide]]
 
* [[Alkaloide]]
 
  
Einige Beispiele für Bitterstoffe:
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Bitterstoffe steigern [[Wikipedia:Reflex|reflektorisch]] die [[Wikipedia:Magensaft|Magen-]] und [[Wikipedia:Gallensaft|Gallensaft]]sekretion und wirken daher appetitanregend und verdauungsfördernd. Viele sind allerdings giftig, sodass sie aus vielen Pflanzen herausgezüchtet wurden, um diese überhaupt genießbar zu machen.<ref name="Maid">{{Literatur |Autor=Udo Maid-Kohnert |Titel=Bitterstoffe |Hrsg=|Sammelwerk=Lexikon der Ernährung in drei Bänden|Band=1. A bis Fettk. |Verlag=Spektrum akademischer Verlag  |Ort=Heidelberg |Datum=2001 |ISBN=3-8274-0444-4|Seiten=179 }}</ref>
* [[Lactucopikrin]] kommt in der [[Gemeine Wegwarte|Gemeinen Wegwarte]] und allen [[Lattiche]]n vor.
 
* [[Cynarin]] kommt in [[Artischocke]]n vor.
 
* [[Glucosinolate]] kommen im [[Rüböl]] vor.
 
* [[Lactucin]] kommt in [[Eisbergsalat]] vor.
 
* [[Prämarrubiin]] und [[Marrubiin]]
 
* [[Naringin]] in [[Grapefruit]]s und [[Pomelo]]s
 
  
== Vorkommen ==
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==Vorkommen und Bedeutung==
Natürliche Bitterstoffe kommen in zahlreichen Pflanzen vor, auch solchen, die als [[Heilpflanze]]n verwendet werden: z. B. [[Andorn]], [[Engelwurz]], [[Gewöhnlicher Löwenzahn|Löwenzahn]], [[Enziane|Enzian]], [[Gänseblümchen]], [[Hopfen]], [[Schafgarbe]], [[Tausendgüldenkraut]], [[Wermutkraut|Wermut]], [[Olivenblatt]].
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[[Datei:Citrus × aurantium.jpg|mini|200px|links|[[Wikipedia:Bitterorange|Bitterorange]] (Pommeranze) verdankt ihren Namen den Bitterstoffen]]
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Bitterstoffe kommen natürlicherweise in fast allen Pflanzen vor. Für einige Pflanzen, wie [[Wikipedia:Bittermandel|Bittermandel]]n oder [[Wikipedia:Bitterorange|Bitterorange]]n sind sie sogar namensgebend. Oft wirken sie für die Pflanze als [[Wikipedia:Fraßgift|Schutz gegen Fraßfeinde]], für die der Geschmack ungenießbar ist. In vielen kultivierten Gemüsesorten wurde der Gehalt durch Züchtung reduziert, um sie genießbar zu machen,<ref name="Maid"></ref> wohingegen in Wildpflanzen<ref name="Mattissek">{{Literatur |Autor=Reinhard Matissek |Titel=Unverträglichkeitsreaktionen/Allergien gegen Lebensmittel |Hrsg=Reinhard Matissek & Werner Baltes|Sammelwerk=Lebensmittelchemie |Auflage= 8. Auflage |Kapitel=20 |Verlag=Springer Spektrum  |Ort=Berlin |Datum=2016 |ISBN=978-3-662-47111-1 |Seiten=579 }}</ref> oder älteren Sorten<ref name="Schling">{{Literatur |Autor=Petra Schling |Titel=Der Geschmack – Von Genen, Molekülen und der faszinierenden Biologie eines der grundlegendsten Sinne |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Wiesbaden |Datum=2019 |ISBN=978-3-658-25213-7  |DOI=10.1007/978-3-658-25214-4 |Seiten=15-19}}</ref> oft noch hohe Gehalte an Bitterstoffen vorhanden sind. Im Gegenzug ist der bittere Geschmack ein natürlicher Schutz vor Giftstoffen, da diese oftmals bitter schmecken.<ref name="Schling"></ref><ref>{{Literatur |Autor=Werner A. Müller, Stephan Frings & Frank Möhrlen |Titel=Tier- und Humanphysiologie – Eine Einführung |Auflage=6. |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Wiesbaden |Kapitel=20 (Chemische Sinne) |Datum=2019 |ISBN= 978-3-662-58461-3 |DOI=10.1007/978-3-662-58462-0 |Seiten=473-493}}</ref>
  
== Wirkung ==
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Darüber hinaus gibt es auch synthetische Bitterstoffe. Beispiele dafür sind [[Wikipedia:Denatoniumbenzoat|Denatoniumbenzoat]], der bislang bitterste bekannte Stoff überhaupt, und [[Wikipedia:Phenylthiocarbamid|Phenylthiocarbamid]].<ref name="Schling"></ref>
Entsprechend den verschiedenartigen chemischen Strukturen, die Bitterstoffe besitzen, werden zahlreiche verschiedene Wirkungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Substanz festgestellt.
 
  
Traditionell werden Bitterstoffe vor allem bei Magen-Darm-Beschwerden angewandt. Sie wirken appetitanregend z. B. in der [[Rekonvaleszenz]], fördern die Verdauung – vor allem die Fettverdauung – und regen die [[Darmperistaltik]] an. Außerdem können Bitterstoffe pathologische Keime bekämpfen. Manche Bitterstoffe wirken auch fiebersenkend.
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==Chemische Zusammensetzung==
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Bitterstoffe besitzen keine einheitliche chemische Zusammensetzung, so können die Vertreter verschiedenster Stoffgruppen bitter schmecken. Viele Bitterstoffe kommen unter anderem unter den [[Wikipedia:Alkaloide|Alkaloide]]n, [[Wikipedia:Glycoside|Glycoside]]n und [[Wikipedia:Isoprenoide|Isoprenoide]]n vor. Auch verschiedene [[Wikipedia:Stereoisomerie|Stereoisomere]] eines Stoffes können unterschiedlich schmecken, so ist die <small>L</small>-Form der Aminosäure [[Wikipedia:Tryptophan|Tryptophan]] ein Bitterstoff, während die <small>D</small>-Form ein [[Wikipedia:Süßstoff|Süßstoff]] ist.<ref name="Wölfle">{{Literatur |Autor=Ute Wölfle & Christoph M. Schempp |Titel=Bitterstoffe – von der traditionellen Verwendung bis zum Einsatz an der Haut |Sammelwerk=  ZPT – Zeitschrift für Phytotherapie |Band=39 |Datum=2018 |Seiten=210-215 |DOI=10.1055/a-0654-1711}}</ref>
  
Das Abwehrsystem des Körpers wird gestärkt. Der bittere Geschmack regt die Produktion des Magensaftes an. Das Ergebnis ist eine schnellere und bessere Verdauung. Mit einsetzender Verdauung nimmt das Hungergefühl ab. Der schwer zu überwindende Heißhunger auf Süßes wird gebremst, was derzeit von manchen Nahrungsergänzungsmitteln genutzt wird, die das Abnehmen erleichtern sollen. Die Arbeit der Bauchspeicheldrüse und damit die vermehrte Produktion von Insulin wird ebenfalls stimuliert.
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==Physiologische Wirkung==
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Bitterstoffe regen über Bitterstoffrezeptoren auf den [[Wikipedia:Geschmacksknospen|Geschmacksknospen]] per Reflex die Bildung von Speichel- und Magensaftsekretion an, was zu einer Appetiterhöhung führt. Außerdem wird im Magen das Hormon [[Wikipedia:Gastrin|Gastrin]] ausgestoßen, das Magen- und Darmbewegung sowie die Produktion von Gallen- und Pankreasflüssigkeit anregt und damit die Verdauung erleichtert und Verdauungsbeschwerden vorbeugt. Durch zu hohe Aufnahme können allerdings auch entgegengesetzte Wirkungen auftreten.<ref name="Sticher">{{Literatur |Autor=O. Sticher |Titel=Pharmakognosie – Phytopharmazie |Hrsg= R. Hänsel & O. Sticher |Auflage=9. |Verlag=Springer Medizin Verlag |Ort=Heidelberg |Datum=2010 |ISBN=978-3-642-00962-4  |Seiten=761}}</ref>
  
Substanzen, die von ihrem Geschmack unabhängige, starke pharmakologische Wirkungen haben, werden in der Regel nicht als Bitterstoffe eingesetzt.
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Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sich Bitterstoffrezeptoren auch im kompletten Verdauungstrakt und in weiteren Organen wie in der Haut und im Gehirn finden, wodurch weitere physiologische Einflüsse möglich sind.<ref name="Wölfle"></ref> Beispielsweise induzieren die Bitterstoffrezeptoren in der Haut den Aufbau der Hautbarriere.<ref name="Wölfle"></ref> Die Kollagensynthese wird angeregt, die Fibrinbildung gesteigert und die Entzündungsneigung gesenkt.
Einige Bitterstoffe wie [[Koffein]], [[Theobromin]] und andere [[psychoaktiv]]e Substanzen haben die Eigenschaft, die [[Blut-Hirn-Schranke]] passieren zu können. Ein medizinisch bedeutender Bitterstoff ist das aus Chinarinde gewonnene Alkaloid ([[Chinin]]). Das [[Cucurbitacin]] in [[Kürbisgewächse]]n (Cucurbitaceae) ist ein Beispiel für giftige Bitterstoffe. [[Zierkürbis]]se enthalten eine zu große Menge dieser Substanz, um genießbar zu sein.
 
  
== Bitterstoffdrogen ==
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Im Respirationstrakt finden sich ebenfalls Bitterstoffrezeptoren. Bakterien sondern Bitterstoffe ab, um ihre eigene Population wahrzunehmen und die Bildung von Biofilmen zu regulieren. Diese Bitterstoffe können auch durch die Lunge wahrgenommen werden und führen zu erhöhter Schleimbildung, gesteigertem Zilienschlag und Bronchodilatation. Dies dient der Immunabwehr.
Reine Bitterstoffdrogen (''Amara pura'') sind: [[Gelber Enzian]], [[Tausendgüldenkraut]], [[Fieberklee]], [[Andorn]], [[Benediktendistel]], [[Isländisches Moos]], [[Hopfen]], [[Mariendistel]], [[Gewöhnlicher Löwenzahn|Löwenzahn]], [[Condurango]].
 
  
Aromatische Bitterstoffe (''Amara aromatica'') sind in Gewürzdrogen wie [[Basilikum]], [[Bohnenkraut]], [[Rosmarin]], [[Thymian]] oder auch in [[Wermutkraut|Wermut]], [[Kalmus (Art)|Calmus]], [[ Kurkuma]], [[ Engelwurz]], [[Liebstöckel]], [[Echter Galgant|Galgant]] und in Doldenblütlern wie [[Anis]], [[Kümmel]], [[Fenchel]], [[Koriander]], [[Dill (Pflanze)|Dill]].
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In der Harnröhre führen wahrgenommene Bitterstoffe zu einer Aktivierung der Muskulatur.
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==Nutzung in der Medizin==
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In der klassischen Medizin werden Bitterstoffe zur Appetitanregung z. B. bei [[Wikipedia:Achylie|Achylie]] oder [[Wikipedia:Anorexie|Anorexie]]<ref name="KraftHobbs2011">{{cite book|author=Karin Kraft, Christopher Hobbs|title=Pocket Guide to Herbal Medicine|url=http://books.google.com/books?id=V27xb6WwziEC&pg=PA165|date=1. Januar 2011|publisher=Thieme|isbn=978-1-60406-013-3|pages=165–168}}</ref> und bei Mundtrockenheit<ref>{{cite book|author=Karin Kraft, Christopher Hobbs|title=Pocket Guide to Herbal Medicine|url=http://books.google.com/books?id=V27xb6WwziEC&pg=PA165|date=1. Januar 2011|publisher=Thieme|isbn=9781604060133|pages=164}}</ref> empfohlen.
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Substanzen, die von ihrem Geschmack unabhängige, starke pharmakologische Wirkungen haben, werden in der Regel nicht medizinisch als Bitterstoffe eingesetzt.
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Einige Bitterstoffe wie [[Wikipedia:Koffein|Koffein]], [[Wikipedia:Theobromin|Theobromin]] und andere [[Wikipedia:psychoaktiv|psychoaktiv]]e Substanzen haben die Eigenschaft, die [[Wikipedia:Blut-Hirn-Schranke|Blut-Hirn-Schranke]] passieren zu können. Ein medizinisch bedeutender Bitterstoff ist das aus [[Wikipedia:Chinarinde|Chinarinde]] gewonnene Alkaloid [[Wikipedia:Chinin|Chinin]], das zur Behandlung von Malaria eingesetzt wird.
  
[[Alkaloide]] als Bitterstoffe: [[Schöllkraut]], [[Chinarinde]].
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Bitterstoffe sollten aufgrund der physiologischen Auswirkungen nicht bei Hyperazidität des Magens, [[Wikipedia:Magengeschwür|Magengeschwür]]en, [[Wikipedia:Zwölffingerdarmgeschwür|Ulcus duodeni]] oder [[Wikipedia:Gallenstein|Gallenstein]]en zugeführt werden.<ref name="Bühring">{{Literatur |Autor=Ursel Bühring & Michaela Girsch |Titel=Praxis Heilpflanzenkunde |Verlag=Haug Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2016 |ISBN=9783132205918 |Seiten=340-343}}</ref>
  
Bitterstoffdrogen sind nicht chemisch definiert, sie können also ganz unterschiedliche Zusammensetzungen haben.
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=== Bitterstoffverständnis der Anthroposophischen Medizin ===
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Bitterstoffgenuss regt die Verdauungstätigkeit, vor allem im unteren Verdauungstrakt an. Galle schmeckt bitter und ist nötig für die Fettverdauung. Zucker werden bereits im Mund zersetzt, Proteine im Magen, die Fettverdauung findet am tiefsten, im Darm statt. Der Astralleib in seiner abbauenden Tätigkeit wird durch das Bittere nach unten in den Verdauungstrakt gezogen, der Stoffwechselpol (s. Dreigliederung) wird gestärkt.
  
== Geschichte ==
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===Pflanzenheilkunde===
In den Rezepten von mittelalterlichen Autoren wie [[Hildegard von Bingen]] oder [[Leonhart Fuchs]] übernehmen heimische Bitterkräuter eine für die Verdauung wichtige natürliche Anregung und Regulation. Das Gemüse früherer Zeiten war wesentlich reicher an Bitterstoffen, denn aus „modernen“ Gemüsesorten und anderen Nahrungsmitteln ist zugunsten eines „angenehmeren“, süßeren Geschmacks der Großteil der Bitterstoffe herausgezüchtet worden.
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Schon in den Rezepten von antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Autoren wie [[Hippokrates]], [[Hildegard von Bingen]] oder [[Wikipedia:Leonhart Fuchs|Leonhart Fuchs]] werden heimische Bitterkräuter gegen verschiedene innere Leiden empfohlen.<ref name="Wölfle"></ref> Heute basiert ein Drittel aller pflanzlichen Heilmittel auf bitteren Zutaten.
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Bitterstoffdrogen (''Amara'') sind [[Heilpflanze]]n, bei denen die Wirkung der Bitterstoffe im Vordergrund steht. Diese werden in vier Klassen eingeteilt.<ref name="Bühring"></ref>
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Bei reinen Bitterstoffdrogen (''Amara pura'') steht die Bitterwirkung allein im Vordergrund.<ref name="Bühring" /> Beispiele dafür sind: [[Gelber Enzian|Enzian]], [[Wikipedia:Artischocke|Artischocke]], [[Wikipedia:Tausendgüldenkraut|Tausendgüldenkraut]] und [[Gewöhnlicher Löwenzahn|Löwenzahn]].
  
== Standardisierung ==
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Aromatische Bitterstoffe (''Amara aromatica'') enthalten neben Bittermitteln auch ätherische Öle.<ref name="Bühring" /> Beispiele sind: [[Wikipedia:Hopfen|Hopfen]], Bitterorange, [[Wermutkraut|Wermut]] und [[Wikipedia:Engelwurz|Engelwurz]].
Die „Bitterkeit“ ist eine nicht objektiv messbare Eigenschaft der genannten Stoffe. Zur Abstufung und [[quantitativ|quantitativen]] Beschreibung dient ihr [[Bitterwert]], der pharmazeutisch als der reziproke Wert derjenigen Konzentration, die gerade noch als bitter wahrgenommen wird, definiert ist. Der Bitterwert wird mit einer Geschmacksprüfung im Vergleich zu einer Verdünnungsreihe von [[Chinin]]hydrochlorid ermittelt.
 
  
Die bitterste'' natürliche'' Substanz der Welt ist [[Amarogentin]], ein Bitterstoff, der aus der [[Enziane|Enzianwurzel]] gewonnen wird. Amarogentin ist auch in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen noch deutlich wahrnehmbar.<ref name="Amarogentin">{{cite web | url = http://www.dife.de/de/index.php?request=/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen.php | title = Geschmackssensoren für die bitterste natürliche Substanz der Welt identifiziert | accessdate = 2009-10-15 | publisher = [[Deutsches Institut für Ernährungsforschung]] (Pressemitteilung)|offline=ja}}</ref>
+
Daneben gibt es noch Bitterstoffdrogen, die auch Scharfstoffe enthalten (''Amara acria'') wie zum Beispiel [[Wikipedia:Ingwer|Ingwer]] oder [[Wikipedia:Galgant|Galgant]] und solche, die Schleimstoffe enthalten (''Amara mucilacinosa'') wie etwa [[Wikipedia:Isländisch Moos|Isländisch Moos]].<ref name="Bühring" />
  
Die am bittersten schmeckende Substanz, die man heute überhaupt kennt, ist [[Denatoniumbenzoat]], ein ''synthetisches'' Derivat von [[Lidocain]].<ref name="Denatoniumbenzoat_Willmes">Arnold Willmes: ''[http://books.google.de/books?id=g3tqnID9TGYC&pg=PA8&lpg=PA8&dq=Denatoniumbenzoat,+bitterste+substanz&source=bl&ots=7Abmqm41zq&sig=f18spRuYBoSPVtBFUAVWslTjZgQ&hl=de&ei=dD_XSs_JOJaKngO2oKH1Bg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=7&ved=0CBQQ6AEwBg#v=onepage&q=Denatoniumbenzoat%2C%20bitterste%20substanz&f=false Taschenbuch chemische Substanzen.]'' Verlag Harri Deutsch, 2007, ISBN 978-3-8171-1787-1, S. 8</ref> Denatoniumbenzoat wird unter dem Handelsnamen ''Bitrex'' vertrieben und dient der [[Vergällung]] von Ethanol, so dass der Alkohol nicht mehr für den menschlichen Genuss geeignet ist. Bitrex wird darüber hinaus dazu verwendet, um versehentliches Verschlucken von gesundheitsschädlichen Flüssigkeiten, z. B. [[Methanol]], [[Lösungsmittel]]n, [[Reinigungsmittel]]n, [[Shampoo]]s, durch Kleinkinder zu unterbinden.
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Allgemein werden sie bei verschieden [[Wikipedia:Somatoforme Störung|somaotoformen Störungen]] wie Stress, Müdigkeit oder Erschöpfung eingesetzt und ihnen wird eine antidepressive Wirkung sowie eine allgemeine kräftigende Wirkung nachgesagt.<ref name="Saller">{{Literatur |Autor=Reinhard Saller, Jörg Melzer, Bernhard Uehleke & Matthias Rostock |Titel=Phytotherapeutische Bittermittel |Sammelwerk=Schweizer Zeitschrift für ganzheitliche Medizin |Band=21 |Nummer=4 |Datum=2009 |Seiten=200-205 |DOI=10.1159/000287223 }}</ref><ref name="Wölfle"></ref> Deshalb sind sie häufig als [[Wikipedia:Tinktur|Tinktur]] oder Teezubereitung in frei verkäuflichen „[[Wikipedia:Tonikum|Tonika]]“ (Kräftigungsmitteln) oder [[Wikipedia:Geriatrika|Geriatrika]] enthalten.<ref name="Brenke2008">{{cite book|author=Rainer Brenke|title=Naturheilverfahren: Leitfaden für die ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung|url=http://books.google.com/books?id=Jf8-RKnbLF8C&pg=PA239|year=2008|publisher=Schattauer Verlag|isbn=978-3-7945-2615-4|pages=239}}</ref> Eine mögliche wissenschaftliche Erklärung für die allgemeinen positiven Effekte sind die Bitterstoffrezeptoren im Darmbereich. Diese könnten zu Rückwirkungen auf das [[Wikipedia:ZNS|ZNS]] und das [[Wikipedia:Vegetatives Nervensystem|Vegetative Nervensystem]] führen.<ref name="Saller"></ref>
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<gallery mode="packed" caption="Bilder einiger Bitterstoffdrogen">
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Datei:Gentiana lutea 090705.jpg|Gelber Enzian
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Datei:Loewenzahn 271406.jpg|Löwenzahn
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Datei:Daisies-Focus.jpg|Gänseblümchen
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Datei:Artemisia-absinthium.JPG|Wermut
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Datei:Menyanthes trifoliata Spechtensee 01.JPG|Fieberklee
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Datei:Wiki Hopfen.JPG|Hopfen
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</gallery>
  
== Literatur ==
+
==Weitere Anwendungen==
* Rudolf Hänsel, Otto Sticher: ''Pharmakognosie – Phytopharmazie''. 8. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg/Berlin 2007, ISBN 3540342567.
+
Der künstliche Bitterstoff Denatoniumbenzoat wird für die [[Wikipedia:Vergällung|Vergällung]] von Alkohol und zahlreiche weiteren Flüssigkeiten, die beim Verschlucken insbesondere für Kinder gefährlich sind, genutzt. Beispiele dafür sind [[Wikipedia:Methanol|Methanol]], [[Wikipedia:Lösungsmittel|Lösungsmittel]], [[Wikipedia:Reinigungsmittel|Reinigungsmittel]] oder Shampoos. Außerdem wird es in Lacken verwendet, die das Fingernägelkauen verhindern sollen.<ref>{{RömppOnline |Name=Denatonium-Salze |Datum=22. November 2019 |ID=RD-04-03995 }}</ref>
* Hans Funke: ''Die Welt der Heilpflanzen. Wirkstoffe''. ISBN 3790503118.
 
* Mannfried Pahlow: ''Heilpflanzen''. Edel, Hamburg 2002, ISBN 3811817477.
 
  
== Einzelnachweise ==
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Von manchen Nahrungsergänzungsmitteln werden Bitterstoffe genutzt, welche das Abnehmen erleichtern sollen, indem sie den Heißhunger auf süßes reduzieren sollen.
<references/>
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==Standardisierung==
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Die „Bitterkeit“ ist eine nicht objektiv messbare Eigenschaft der genannten Stoffe. Zur Abstufung und [[Wikipedia:quantitativ|quantitativ]]en Beschreibung dient ihr [[Wikipedia:Bitterwert|Bitterwert]], der pharmazeutisch als der reziproke Wert derjenigen Konzentration, die gerade noch als bitter wahrgenommen wird, definiert ist. Der Bitterwert wird mit einer Geschmacksprüfung im Vergleich zu einer Verdünnungsreihe von [[Wikipedia:Chinin|Chinin]]hydrochlorid ermittelt.
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Die bitterste'' natürliche'' Substanz der Welt ist [[Wikipedia:Amarogentin|Amarogentin]], ein Bitterstoff, der aus der [[Wikipedia:Enziane|Enzianwurzel]] gewonnen wird. Amarogentin ist auch in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen noch deutlich wahrnehmbar.<ref name="Amarogentin">{{cite web | url = http://www.dife.de/presse/pressemitteilungen/?id=1103&highlight=geschmackssensoren+f%C3%BCr+die+bitterste+nat%C3%BCrliche+substanz+der+welt+identifiziert | title = Geschmackssensoren für die bitterste natürliche Substanz der Welt identifiziert | accessdate = 2009-10-15 | publisher = [[Wikipedia:Deutsches Institut für Ernährungsforschung|Deutsches Institut für Ernährungsforschung]] (Pressemitteilung)}}</ref>
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==Literatur==
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*Rudolf Hänsel, Otto Sticher (Hrsg.); Ernst Steinegger (Begründer): ''Pharmakognosie – Phytopharmazie''. 8. Auflage. Springer, Heidelberg / Berlin 2007, ISBN 978-3-540-34256-4.
 +
*Hans Funke: ''Die Welt der Heilpflanzen.'' Band 1: ''Wirkstoffe''. Pflaum, München 1980, ISBN 3-7905-0311-8.
 +
*Mannfried Pahlow: ''Heilpflanzen''. Edel, Hamburg 2002, ISBN 3-8118-1747-7.
 +
*Gertrud Olbrich: ''Über die Verwendung von bitterstoffhaltigen Heilpflanzen als Fiebermittel in der Medizin der Kräuterbücher des 15.-17. Jahrhunderts und in der Volksmedizin'', Leipzig 1948, {{DNB|481736859}} (Dissertation Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, 8. Juli 1948, 66 Seiten).
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==Einzelnachweise==
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<references />
  
 
{{Gesundheitshinweis}}
 
{{Gesundheitshinweis}}
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{{QuelleWikipedia|datum=18. December 2019|oldid=195009233|oldid-lokal=16556|geschichte=true}}
  
 
[[Kategorie:Chemikaliengruppe]]
 
[[Kategorie:Chemikaliengruppe]]
 
[[Kategorie:Schmecken]]
 
[[Kategorie:Schmecken]]

Aktuelle Version vom 18. April 2022, 12:47 Uhr

Strukturformeln einiger Bitterstoffe
Strukturformel von Chinin
Chinin
Ein Wirkstoff gegen Malaria
Strukturformel von Humulon
Humulon
Kommt in Hopfen und Bier vor
Strukturformel von Cucurbitacin E
Cucurbitacin E
Gift in Gurkenpflanzen
und Kürbissen
Strukturformel von Koffein
Koffein
Stimulans in Kaffee und Tee

Als Bitterstoffe werden alle chemischen Verbindungen bezeichnet, die durch Aktivierung von T2R (G-Protein-gekoppelter Rezeptor) einen bitteren Geschmack aufweisen. Sie können sowohl aus der Natur kommen als auch synthetisch hergestellt werden. Bitterstoffe sind keine chemisch einheitliche Gruppe, sondern zeichnen sich nur dadurch aus, dass sie bitter schmecken.

Bitterstoffe steigern reflektorisch die Magen- und Gallensaftsekretion und wirken daher appetitanregend und verdauungsfördernd. Viele sind allerdings giftig, sodass sie aus vielen Pflanzen herausgezüchtet wurden, um diese überhaupt genießbar zu machen.[1]

Vorkommen und Bedeutung

Bitterorange (Pommeranze) verdankt ihren Namen den Bitterstoffen

Bitterstoffe kommen natürlicherweise in fast allen Pflanzen vor. Für einige Pflanzen, wie Bittermandeln oder Bitterorangen sind sie sogar namensgebend. Oft wirken sie für die Pflanze als Schutz gegen Fraßfeinde, für die der Geschmack ungenießbar ist. In vielen kultivierten Gemüsesorten wurde der Gehalt durch Züchtung reduziert, um sie genießbar zu machen,[1] wohingegen in Wildpflanzen[2] oder älteren Sorten[3] oft noch hohe Gehalte an Bitterstoffen vorhanden sind. Im Gegenzug ist der bittere Geschmack ein natürlicher Schutz vor Giftstoffen, da diese oftmals bitter schmecken.[3][4]

Darüber hinaus gibt es auch synthetische Bitterstoffe. Beispiele dafür sind Denatoniumbenzoat, der bislang bitterste bekannte Stoff überhaupt, und Phenylthiocarbamid.[3]

Chemische Zusammensetzung

Bitterstoffe besitzen keine einheitliche chemische Zusammensetzung, so können die Vertreter verschiedenster Stoffgruppen bitter schmecken. Viele Bitterstoffe kommen unter anderem unter den Alkaloiden, Glycosiden und Isoprenoiden vor. Auch verschiedene Stereoisomere eines Stoffes können unterschiedlich schmecken, so ist die L-Form der Aminosäure Tryptophan ein Bitterstoff, während die D-Form ein Süßstoff ist.[5]

Physiologische Wirkung

Bitterstoffe regen über Bitterstoffrezeptoren auf den Geschmacksknospen per Reflex die Bildung von Speichel- und Magensaftsekretion an, was zu einer Appetiterhöhung führt. Außerdem wird im Magen das Hormon Gastrin ausgestoßen, das Magen- und Darmbewegung sowie die Produktion von Gallen- und Pankreasflüssigkeit anregt und damit die Verdauung erleichtert und Verdauungsbeschwerden vorbeugt. Durch zu hohe Aufnahme können allerdings auch entgegengesetzte Wirkungen auftreten.[6]

Seit wenigen Jahren ist bekannt, dass sich Bitterstoffrezeptoren auch im kompletten Verdauungstrakt und in weiteren Organen wie in der Haut und im Gehirn finden, wodurch weitere physiologische Einflüsse möglich sind.[5] Beispielsweise induzieren die Bitterstoffrezeptoren in der Haut den Aufbau der Hautbarriere.[5] Die Kollagensynthese wird angeregt, die Fibrinbildung gesteigert und die Entzündungsneigung gesenkt.

Im Respirationstrakt finden sich ebenfalls Bitterstoffrezeptoren. Bakterien sondern Bitterstoffe ab, um ihre eigene Population wahrzunehmen und die Bildung von Biofilmen zu regulieren. Diese Bitterstoffe können auch durch die Lunge wahrgenommen werden und führen zu erhöhter Schleimbildung, gesteigertem Zilienschlag und Bronchodilatation. Dies dient der Immunabwehr.

In der Harnröhre führen wahrgenommene Bitterstoffe zu einer Aktivierung der Muskulatur.

Nutzung in der Medizin

In der klassischen Medizin werden Bitterstoffe zur Appetitanregung z. B. bei Achylie oder Anorexie[7] und bei Mundtrockenheit[8] empfohlen. Substanzen, die von ihrem Geschmack unabhängige, starke pharmakologische Wirkungen haben, werden in der Regel nicht medizinisch als Bitterstoffe eingesetzt. Einige Bitterstoffe wie Koffein, Theobromin und andere psychoaktive Substanzen haben die Eigenschaft, die Blut-Hirn-Schranke passieren zu können. Ein medizinisch bedeutender Bitterstoff ist das aus Chinarinde gewonnene Alkaloid Chinin, das zur Behandlung von Malaria eingesetzt wird.

Bitterstoffe sollten aufgrund der physiologischen Auswirkungen nicht bei Hyperazidität des Magens, Magengeschwüren, Ulcus duodeni oder Gallensteinen zugeführt werden.[9]

Bitterstoffverständnis der Anthroposophischen Medizin

Bitterstoffgenuss regt die Verdauungstätigkeit, vor allem im unteren Verdauungstrakt an. Galle schmeckt bitter und ist nötig für die Fettverdauung. Zucker werden bereits im Mund zersetzt, Proteine im Magen, die Fettverdauung findet am tiefsten, im Darm statt. Der Astralleib in seiner abbauenden Tätigkeit wird durch das Bittere nach unten in den Verdauungstrakt gezogen, der Stoffwechselpol (s. Dreigliederung) wird gestärkt.

Pflanzenheilkunde

Schon in den Rezepten von antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Autoren wie Hippokrates, Hildegard von Bingen oder Leonhart Fuchs werden heimische Bitterkräuter gegen verschiedene innere Leiden empfohlen.[5] Heute basiert ein Drittel aller pflanzlichen Heilmittel auf bitteren Zutaten. Bitterstoffdrogen (Amara) sind Heilpflanzen, bei denen die Wirkung der Bitterstoffe im Vordergrund steht. Diese werden in vier Klassen eingeteilt.[9] Bei reinen Bitterstoffdrogen (Amara pura) steht die Bitterwirkung allein im Vordergrund.[9] Beispiele dafür sind: Enzian, Artischocke, Tausendgüldenkraut und Löwenzahn.

Aromatische Bitterstoffe (Amara aromatica) enthalten neben Bittermitteln auch ätherische Öle.[9] Beispiele sind: Hopfen, Bitterorange, Wermut und Engelwurz.

Daneben gibt es noch Bitterstoffdrogen, die auch Scharfstoffe enthalten (Amara acria) wie zum Beispiel Ingwer oder Galgant und solche, die Schleimstoffe enthalten (Amara mucilacinosa) wie etwa Isländisch Moos.[9]

Allgemein werden sie bei verschieden somaotoformen Störungen wie Stress, Müdigkeit oder Erschöpfung eingesetzt und ihnen wird eine antidepressive Wirkung sowie eine allgemeine kräftigende Wirkung nachgesagt.[10][5] Deshalb sind sie häufig als Tinktur oder Teezubereitung in frei verkäuflichen „Tonika“ (Kräftigungsmitteln) oder Geriatrika enthalten.[11] Eine mögliche wissenschaftliche Erklärung für die allgemeinen positiven Effekte sind die Bitterstoffrezeptoren im Darmbereich. Diese könnten zu Rückwirkungen auf das ZNS und das Vegetative Nervensystem führen.[10]

Weitere Anwendungen

Der künstliche Bitterstoff Denatoniumbenzoat wird für die Vergällung von Alkohol und zahlreiche weiteren Flüssigkeiten, die beim Verschlucken insbesondere für Kinder gefährlich sind, genutzt. Beispiele dafür sind Methanol, Lösungsmittel, Reinigungsmittel oder Shampoos. Außerdem wird es in Lacken verwendet, die das Fingernägelkauen verhindern sollen.[12]

Von manchen Nahrungsergänzungsmitteln werden Bitterstoffe genutzt, welche das Abnehmen erleichtern sollen, indem sie den Heißhunger auf süßes reduzieren sollen.

Standardisierung

Die „Bitterkeit“ ist eine nicht objektiv messbare Eigenschaft der genannten Stoffe. Zur Abstufung und quantitativen Beschreibung dient ihr Bitterwert, der pharmazeutisch als der reziproke Wert derjenigen Konzentration, die gerade noch als bitter wahrgenommen wird, definiert ist. Der Bitterwert wird mit einer Geschmacksprüfung im Vergleich zu einer Verdünnungsreihe von Chininhydrochlorid ermittelt.

Die bitterste natürliche Substanz der Welt ist Amarogentin, ein Bitterstoff, der aus der Enzianwurzel gewonnen wird. Amarogentin ist auch in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen noch deutlich wahrnehmbar.[13]

Literatur

  • Rudolf Hänsel, Otto Sticher (Hrsg.); Ernst Steinegger (Begründer): Pharmakognosie – Phytopharmazie. 8. Auflage. Springer, Heidelberg / Berlin 2007, ISBN 978-3-540-34256-4.
  • Hans Funke: Die Welt der Heilpflanzen. Band 1: Wirkstoffe. Pflaum, München 1980, ISBN 3-7905-0311-8.
  • Mannfried Pahlow: Heilpflanzen. Edel, Hamburg 2002, ISBN 3-8118-1747-7.
  • Gertrud Olbrich: Über die Verwendung von bitterstoffhaltigen Heilpflanzen als Fiebermittel in der Medizin der Kräuterbücher des 15.-17. Jahrhunderts und in der Volksmedizin, Leipzig 1948, DNB 481736859 (Dissertation Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, 8. Juli 1948, 66 Seiten).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Udo Maid-Kohnert: Bitterstoffe. In: Lexikon der Ernährung in drei Bänden. 1. A bis Fettk. Spektrum akademischer Verlag, Heidelberg 2001, ISBN  3-8274-0444-4, S. 179.
  2. Reinhard Matissek: Unverträglichkeitsreaktionen/Allergien gegen Lebensmittel. In: Reinhard Matissek & Werner Baltes (Hrsg.): Lebensmittelchemie. 8. Auflage. Springer Spektrum, Berlin 2016, ISBN  978-3-662-47111-1, Kap. 20, S. 579.
  3. 3,0 3,1 3,2 Petra Schling: Der Geschmack – Von Genen, Molekülen und der faszinierenden Biologie eines der grundlegendsten Sinne. Springer Spektrum, Wiesbaden 2019, ISBN  978-3-658-25213-7, S. 15–19, doi:10.1007/978-3-658-25214-4.
  4. Werner A. Müller, Stephan Frings & Frank Möhrlen: Tier- und Humanphysiologie – Eine Einführung. 6. Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden 2019, ISBN  978-3-662-58461-3, 20 (Chemische Sinne), S. 473–493, doi:10.1007/978-3-662-58462-0.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Ute Wölfle & Christoph M. Schempp: Bitterstoe – von der traditionellen Verwendung bis zum Einsatz an der Haut. In: ZPT – Zeitschrift für Phytotherapie. Band 39, 2018, S. 210–215, doi:10.1055/a-0654-1711.
  6. O. Sticher: Pharmakognosie – Phytopharmazie. Hrsg.: R. Hänsel & O. Sticher. 9. Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2010, ISBN  978-3-642-00962-4, S. 761.
  7. Karin Kraft, Christopher Hobbs: Pocket Guide to Herbal Medicine. Thieme, 1. Januar 2011, ISBN 978-1-60406-013-3, S. 165–168.
  8. Karin Kraft, Christopher Hobbs: Pocket Guide to Herbal Medicine. Thieme, 1. Januar 2011, ISBN 9781604060133, S. 164.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 9,4 Ursel Bühring & Michaela Girsch: Praxis Heilpflanzenkunde. Haug Verlag, Stuttgart 2016, ISBN  978-3-13-220591-8, S. 340–343.
  10. 10,0 10,1 Reinhard Saller, Jörg Melzer, Bernhard Uehleke & Matthias Rostock: Phytotherapeutische Bittermittel. In: Schweizer Zeitschrift für ganzheitliche Medizin. Band 21, Nr. 4, 2009, S. 200–205, doi:10.1159/000287223.
  11. Rainer Brenke: Naturheilverfahren: Leitfaden für die ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2615-4, S. 239.
  12. Eintrag zu Denatonium-Salze. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 22. November 2019.
  13. Geschmackssensoren für die bitterste natürliche Substanz der Welt identifiziert. Deutsches Institut für Ernährungsforschung (Pressemitteilung). Abgerufen am 15. Oktober 2009.
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