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Gelber Enzian
Gelber Enzian
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Gentiana lutea | ||||||||||||
L. |
Der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Enziane (Gentiana) innerhalb der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae). Er ist in den Gebirgen Europas und der Türkei weitverbreitet.
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Der Gelbe Enzian ist eine graugrüne, kräftige, ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 50 bis 150 Zentimetern erreicht. Dieser Rhizomgeophyt blüht erstmals mit zehn Jahren, kann aber 40 bis 60 Jahre alt werden. Als Überdauerungsorgan wird ein kräftiges, bis armdickes Rhizom gebildet. Die Hauptwurzel besitzt an älteren Pflanzen Längen bis zu 1 Meter und Durchmesser von 3 bis 5 Zentimeter. Die oberirdischen Pflanzenteile sind durch Haare (Trichome) etwas matt glänzend.
Anfangs wird eine grundständige Blattrosette gebildet. Die kreuzgegenständig angeordneten Laubblätter sind einfach, bis zu 30 Zentimeter lang, bis 15 Zentimeter breit, im oberen Bereich ungestielt und im unteren Bereich kurz gestielt. Die Blattspreiten sind eiförmig bis elliptisch mit fünf bis sieben kräftigen, bogenförmigen Nerven.
Generative Merkmale
In den Achseln der Hochblätter stehen je drei bis dreizehn Blüten in trugdoldigen Teilblütenständen zusammen. Der Blütenstiel ist relativ lang. Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die Blüten sind im Vergleich zu anderen Enzian-Arten sehr einfach gebaut. Die fünf häutigen Kelchblätter sind blass-gelb. Die fünf Kronblätter sind nur an ihrer Basis verwachsen und goldgelb. Die Staubblätter sind fast so lang wie die Kronblätter, mit großen Staubbeuteln. Auf dem oberständigen Fruchtknoten sitzt ein kurzer Griffel, der in einer zweiteiligen Narbe endet.
Die bis gut 1,3 Meter hohen, steifen Fruchtstände mit oben bis zu 150 aufwärts gerichteten zweispaltigen Fruchtkapseln in bis zu 6 "Etagen" ragen als Wintersteher oft über die Schneedecke hinaus.
Die knapp 6 Zentimeter lange, fachspaltige, windstreuende Kapselfrucht enthält bis zu 100 bräunliche, abgeflachte, elliptische bis rundliche, schmal häutig geflügelte Samen. Die schmalen Flügel umringen den Samen median. Die Samen sind etwa 0,5 mm dick, ca. 3–4 mm lang und 2,5–3 mm breit (mit Flügeln), die Flügel sind nur etwa 0,5 mm breit. Die geflügelten Samen breiten sich als Gleitflieger und Adhäsionshafter aus. Jeder fruchtende Trieb einer Pflanze erzeugt etwa 10.000 Samen. Fruchtreife ist von September bis Oktober. Die Samen sind Licht- und Kältekeimer. Die Tausendkornmasse beträgt ca. 1,0–1,3 Gramm.[1][2][3]
Chromosomenzahl
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 40.[4] Auch die Unterarten Gentiana lutea subsp. lutea und subsp. symphyandra haben die Chromosomenzahl 2n = 40.[5]
Verwechslungsmöglichkeit
Nicht blühend ist der Gelbe Enzian leicht mit dem sehr stark giftigen Weißen Germer zu verwechseln, dessen ebenfalls bogennervige und graugrüne Blätter aber nicht kreuzgegenständig, sondern (dreizeilig) wechselständig angeordnet sind.
Ökologie
Der Gelbe Enzian ist ein Geophyt oder ein Hemikryptophyt. Die miteinander verwachsenen Blattscheiden bilden nach Regenfällen mit Wasser gefüllte „Zisternen“. Die ausdauernde, fleischig verdickte Speicherwurzel kann bis zu 60 Jahre alt und dann armdick und meterlang werden.
Die Blüten sind durch Carotinoide gelb. Blütenökologisch handelt es sich um „Nektar führende Scheibenblumen“. Der Nektar wird offen dargeboten. Fremdbestäubung erfolgt durch verschiedene Insekten, z. B. durch Fliegen, Faltenwespen und Hummeln. Auch Selbstbestäubung ist möglich. Die Blühreife eines Exemplares wird erst etwa ab dem 10. Jahr erreicht. Die Blütezeit reicht von Juni bis August.
Vorkommen
Der Gelbe Enzian ist in den Alpen und anderen Gebirgen Mittel- und Südeuropas verbreitet. Es gibt Fundortangaben für Portugal, Spanien, Frankreich, Deutschland, Österreich, die Schweiz, Italien, Slowenien, Serbien, Kroatien, Bulgarien, Rumänien, Albanien, Griechenland, die Türkei, die Republik Moldau und die Ukraine.[6] In Deutschland kommt er beispielsweise im Schwarzwald auf dem Feldberg und dem Hohen Randen vor, besonders verbreitet aber auf der Schwäbischen Alb.
Der Gelbe Enzian galt als kalkliebend, wächst aber auch auf kristallinem Gestein (Schwarzwald) und bevorzugt Weiden-, Block- und Karflure von der Tallage bis in Höhenlagen von 2500 Metern, die wenigstens zeitweise feucht und locker sind. Er kommt in Mitteleuropa in größeren Höhenlagen vor in Gesellschaften des Verbandes Nardion, des Calamagrostion arundinaceae-Verbands, auch im Verband Erico-Pinion und in der Ordnung der Seslerietalia albicantis.[4] In niedrigen Höhenlagen findet man ihn in Gesellschaften des Mesobromion- und des Verbandes Geranion sanguinei.[4] In den Allgäuer Alpen steigt er im Tiroler Teil zwischen Jöchelspitze und Mutte in Höhenlagen von bis zu 2100 Meter auf.[7]
Gentiana lutea ist derzeit noch geschützt durch die Bundesartenschutzverordnung, Anlage 1. Geschützt sind 'Wild'vorkommen (Fussnote 8 der Anlage). Allerdings kann er sich aufgrund seiner reichlichen Produktion leicht verwehbarer Samen auf Weidflächen auch zur Plage entwickeln, denn das Nutzvieh meidet ihn.
Systematik
Die Erstveröffentlichung von Gentiana lutea erfolgte 1753 durch Carl von Linné.[6] Ein Synonym von Gentiana lutea L. ist Gentiana lutea subsp. aurantiaca M.Laínz[8]
Von Gentiana lutea gibt es etwa vier Unterarten:[8]
- Gentiana lutea L. subsp. lutea: Sie findet in den Alpen ihr Optimum in Gesellschaften des Verbands Seslerion variae.[9]
- Gentiana lutea subsp. montserratii (Greuter) A.M.Romo I Diez (Syn.: Gentiana montserratii Greuter, Gentiana lutea subsp. montserratii O.Bolòs & Vigo): Sie kommt nur in Spanien vor.[8]
- Gentiana lutea subsp. symphyandra (Murb.) Hayek (Syn.: Gentiana lutea var. symphyandra Murb., Gentiana symphyandra Murb.): Sie kommt in Italien, Österreich, Liechtenstein, Slowenien, Bulgarien, im ehemaligen Jugoslawien und in der Türkei vor.[8] Sie findet in den Alpen ihr Optimum in Gesellschaften der Klasse Elyno-Seslerietea variae.[9]
- Gentiana lutea subsp. vardjanii Wraber: Sie kommt in Österreich und in Slowenien vor.[8] Sie findet in den Alpen ihr Optimum in Gesellschaften der Klasse Elyno-Seslerietea variae.[9]
Goetheanistische Betrachtung
Charakteristisch für den gelben Enzian ist die lange Dauer der Phase, in der er in der Blattrosette verbleibt, um dann diese Stauung in einen hoch aufschiessenden Blüten- und Fruchtstand zu lösen. Mit diesem ragt er deutlich über Wiese und umgebende niedrig bleibende Vegetation. Auch in den leuchtend gelben Blüten spricht sich deutlich seine Anwesenheit aus. Der gelbe Enzian zeigt sowohl eine eine starke Aufrichtekraft, als auch eine kräftige vegetative Seite. Die Blütenstände sind dicht von Blättern begleitet, es durchdringen sich gewissermaßen Blatt und Blüte, Vegetativum und Seelisches.
Verwendung
Als Droge Enzianwurzel, Gentianae radix, dienen die getrockneten und zerkleinerten unterirdischen Pflanzenteile. Sie sind reich an Zuckern (z. B. Gentiobiose) und Bitterstoffen (Gentianopicrin und Amarogentin). Die Bitterstoffe dienen eigentlich als Schutz vor Tierfraß. Arzneilich wird die Droge als Bittermittel, z. B. als appetitanregender Magenbitter, Aperitif und für Schnaps verwendet (z. B. Enzian und Suze). Der Gelbe Enzian wird auch als Fiebermittel benutzt; die Wirksamkeit gegen Fieber konnte jedoch nicht nachgewiesen werden. Es wird ein bitteres und verdauungsanregendes Tonikum gewonnen. Er wird eingesetzt gegen Müdigkeit, Untergewicht, Blutarmut und Appetitmangel in der Rekonvaleszenz. In der Volksmedizin findet er Anwendung gegen Fieber, Gicht, Hypochondrie, Malaria und Darmparasiten.[10][11][12]
Zur Herstellung des Enzianschnapses wird vor allem Gentiana lutea verwendet und gezielt angebaut, seltener die anderen hochwüchsigen Arten, zum Beispiel Gentiana punctata, da sie von allen Enzian-Arten den stärksten Gehalt an Bitterstoffen hat. Ein Extrakt schmeckt noch in einer wässrigen Verdünnung von ca. 1:20.000 deutlich bitter.[13]
Sonstiges
Am 15. Oktober 1975 erschien im Rahmen der jährlich von der Deutschen Bundespost ausgegebenen Wohlfahrtsmarken eine Abbildung des Gelben Enzians als Motiv (Michel-Nr. 510).
Siehe auch
Literatur
- Xaver Finkenzeller, Jürke Grau: Alpenblumen. Erkennen und bestimmen (= Steinbachs Naturführer). Mosaik, München 2002, ISBN 3-576-11482-3.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Thomas Gaskell Tutin: Gentiana. In:T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 3: Diapensiaceae to Myoporaceae. Cambridge University Press, Cambridge 1972, ISBN 0-521-08489-X, S. 60 (english, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Thomas Schöpke: Enzianwurzel - Gentianae radix (Memento vom 18. Mai 2008 im Internet Archive) von Arzneipflanzenlexikon des Institutes für Pharmazie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.
- Wendelberger: Alpenpflanzen – Blumen, Gräser, Zwergsträucher. München 1984, ISBN 3-7632-2975-2.
- Das BLV Handbuch Heilpflanzen. ISBN 978-3-8354-0144-0.
Einzelnachweise
- ↑ Bertalan Galambosi, Z. S. Galambosi: Seedling quality and seed yield of Gentiana lutea L. In: Acta Hortic. 860, 2010, S. 255–258, .
- ↑ Tatyana Nikolaevna Kataeva u. a.: Seed Morphology of Some Species in the Family Gentianaceae. In: Biosci. Biotechnol. Res. Asia. 12(3), 2015, .
- ↑ Vít Bojnanský, Agáta Fargašová: Atlas of Seeds and Fruits of Central and East-European Flora. Springer, 2007, ISBN 978-1-4020-5362-7, S. 531.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 755.
- ↑ Gentiana lutea bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- ↑ 6,0 6,1 Gentiana lutea im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 23. Januar 2016.
- ↑ Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 331.
- ↑ 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Karol Marhold: Gentianaceae. 2011: Datenblatt Gentiana lutea In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- ↑ 9,0 9,1 9,2 David Aeschimann, Konrad Lauber, Daniel Martin Moser, Jean-Paul Theurillat: Flora alpina. Band 2, Seite 10. Bern, Stuttgart, Wien Haupt-Verlag, 2004, ISBN 3-258-06600-0.
- ↑ (Gentiana lutea) Gelber Enzian als Heilpflanze bei www.awl.ch.
- ↑ ESCOP
- ↑ Heilpflanzen, weitere Referenzen
- ↑ Rudolf Hänsel, Otto Sticher: Pharmakognosie - Phytopharmazie. 9. Auflage, Springer, 2010, ISBN 978-3-642-00962-4, S. 761.
Weblinks
- Gentiana lutea L., Gelber Enzian. In: FloraWeb.de.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Gelber Enzian. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Gentiana lutea L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 22. Januar 2016.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
- Kurzinfo zum Gelben Enzian auf der Website des Neuen Senckenbergischen Arzneipflanzengarten der Universität Frankfurt.
- Datenblatt mit Fotos.