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Schlehdorn: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Der '''Schlehdorn''' (''Prunus spinosa''), auch '''Schlehendorn''', '''Schlehe''', '''Heckendorn''', '''Schwarzdorn''' oder '''Deutsche Akazie''' genannt, ist eine [[Gattung (Biologie)|Planzengattung]] aus der Untertriebus ''[[Wikipedia:Prunus|Prunus]]'', der zur Tribus der [[Wikipedia:Steinobstgewächse|Steinobstgewächse]] (Amygdaleae) innerhalb der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Rosengewächse]] (Rosaceae) gehört. | + | Der '''Schlehdorn''' (''Prunus spinosa''), auch '''Schlehendorn''', '''Schlehe''', '''Heckendorn''', '''Schwarzdorn''' oder '''Deutsche Akazie''' genannt, ist eine [[Wikipedia:Gattung (Biologie)|Planzengattung]] aus der Untertriebus ''[[Wikipedia:Prunus|Prunus]]'', der zur Tribus der [[Wikipedia:Steinobstgewächse|Steinobstgewächse]] (Amygdaleae) innerhalb der [[Wikipedia:Familie (Biologie)|Familie]] der [[Wikipedia:Rosengewächse|Rosengewächse]] (Rosaceae) gehört. |
== Etymologie == | == Etymologie == | ||
− | Der Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem [[Indogermanische Sprachen |indogermanischen]] Wort ''(S)li'' ab, was „bläulich“ bedeutet. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps [[Slivovitz]] wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als ''sleha'', im Neuhochdeutschen als ''slehe'' bezeichnet. Die [[slawische Sprachen|slawischen]] Varianten wie das [[russische Sprache |russische]] “Слива” ''(Sliwa)'' oder das [[serbokroatisch]]e “šljiva” (davon abgeleitet: [[Sliwowitz]]) bedeuten [[Zwetschge]].<ref>''Duden, das Herkunftswörterbuch.'' 1. Auflage. Dudenverlag, Mannheim, 2014.</ref> | + | Der Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem [[Wikipedia:Indogermanische Sprachen |indogermanischen]] Wort ''(S)li'' ab, was „bläulich“ bedeutet. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps [[Wikipedia:Slivovitz|Slivovitz]] wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als ''sleha'', im Neuhochdeutschen als ''slehe'' bezeichnet. Die [[Wikipedia:slawische Sprachen|slawischen]] Varianten wie das [[Wikipedia:russische Sprache |russische]] “Слива” ''(Sliwa)'' oder das [[Wikipedia:serbokroatisch|serbokroatisch]]e “šljiva” (davon abgeleitet: [[Wikipedia:Sliwowitz|Sliwowitz]]) bedeuten [[Wikipedia:Zwetschge|Zwetschge]].<ref>''Duden, das Herkunftswörterbuch.'' 1. Auflage. Dudenverlag, Mannheim, 2014.</ref> |
== Beschreibung == | == Beschreibung == | ||
=== Vegetative Merkmale === | === Vegetative Merkmale === | ||
− | Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als [[Strauch]] oder als kleiner, oft mehrstämmiger [[Baum]], der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von drei Metern. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis sechs Meter Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen [[Kurztrieb]]e beinahe im 90°-Winkel von den [[Langtrieb]]en abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den [[Eiche]]ngebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheingrabens anzutreffen. | + | Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als [[Wikipedia:Strauch|Strauch]] oder als kleiner, oft mehrstämmiger [[Wikipedia:Baum|Baum]], der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von drei Metern. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis sechs Meter Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen [[Wikipedia:Kurztrieb|Kurztrieb]]e beinahe im 90°-Winkel von den [[Wikipedia:Langtrieb|Langtrieb]]en abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den [[Wikipedia:Eiche|Eiche]]ngebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheingrabens anzutreffen. |
− | Die flachwurzelnde Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche [[Rinde]], die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart, später verkahlen sie. Die [[Zweig]]e zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden [[Dorn (Botanik)|Dornen]] aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und als eine Anpassungsleistung an Trockenheit gedeutet werden. Langtriebe besitzen keine echte Endknospe.<ref name="Scholz" /> | + | Die flachwurzelnde Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche [[Wikipedia:Rinde|Rinde]], die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart, später verkahlen sie. Die [[Wikipedia:Zweig|Zweig]]e zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden [[Wikipedia:Dorn (Botanik)|Dornen]] aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und als eine Anpassungsleistung an Trockenheit gedeutet werden. Langtriebe besitzen keine echte Endknospe.<ref name="Scholz" /> |
− | Die 1,5 bis 2 Millimeter langen, hellbraunen [[Knospe]]n stehen meist zu dritt über einer Blattnarbe, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Am Ende der Kurztriebe kommen Blütenknospen oft ohne [[Internodium (Botanik)|Internodien]] gehäuft vor. Die [[Laubblätter|Blätter]] sind in der Knospenlage gerollt.<ref name="Scholz" /> Die [[Schuppe (Morphologie)|Knospenschuppen]] sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus. | + | Die 1,5 bis 2 Millimeter langen, hellbraunen [[Wikipedia:Knospe|Knospe]]n stehen meist zu dritt über einer Blattnarbe, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Am Ende der Kurztriebe kommen Blütenknospen oft ohne [[Wikipedia:Internodium (Botanik)|Internodien]] gehäuft vor. Die [[Wikipedia:Laubblätter|Blätter]] sind in der Knospenlage gerollt.<ref name="Scholz" /> Die [[Wikipedia:Schuppe (Morphologie)|Knospenschuppen]] sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus. |
− | Die [[Blatt (Pflanze)|Laubblätter]] des Schlehdorns stehen an zwei bis zehn Millimeter langen [[Blattstiel]]en, die leicht behaart sein können, jedoch meist drüsenlos sind.<ref name="Scholz" /> Die Blätter sind [[Blattstellung|wechselständig]] und häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an. Die [[Blattspreite]] entwickelt eine Länge von zwei bis fünf Zentimeter und eine Breite zwischen ein und zwei Zentimeter. Sie bildet eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum [[Blattgrund]] hin keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der [[Blattform#Spreitenrand|Blattrand]] weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich [[Nektarium|Nektarien]]. | + | Die [[Wikipedia:Blatt (Pflanze)|Laubblätter]] des Schlehdorns stehen an zwei bis zehn Millimeter langen [[Wikipedia:Blattstiel|Blattstiel]]en, die leicht behaart sein können, jedoch meist drüsenlos sind.<ref name="Scholz" /> Die Blätter sind [[Wikipedia:Blattstellung|wechselständig]] und häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an. Die [[Wikipedia:Blattspreite|Blattspreite]] entwickelt eine Länge von zwei bis fünf Zentimeter und eine Breite zwischen ein und zwei Zentimeter. Sie bildet eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum [[Wikipedia:Blattgrund|Blattgrund]] hin keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der [[Wikipedia:Blattform#Spreitenrand|Blattrand]] weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich [[Wikipedia:Nektarium|Nektarien]]. |
[[Datei:Prunus spinosa sl2.jpg|mini|Winterknospen an einem Kurztrieb]] | [[Datei:Prunus spinosa sl2.jpg|mini|Winterknospen an einem Kurztrieb]] | ||
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=== Generative Merkmale === | === Generative Merkmale === | ||
[[Datei:Schlehenblüte IV.jpeg|mini|Blüten, verschiedene Stadien]] | [[Datei:Schlehenblüte IV.jpeg|mini|Blüten, verschiedene Stadien]] | ||
− | Die weißen [[Blüte]]n des Schlehdorns erscheinen im März und April – lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom [[Weißdorn]] unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden. Die an kurzen, starr abstehenden, meist kahlen Blütenstielen stehenden Blüten sind radiärsymmetrisch, fünfzählig und zwittrig. Ihr Durchmesser beträgt etwa 1,5 cm. Sie bilden sich an den verdornten Kurztrieben und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Der Blütenbecher ist glockig. Der [[Kelchblatt|Kelch]] besteht aus fünf dreieckigen bis ovalen Kelchblättchen. Sie werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind am Rand unregelmäßig fein gezähnt. An der Außenseite ist der Kelch unbehaart. Die ovalen, ganzrandigen Kronblätter erreichen eine Länge von etwa sechs bis acht Millimeter. Sie sind nicht miteinander verwachsen und umgeben die etwa zwanzig fünf bis sieben Millimeter langen Staubblätter mit gelben oder rötlichen [[Staubbeutel]]n. Diese umgeben einen einzigen [[Griffel (Botanik)|Griffel]].<ref name="Scholz" /> Der mittelständige [[Fruchtknoten]] ist weit in den Achsenbecher eingesenkt. | + | Die weißen [[Wikipedia:Blüte|Blüte]]n des Schlehdorns erscheinen im März und April – lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom [[Wikipedia:Weißdorn|Weißdorn]] unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden. Die an kurzen, starr abstehenden, meist kahlen Blütenstielen stehenden Blüten sind radiärsymmetrisch, fünfzählig und zwittrig. Ihr Durchmesser beträgt etwa 1,5 cm. Sie bilden sich an den verdornten Kurztrieben und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Der Blütenbecher ist glockig. Der [[Wikipedia:Kelchblatt|Kelch]] besteht aus fünf dreieckigen bis ovalen Kelchblättchen. Sie werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind am Rand unregelmäßig fein gezähnt. An der Außenseite ist der Kelch unbehaart. Die ovalen, ganzrandigen Kronblätter erreichen eine Länge von etwa sechs bis acht Millimeter. Sie sind nicht miteinander verwachsen und umgeben die etwa zwanzig fünf bis sieben Millimeter langen Staubblätter mit gelben oder rötlichen [[Wikipedia:Staubbeutel|Staubbeutel]]n. Diese umgeben einen einzigen [[Wikipedia:Griffel (Botanik)|Griffel]].<ref name="Scholz" /> Der mittelständige [[Wikipedia:Fruchtknoten|Fruchtknoten]] ist weit in den Achsenbecher eingesenkt. |
− | Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich [[Nektar (Botanik)|Nektar]] ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt. | + | Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich [[Wikipedia:Nektar (Botanik)|Nektar]] ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt. |
[[Datei:Prunus spinosa2.jpg|mini|Früchte des Schlehdorns]] | [[Datei:Prunus spinosa2.jpg|mini|Früchte des Schlehdorns]] | ||
− | An einem aufrechten Fruchtstiel entwickelt sich eine kugelige bis schwach ellipsoide, gefurchte [[Steinfrucht]] mit einem Durchmesser von 6 bis 18 mm. Sie ist blauschwarz bereift, eine Behaarung wird nicht ausgebildet. Das grüne Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern. Der mehr oder weniger doppelspitzige Steinkern besitzt eine kugelige bis linsenförmige Gestalt. Er wird etwa neun Millimeter lang und sechs Millimeter breit, ist pockennarbig, meist von rauer Struktur und mit netzartigen Adern. Von der Rückenfurche gehen schräg gestellte Kammstriche ab. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch.<ref name="Scholz" /> Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung. | + | An einem aufrechten Fruchtstiel entwickelt sich eine kugelige bis schwach ellipsoide, gefurchte [[Wikipedia:Steinfrucht|Steinfrucht]] mit einem Durchmesser von 6 bis 18 mm. Sie ist blauschwarz bereift, eine Behaarung wird nicht ausgebildet. Das grüne Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern. Der mehr oder weniger doppelspitzige Steinkern besitzt eine kugelige bis linsenförmige Gestalt. Er wird etwa neun Millimeter lang und sechs Millimeter breit, ist pockennarbig, meist von rauer Struktur und mit netzartigen Adern. Von der Rückenfurche gehen schräg gestellte Kammstriche ab. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch.<ref name="Scholz" /> Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung. |
− | Die [[Chromosomenzahl]] beträgt 2''n'' = 32, bei der Haferschlehe 16 oder 48.<ref name="Oberdorfer2001" /> | + | Die [[Wikipedia:Chromosomenzahl|Chromosomenzahl]] beträgt 2''n'' = 32, bei der Haferschlehe 16 oder 48.<ref name="Oberdorfer2001" /> |
== Ökologie == | == Ökologie == | ||
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=== Anpassungen === | === Anpassungen === | ||
− | Seine langen Sprossdorne schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser ([[Megaherbivoren]]). | + | Seine langen Sprossdorne schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser ([[Wikipedia:Megaherbivoren|Megaherbivoren]]). |
=== Synökologie === | === Synökologie === | ||
− | Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen, u. a. dem [[Tagpfauenauge]], als Nektarquelle.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.br-online.de/freizeit/querbeet/ratgeber/schmetterlingspflanzen.html | wayback=20040203105333 | text=''Schmetterlingspflanzen.''}} auf: ''br-online.de'', Bayerischer Rundfunk.</ref> [[Datei:Sleedoorn Prunus spinosa Hyponomeuta rupsen.jpg|mini|Raupen der [[Pflaumen-Gespinstmotte]] an der Schlehe]] | + | Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen, u. a. dem [[Wikipedia:Tagpfauenauge|Tagpfauenauge]], als Nektarquelle.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.br-online.de/freizeit/querbeet/ratgeber/schmetterlingspflanzen.html | wayback=20040203105333 | text=''Schmetterlingspflanzen.''}} auf: ''br-online.de'', Bayerischer Rundfunk.</ref> [[Datei:Sleedoorn Prunus spinosa Hyponomeuta rupsen.jpg|mini|Raupen der [[Wikipedia:Pflaumen-Gespinstmotte|Pflaumen-Gespinstmotte]] an der Schlehe]] |
− | Ihre Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten [[Grauer Laubholz-Dickleibspanner|Grauen Laubholz-Dickleibspanners]] (''Lycia pomonaria'') und [[Gebüsch-Grünspanner]]s (''Hemithea aestivaria'') oder des stark gefährdeten [[Schwalbenwurz-Kleinspanner]]s (''Scopula umbelaria'') eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte [[Hecken-Wollafter]] legt vorwiegend in der Schlehe seine Eier ab. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Auch der [[Segelfalter]] nutzt die Schlehe. | + | Ihre Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten [[Wikipedia:Grauer Laubholz-Dickleibspanner|Grauen Laubholz-Dickleibspanners]] (''Lycia pomonaria'') und [[Wikipedia:Gebüsch-Grünspanner|Gebüsch-Grünspanner]]s (''Hemithea aestivaria'') oder des stark gefährdeten [[Schwalbenwurz-Kleinspanner]]s (''Scopula umbelaria'') eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte [[Wikipedia:Hecken-Wollafter|Hecken-Wollafter]] legt vorwiegend in der Schlehe seine Eier ab. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Auch der [[Wikipedia:Segelfalter|Segelfalter]] nutzt die Schlehe. |
− | Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der selten gewordene [[Goldglänzender Rosenkäfer|Goldglänzende Rosenkäfer]] knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Eine [[Rüsselkäfer]]art, der [[Schlehen-Blütenstecher]] (''Anthonomus rufus''), lebt als einzige mitteleuropäische Käferart ausschließlich auf der Schlehe. Als Blattfresser an Schlehe sind die [[Blattkäfer]] ''[[Clytra laeviuscula]]'', ''[[Smaragdina salicina]]'' und ''[[Cryptocephalus chrysopus]]'' beobachtet worden. Im Holz der Schlehe entwickelt sich die Larve des (wärmeliebenden) [[Bockkäfer]]s ''[[Phymatodes rufipes]]''. | + | Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der selten gewordene [[Wikipedia:Goldglänzender Rosenkäfer|Goldglänzende Rosenkäfer]] knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Eine [[Wikipedia:Rüsselkäfer|Rüsselkäfer]]art, der [[Schlehen-Blütenstecher]] (''Anthonomus rufus''), lebt als einzige mitteleuropäische Käferart ausschließlich auf der Schlehe. Als Blattfresser an Schlehe sind die [[Wikipedia:Blattkäfer|Blattkäfer]] ''[[Wikipedia:Clytra laeviuscula|Clytra laeviuscula]]'', ''[[Smaragdina salicina]]'' und ''[[Cryptocephalus chrysopus]]'' beobachtet worden. Im Holz der Schlehe entwickelt sich die Larve des (wärmeliebenden) [[Wikipedia:Bockkäfer|Bockkäfer]]s ''[[Wikipedia:Phymatodes rufipes|Phymatodes rufipes]]''. |
− | Für etwa 20 [[Wildbiene]]n<nowiki />arten stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.bund-sh.de/Envolution/upload/dl/sonstiges/schlehe.pdf | wayback=20071007181905 | text=BUND Schleswig Holstein}} (PDF; 243 kB).</ref> | + | Für etwa 20 [[Wikipedia:Wildbiene|Wildbiene]]n<nowiki />arten stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.bund-sh.de/Envolution/upload/dl/sonstiges/schlehe.pdf | wayback=20071007181905 | text=BUND Schleswig Holstein}} (PDF; 243 kB).</ref> |
− | Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch [[Meisen]] und [[Grasmücken]]. | + | Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch [[Wikipedia:Meisen|Meisen]] und [[Wikipedia:Grasmücken|Grasmücken]]. |
− | Schlehenhecken bieten speziell [[Strauchbrüter]]n einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende [[Neuntöter]]. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf. | + | Schlehenhecken bieten speziell [[Strauchbrüter]]n einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende [[Wikipedia:Neuntöter|Neuntöter]]. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf. |
− | Der Schlehdorn wird von den [[Rostpilz]]en ''[[Tranzschelia pruni-spinosae]]'' und vermutlich auch ''[[Tranzschelia discolor]]'' mit [[Uredie]]n und [[Telie]]n befallen.<ref>Peter Zwetko: ''[http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/BioEco_16_0001-0067.pdf Die Rostpilze Österreichs.] Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales.'' (PDF; 1,8 MB).</ref> Zwei Arten aus der Gattung ''[[Taphrina]]'' parasitieren zudem auf dem Schlehdorn: ''[[Taphrina pruni]]'' bildet [[Narrenkrankheit|Narrentaschen]] an den Früchten, die recht seltene ''[[Taphrina insititiae]]'' hingegen ruft Verwachsungen an den Trieben hervor.<ref>Svengunnar Ryman, Ingmar Holmåsen: ''Pilze.'' Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1.</ref> | + | Der Schlehdorn wird von den [[Wikipedia:Rostpilz|Rostpilz]]en ''[[Tranzschelia pruni-spinosae]]'' und vermutlich auch ''[[Tranzschelia discolor]]'' mit [[Wikipedia:Uredie|Uredie]]n und [[Wikipedia:Telie|Telie]]n befallen.<ref>Peter Zwetko: ''[http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/BioEco_16_0001-0067.pdf Die Rostpilze Österreichs.] Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales.'' (PDF; 1,8 MB).</ref> Zwei Arten aus der Gattung ''[[Wikipedia:Taphrina|Taphrina]]'' parasitieren zudem auf dem Schlehdorn: ''[[Wikipedia:Taphrina pruni|Taphrina pruni]]'' bildet [[Wikipedia:Narrenkrankheit|Narrentaschen]] an den Früchten, die recht seltene ''[[Taphrina insititiae]]'' hingegen ruft Verwachsungen an den Trieben hervor.<ref>Svengunnar Ryman, Ingmar Holmåsen: ''Pilze.'' Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1.</ref> |
== Verbreitung und Standort == | == Verbreitung und Standort == | ||
− | Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über [[Europa]], [[Vorderasien]] bis zum [[Kaukasus]] und [[Nordafrika]]. In Nordamerika und Neuseeland gilt er als eingebürgert. | + | Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über [[Wikipedia:Europa|Europa]], [[Wikipedia:Vorderasien|Vorderasien]] bis zum [[Wikipedia:Kaukasus|Kaukasus]] und [[Wikipedia:Nordafrika|Nordafrika]]. In Nordamerika und Neuseeland gilt er als eingebürgert. |
− | Im hohen Norden und auf Island sind keine Bestände belegt. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch [[Wurzelbrut|Wurzelausschläge]]. | + | Im hohen Norden und auf Island sind keine Bestände belegt. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch [[Wikipedia:Wurzelbrut|Wurzelausschläge]]. |
− | Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als [[Hecke]]npflanze ist er weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von [[Wacholder]], [[Berberitze]], [[Hasel (Botanik)|Haselnuss]], [[Wildrosen]] und [[Weißdorne|Weißdornarten]]. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. | + | Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als [[Wikipedia:Hecke|Hecke]]npflanze ist er weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von [[Wacholder]], [[Wikipedia:Berberitze|Berberitze]], [[Wikipedia:Hasel (Botanik)|Haselnuss]], [[Wikipedia:Wildrosen|Wildrosen]] und [[Wikipedia:Weißdorne|Weißdornarten]]. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. |
Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m. | Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m. | ||
Schlehenbüschegesellschaften gelten als Bindeglied in der Sukzession zum Hainbuchen-, Buchen- oder Eichenwald. Die Schlehe ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung Prunetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Alno-Ulmion oder Carpinion vor.<ref name="Oberdorfer2001" /> | Schlehenbüschegesellschaften gelten als Bindeglied in der Sukzession zum Hainbuchen-, Buchen- oder Eichenwald. Die Schlehe ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung Prunetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Alno-Ulmion oder Carpinion vor.<ref name="Oberdorfer2001" /> | ||
− | Man ordnet den Schlehdorn dem eurasischen [[Florenelement]] zu. Zahlreiche Funde von Schlehenkernen in neolithischen [[Feuchtbodensiedlung]]en zeigen, dass er spätestens während der [[Jungsteinzeit]] nach Mitteleuropa eingewandert ist. Im [[Pfahlbau]]dorf [[Sipplingen]] am Bodensee (Schicht 11, [[Dendrochronologie|dendrochronologisch]] um 3300 v. Chr. datiert) gibt es durchlochte Schlehenkerne, die offenbar als Kette getragen wurden.<ref>Martin Kolb: ''Kulturwandel oder Kulturbruch? Betrachtungen zum Übergang von der Pfyner zur Horgener Kultur.'' In: Barbara Fritsch, Margot Maute, Irenäus Matuschik, Johannes Müller, Claus Wolf (Hrsg.): ''Tradition und Innovation. Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft.'' Festschrift für Christian Strahm (= Internationale Archäologie – Studia honoraria. Band 3). 1998, ISBN 3-89646-383-7, S. 129–141.</ref> | + | Man ordnet den Schlehdorn dem eurasischen [[Wikipedia:Florenelement|Florenelement]] zu. Zahlreiche Funde von Schlehenkernen in neolithischen [[Wikipedia:Feuchtbodensiedlung|Feuchtbodensiedlung]]en zeigen, dass er spätestens während der [[Wikipedia:Jungsteinzeit|Jungsteinzeit]] nach Mitteleuropa eingewandert ist. Im [[Wikipedia:Pfahlbau|Pfahlbau]]dorf [[Wikipedia:Sipplingen|Sipplingen]] am Bodensee (Schicht 11, [[Wikipedia:Dendrochronologie|dendrochronologisch]] um 3300 v. Chr. datiert) gibt es durchlochte Schlehenkerne, die offenbar als Kette getragen wurden.<ref>Martin Kolb: ''Kulturwandel oder Kulturbruch? Betrachtungen zum Übergang von der Pfyner zur Horgener Kultur.'' In: Barbara Fritsch, Margot Maute, Irenäus Matuschik, Johannes Müller, Claus Wolf (Hrsg.): ''Tradition und Innovation. Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft.'' Festschrift für Christian Strahm (= Internationale Archäologie – Studia honoraria. Band 3). 1998, ISBN 3-89646-383-7, S. 129–141.</ref> |
== Systematik == | == Systematik == | ||
− | Der Schlehdorn wurde 1753 von [[Carl von Linné]] unter der heute gültigen Bezeichnung ''Prunus spinosa'' L. in seinem Werk ''[[Species Plantarum]]'', Band 1, S. 475 [[Erstbeschreibung|erstbeschrieben]].<ref>''Species Plantarum.'' Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 475 ([http://www.biodiversitylibrary.org/page/358527#page/487/mode/1up online]).</ref> Als [[Synonym (Taxonomie)|Synonyme]] sind die Bezeichnungen ''Prunus acacia-germanica'' {{Person|Crantz}} (1763), ''Prunus praecox'' {{Person|Salisb.}} (1769) und ''Prunus montana'' {{Person|Schur}} (1866) akzeptiert.<ref name="Scholz">Hildemar Scholz, Ilse Scholz: ''Prunus.'' In: H. Scholz (Hrsg.): ''Illustrierte Flora von Mitteleuropa.'' Band IV, Teil 2B: ''Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2(3).'' 2. Auflage. Parey, Berlin/ Hamburg 1994, ISBN 3-8263-2533-8, S. 495–500.</ref> Die Schlehe ist hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägung eine äußerst variable Art, so dass eine systematische Gliederung auf Schwierigkeiten stößt. [[Hildemar Scholz]] und [[Ilse Scholz]] unterscheiden mit Bezug auf Vitkoskij zwei [[Unterart]]en. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal wird in der Behaarung des Fruchtstiels und des Fruchtbechers gesehen.<ref name="Scholz" /> | + | Der Schlehdorn wurde 1753 von [[Carl von Linné]] unter der heute gültigen Bezeichnung ''Prunus spinosa'' L. in seinem Werk ''[[Wikipedia:Species Plantarum|Species Plantarum]]'', Band 1, S. 475 [[Wikipedia:Erstbeschreibung|erstbeschrieben]].<ref>''Species Plantarum.'' Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 475 ([http://www.biodiversitylibrary.org/page/358527#page/487/mode/1up online]).</ref> Als [[Wikipedia:Synonym (Taxonomie)|Synonyme]] sind die Bezeichnungen ''Prunus acacia-germanica'' {{Person|Crantz}} (1763), ''Prunus praecox'' {{Person|Salisb.}} (1769) und ''Prunus montana'' {{Person|Schur}} (1866) akzeptiert.<ref name="Scholz">Hildemar Scholz, Ilse Scholz: ''Prunus.'' In: H. Scholz (Hrsg.): ''Illustrierte Flora von Mitteleuropa.'' Band IV, Teil 2B: ''Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2(3).'' 2. Auflage. Parey, Berlin/ Hamburg 1994, ISBN 3-8263-2533-8, S. 495–500.</ref> Die Schlehe ist hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägung eine äußerst variable Art, so dass eine systematische Gliederung auf Schwierigkeiten stößt. [[Wikipedia:Hildemar Scholz|Hildemar Scholz]] und [[Ilse Scholz]] unterscheiden mit Bezug auf Vitkoskij zwei [[Wikipedia:Unterart|Unterart]]en. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal wird in der Behaarung des Fruchtstiels und des Fruchtbechers gesehen.<ref name="Scholz" /> |
− | * ''Prunus spinosa'' subsp. ''spinosa'', Gewöhnliche Schlehe. Synonyme Bezeichnungen sind ''Prunus spinosa var. vulgaris'' {{Person|Ser. ex DC.}} (1825) und ''Prunus spinosa var. typica'' {{Person|C. Schneider}} (1906). Die gewöhnliche Schlehe wächst buschig. Ihre Zweige bilden Dornen sowie eine mäßige Behaarung aus. Die jungen Blätter sind behaart, später verkahlen sie. Die Fruchtstiele und Fruchtbecher sind unbehaart. Ihre Vorkommen sind weit verbreitet. In [[Mähren|Südmähren]] existiert eine [[Varietät (Biologie)|Varietät]] (var. ''dulcescens'' Domin), die kleine, süße Früchte hervorbringt. | + | * ''Prunus spinosa'' subsp. ''spinosa'', Gewöhnliche Schlehe. Synonyme Bezeichnungen sind ''Prunus spinosa var. vulgaris'' {{Person|Ser. ex DC.}} (1825) und ''Prunus spinosa var. typica'' {{Person|C. Schneider}} (1906). Die gewöhnliche Schlehe wächst buschig. Ihre Zweige bilden Dornen sowie eine mäßige Behaarung aus. Die jungen Blätter sind behaart, später verkahlen sie. Die Fruchtstiele und Fruchtbecher sind unbehaart. Ihre Vorkommen sind weit verbreitet. In [[Wikipedia:Mähren|Südmähren]] existiert eine [[Wikipedia:Varietät (Biologie)|Varietät]] (var. ''dulcescens'' Domin), die kleine, süße Früchte hervorbringt. |
− | * ''Prunus spinosa'' subsp. ''dasyphylla'' {{Person|(Schur) Domin}} (1945), Filzige Schlehe. Als [[Basionym]] gilt ''Prunus spinosa'' var. ''dasyphylla'' {{Person|Schur}} (1866). Die Filzige Schlehe wächst als dorniger Strauch oder kleiner Baum. Ihre Zweige weisen eine Behaarung auf. Die Blätter entwickeln zumindest an der Unterseite eine dauerhafte Behaarung. Fruchtstiel und Fruchtbecher sind behaart. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Süd- und Südwesteuropa über Nordwestafrika, die Türkei, den Kaukasus bis in den Nordwestiran. Im [[Pannonische Florenprovinz|pannonischen Gebiet]] markiert Südmähren die Verbreitungsgrenze. | + | * ''Prunus spinosa'' subsp. ''dasyphylla'' {{Person|(Schur) Domin}} (1945), Filzige Schlehe. Als [[Wikipedia:Basionym|Basionym]] gilt ''Prunus spinosa'' var. ''dasyphylla'' {{Person|Schur}} (1866). Die Filzige Schlehe wächst als dorniger Strauch oder kleiner Baum. Ihre Zweige weisen eine Behaarung auf. Die Blätter entwickeln zumindest an der Unterseite eine dauerhafte Behaarung. Fruchtstiel und Fruchtbecher sind behaart. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Süd- und Südwesteuropa über Nordwestafrika, die Türkei, den Kaukasus bis in den Nordwestiran. Im [[Wikipedia:Pannonische Florenprovinz|pannonischen Gebiet]] markiert Südmähren die Verbreitungsgrenze. |
− | * Die systematische Einordnung der ''Haber''- oder ''Haferschlehe'', auch ''Krieche'',<ref name="Marzell">Heinrich Marzell, Heinz Paul: ''Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen.'' Band III, Stuttgart/ Wiesbaden 1977, S. 1117 (Nachdruck: Köln 2000).</ref> ''Große Schlehe'' oder ''Süße Schlehe'' genannt, wird unterschiedlich vorgenommen. Zum einen wurde sie von [[Karel Domin]] und Werneck als ''Prunus spinosa'' subsp. ''fruticans'' {{Person|(Weihe) Nyman}} (1878) oder ''Prunus spinosa'' var. ''macrocarpa'' als Abkömmling einer alten Kultursippe, die ''Prunus spinosa'' nahesteht, gedeutet und deshalb als Varietät oder Unterart von ''Prunus spinosa'' gewertet, zum anderen interpretiert Mang sie unter der Bezeichnung ''Prunus x fruticans'' {{Person|Weihe}} als Bastard zwischen ''Prunus domestica'' subsp. ''institia'' und ''Prunus spinosa''. Die Sippe ist schwierig von der echten Schlehe zu unterscheiden.<br />Die Haferschlehe wächst als zwei bis drei Meter hoher baumartiger Strauch. Eine Dornenbildung ist nur vereinzelt an älteren Zweigen zu finden. Die meist behaarten Blätter sind mit einer Breite von zwei bis drei Zentimetern und einer Länge von etwa fünf Zentimetern etwas breiter als bei der Schlehe. Laub- und Blütenaustrieb erfolgen gleichzeitig. Die Blüten stehen einzeln oder zu zweit und verteilen sich locker über die Zweige. Die kugelige Frucht misst circa 12 bis 25 Millimeter im Durchmesser, ist schwarz- bis blaugrau gefärbt und enthält einen fast kugeligen und glatten Steinkern. Der Geschmack des Fruchtfleischs wird als schwach herbsauer angegeben. Die Haferschlehe ist im Gebiet zerstreut verbreitet. Es ist unklar, ob es sich dabei um Verwilderungen handelt, da sie als Obstgehölz und Pfropfunterlage verwendet wird.<ref name="Scholz" /><ref name="roth2">W. Rothmaler: ''Exkursionsflora von Deutschland.'' 20. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 478.</ref> | + | * Die systematische Einordnung der ''Haber''- oder ''Haferschlehe'', auch ''Krieche'',<ref name="Marzell">Heinrich Marzell, Heinz Paul: ''Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen.'' Band III, Stuttgart/ Wiesbaden 1977, S. 1117 (Nachdruck: Köln 2000).</ref> ''Große Schlehe'' oder ''Süße Schlehe'' genannt, wird unterschiedlich vorgenommen. Zum einen wurde sie von [[Wikipedia:Karel Domin|Karel Domin]] und Werneck als ''Prunus spinosa'' subsp. ''fruticans'' {{Person|(Weihe) Nyman}} (1878) oder ''Prunus spinosa'' var. ''macrocarpa'' als Abkömmling einer alten Kultursippe, die ''Prunus spinosa'' nahesteht, gedeutet und deshalb als Varietät oder Unterart von ''Prunus spinosa'' gewertet, zum anderen interpretiert Mang sie unter der Bezeichnung ''Prunus x fruticans'' {{Person|Weihe}} als Bastard zwischen ''Prunus domestica'' subsp. ''institia'' und ''Prunus spinosa''. Die Sippe ist schwierig von der echten Schlehe zu unterscheiden.<br />Die Haferschlehe wächst als zwei bis drei Meter hoher baumartiger Strauch. Eine Dornenbildung ist nur vereinzelt an älteren Zweigen zu finden. Die meist behaarten Blätter sind mit einer Breite von zwei bis drei Zentimetern und einer Länge von etwa fünf Zentimetern etwas breiter als bei der Schlehe. Laub- und Blütenaustrieb erfolgen gleichzeitig. Die Blüten stehen einzeln oder zu zweit und verteilen sich locker über die Zweige. Die kugelige Frucht misst circa 12 bis 25 Millimeter im Durchmesser, ist schwarz- bis blaugrau gefärbt und enthält einen fast kugeligen und glatten Steinkern. Der Geschmack des Fruchtfleischs wird als schwach herbsauer angegeben. Die Haferschlehe ist im Gebiet zerstreut verbreitet. Es ist unklar, ob es sich dabei um Verwilderungen handelt, da sie als Obstgehölz und Pfropfunterlage verwendet wird.<ref name="Scholz" /><ref name="roth2">W. Rothmaler: ''Exkursionsflora von Deutschland.'' 20. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 478.</ref> |
== Nutzung == | == Nutzung == | ||
=== Heilkunde === | === Heilkunde === | ||
− | Die Blüten, Rinde und Früchte wirken [[adstringierend]] (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend. Ein Blütenaufguss wird besonders bei Kindern bei Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen und Magenbeschwerden eingesetzt. Schlehenelixier gilt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.<ref>Manfred Boksch: ''Das praktische Buch der Heilpflanzen.'' BLV-Verlag, ISBN 3-405-14937-1, S. 228 f.</ref> | + | Die Blüten, Rinde und Früchte wirken [[Wikipedia:adstringierend|adstringierend]] (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend. Ein Blütenaufguss wird besonders bei Kindern bei Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen und Magenbeschwerden eingesetzt. Schlehenelixier gilt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.<ref>Manfred Boksch: ''Das praktische Buch der Heilpflanzen.'' BLV-Verlag, ISBN 3-405-14937-1, S. 228 f.</ref> |
=== Nahrungsmittel und Getränke === | === Nahrungsmittel und Getränke === | ||
− | Die Schlehenfrüchte reifen ab etwa September, werden zumeist aber nach dem ersten Frost am Strauch geerntet. Durch Frosteinwirkung (Naturfrost oder Tiefkühlkälte) wird ein Teil der bitter schmeckenden und [[adstringierend]] wirkenden [[Gerbstoff]]e in den Früchten enzymatisch abgebaut.<ref>Bärbel Schermer: ''Die große Teubner Küchenpraxis.'' Gräfe und Unzer, 2008, S. 141.</ref> Dabei sinkt der Gerbstoffgehalt im Fruchtsaft von ca. 10 g/l auf unter 5 g/l.<ref>Paul Arauner: ''Weine und Säfte, Liköre und Schnäpse selbstgemacht''. Falken, Niedernhausen 1985, ISBN 3-8068-0702-7.</ref> Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen. | + | Die Schlehenfrüchte reifen ab etwa September, werden zumeist aber nach dem ersten Frost am Strauch geerntet. Durch Frosteinwirkung (Naturfrost oder Tiefkühlkälte) wird ein Teil der bitter schmeckenden und [[Wikipedia:adstringierend|adstringierend]] wirkenden [[Wikipedia:Gerbstoff|Gerbstoff]]e in den Früchten enzymatisch abgebaut.<ref>Bärbel Schermer: ''Die große Teubner Küchenpraxis.'' Gräfe und Unzer, 2008, S. 141.</ref> Dabei sinkt der Gerbstoffgehalt im Fruchtsaft von ca. 10 g/l auf unter 5 g/l.<ref>Paul Arauner: ''Weine und Säfte, Liköre und Schnäpse selbstgemacht''. Falken, Niedernhausen 1985, ISBN 3-8068-0702-7.</ref> Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen. |
− | In [[Fruchtreife|unreifem]] Zustand kann das [[Steinobst]] z. B. wie [[Olivenbaum|Oliven]] eingelegt werden, reif wird es beispielsweise zur Herstellung von [[Fruchtsaft]] und [[Obstwein]] sowie [[Marmelade]] und als Zusatz zu [[Likör]] ([[Schlehenlikör|Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin“]], „Schlehenfeuer“), „[[Schlehenbrand]]“ oder „[[Spirituosen#Obstgeiste|Schlehengeist]]“ verwendet. | + | In [[Wikipedia:Fruchtreife|unreifem]] Zustand kann das [[Wikipedia:Steinobst|Steinobst]] z. B. wie [[Olivenbaum|Oliven]] eingelegt werden, reif wird es beispielsweise zur Herstellung von [[Wikipedia:Fruchtsaft|Fruchtsaft]] und [[Wikipedia:Obstwein|Obstwein]] sowie [[Wikipedia:Marmelade|Marmelade]] und als Zusatz zu [[Wikipedia:Likör|Likör]] ([[Wikipedia:Schlehenlikör|Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin“]], „Schlehenfeuer“), „[[Wikipedia:Schlehenbrand|Schlehenbrand]]“ oder „[[Wikipedia:Spirituosen#Obstgeiste|Schlehengeist]]“ verwendet. |
− | Schlehenwein ist ein Fruchtwein, der nur auf den Früchten des Schlehdorns basiert.<ref>{{Webarchiv | url= http://www.die-weinlaube.de/artikel/schlehenwein.html | wayback= 20080522101512 | text=''Information zum Schlehenwein''}}</ref> In manchen Gegenden werden die Früchte auch in geringen Mengen dem [[Apfelwein]] zugesetzt, wodurch dieser aufgrund der Gerbstoffe in den Schlehenfrüchten einen etwas weinähnlicheren Charakter erhält.<ref>[http://www.gartenbauvereine.org/texte/merkinfo/m_obst-zur-saftherstellung.html#Schlehe Landesverband der Gartenbauvereine: ''Merkinfo zur Schlehe''].</ref> | + | Schlehenwein ist ein Fruchtwein, der nur auf den Früchten des Schlehdorns basiert.<ref>{{Webarchiv | url= http://www.die-weinlaube.de/artikel/schlehenwein.html | wayback= 20080522101512 | text=''Information zum Schlehenwein''}}</ref> In manchen Gegenden werden die Früchte auch in geringen Mengen dem [[Wikipedia:Apfelwein|Apfelwein]] zugesetzt, wodurch dieser aufgrund der Gerbstoffe in den Schlehenfrüchten einen etwas weinähnlicheren Charakter erhält.<ref>[http://www.gartenbauvereine.org/texte/merkinfo/m_obst-zur-saftherstellung.html#Schlehe Landesverband der Gartenbauvereine: ''Merkinfo zur Schlehe''].</ref> |
=== Ingenieurbiologie === | === Ingenieurbiologie === | ||
[[Datei:Gradierwerk Bad Salzuflen.jpg|mini|hochkant=0.5|Gradierwerk in Bad Salzuflen]][[Datei:Escribano.jpg|mini|hochkant=0.5|Mönch im Scriptorium]] | [[Datei:Gradierwerk Bad Salzuflen.jpg|mini|hochkant=0.5|Gradierwerk in Bad Salzuflen]][[Datei:Escribano.jpg|mini|hochkant=0.5|Mönch im Scriptorium]] | ||
− | [[Ingenieurbiologie|Ingenieurbiologische]] Bedeutung erlangt die Schlehe durch ihr weitreichendes Wurzelwerk, ihre Ausbreitungsfreude und Windbeständigkeit. Sie eignet sich deshalb besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen.<ref name="Stingl">G. K. F. Stinglwagner, I. Haseder, R. Erlbeck: ''Das Kosmos Wald-und Forstlexikon.'' Kosmos, 2005, ISBN 3-440-10375-7, S. 668.</ref> Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt der Schlehe einige Bedeutung zu.<ref>[http://feuerbrand.julius-kuehn.de/dokumente/upload/34130_amelanchier_sp.pdf Julius-Kühn-Institut: u. a. Eigenschaften der Schlehe].</ref> Die sparrigen Äste des Schlehdorns werden zur Konzentrierung der Salzsole in [[Gradierwerk]]en, zum Beispiel in [[Bad Salzuflen]], [[Bad Orb]] oder [[Bad Wilsnack]] verbaut.<ref name="Scholz" /> | + | [[Wikipedia:Ingenieurbiologie|Ingenieurbiologische]] Bedeutung erlangt die Schlehe durch ihr weitreichendes Wurzelwerk, ihre Ausbreitungsfreude und Windbeständigkeit. Sie eignet sich deshalb besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen.<ref name="Stingl">G. K. F. Stinglwagner, I. Haseder, R. Erlbeck: ''Das Kosmos Wald-und Forstlexikon.'' Kosmos, 2005, ISBN 3-440-10375-7, S. 668.</ref> Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt der Schlehe einige Bedeutung zu.<ref>[http://feuerbrand.julius-kuehn.de/dokumente/upload/34130_amelanchier_sp.pdf Julius-Kühn-Institut: u. a. Eigenschaften der Schlehe].</ref> Die sparrigen Äste des Schlehdorns werden zur Konzentrierung der Salzsole in [[Wikipedia:Gradierwerk|Gradierwerk]]en, zum Beispiel in [[Wikipedia:Bad Salzuflen|Bad Salzuflen]], [[Wikipedia:Bad Orb|Bad Orb]] oder [[Wikipedia:Bad Wilsnack|Bad Wilsnack]] verbaut.<ref name="Scholz" /> |
=== Holz === | === Holz === | ||
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=== Historisch === | === Historisch === | ||
Bereits in der Steinzeit wurden in Mitteleuropa Schlehenfrüchte gesammelt. Hiervon zeugen Pflanzenreste in Kugelamphoren-Keramik oder Abdrücke der Kerne an neolithischen Tongefäßen.<ref name="Scholz" /> | Bereits in der Steinzeit wurden in Mitteleuropa Schlehenfrüchte gesammelt. Hiervon zeugen Pflanzenreste in Kugelamphoren-Keramik oder Abdrücke der Kerne an neolithischen Tongefäßen.<ref name="Scholz" /> | ||
− | Im Mittelalter wurde aus der Rinde [[Tinte]] gewonnen. Dazu musste die Rinde von den Zweigen geklopft und in Wasser eingelegt werden. Nach drei Tagen wurde das Wasser abgegossen, aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wurde solange wiederholt, bis die Rinde vollkommen ausgelaugt und alle farbgebenden Substanzen gelöst waren. Danach wurde die Flüssigkeit mit Wein versetzt und eingekocht. Diese [[Dornrindentinte|Dornentinte]] wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber in Vergessenheit.<ref>[http://www.medapharma.de/service/heilpflanzen-almanach/schlehe/ Schlehe – die vergessene Beere].</ref> Aus der Schlehenrinde gewonnene rote Farbe wurde zur besseren Haltbarkeit von Käse eingesetzt. Schlehenblätter dienten als Tabakersatz. Die Dornen der Schlehe verwendeten Wursthersteller als Sperrhölzchen.<ref name="Scholz" /> | + | Im Mittelalter wurde aus der Rinde [[Wikipedia:Tinte|Tinte]] gewonnen. Dazu musste die Rinde von den Zweigen geklopft und in Wasser eingelegt werden. Nach drei Tagen wurde das Wasser abgegossen, aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wurde solange wiederholt, bis die Rinde vollkommen ausgelaugt und alle farbgebenden Substanzen gelöst waren. Danach wurde die Flüssigkeit mit Wein versetzt und eingekocht. Diese [[Wikipedia:Dornrindentinte|Dornentinte]] wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber in Vergessenheit.<ref>[http://www.medapharma.de/service/heilpflanzen-almanach/schlehe/ Schlehe – die vergessene Beere].</ref> Aus der Schlehenrinde gewonnene rote Farbe wurde zur besseren Haltbarkeit von Käse eingesetzt. Schlehenblätter dienten als Tabakersatz. Die Dornen der Schlehe verwendeten Wursthersteller als Sperrhölzchen.<ref name="Scholz" /> |
− | Die Samen des Schlehdorns enthalten das Blausäure-Glykosid [[Amygdalin]]. | + | Die Samen des Schlehdorns enthalten das Blausäure-Glykosid [[Wikipedia:Amygdalin|Amygdalin]]. |
== Brauchtum == | == Brauchtum == | ||
− | Die Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 23. April – dem [[Georgi-Tag]] – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den [[Jakobitag|Jakobi-Tag]] (25. Juli) zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube. | + | Die Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 23. April – dem [[Wikipedia:Georgi-Tag|Georgi-Tag]] – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den [[Wikipedia:Jakobitag|Jakobi-Tag]] (25. Juli) zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube. |
− | Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen [[Hexe]]n zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt. | + | Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen [[Wikipedia:Hexe|Hexe]]n zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt. |
− | Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißen Blütenschmuck der Schlehe. In [[Posen]] wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die [[Dornenkrone]] [[Jesus von Nazaret|Jesu]] bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des Nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.<ref>[http://www.medapharma.de/service/heilpflanzen-almanach/schlehe/ Woher die Schlehe ihre schönen Blüten hat].</ref> | + | Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißen Blütenschmuck der Schlehe. In [[Wikipedia:Posen|Posen]] wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die [[Wikipedia:Dornenkrone|Dornenkrone]] [[Wikipedia:Jesus von Nazaret|Jesu]] bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des Nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.<ref>[http://www.medapharma.de/service/heilpflanzen-almanach/schlehe/ Woher die Schlehe ihre schönen Blüten hat].</ref> |
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Aktuelle Version vom 21. September 2021, 22:57 Uhr
Schlehdorn
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Prunus spinosa | ||||||||||||
L. |
Der Schlehdorn (Prunus spinosa), auch Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn, Schwarzdorn oder Deutsche Akazie genannt, ist eine Planzengattung aus der Untertriebus Prunus, der zur Tribus der Steinobstgewächse (Amygdaleae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört.
Etymologie
Der Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem indogermanischen Wort (S)li ab, was „bläulich“ bedeutet. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps Slivovitz wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als sleha, im Neuhochdeutschen als slehe bezeichnet. Die slawischen Varianten wie das russische “Слива” (Sliwa) oder das serbokroatische “šljiva” (davon abgeleitet: Sliwowitz) bedeuten Zwetschge.[1]
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Der sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahre alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von drei Metern. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis sechs Meter Höhe beobachtet werden. Da die zahlreichen Kurztriebe beinahe im 90°-Winkel von den Langtrieben abstehen, zeigt die Schlehe ein typisch stark verästeltes Erscheinungsbild. Flach verzweigte, bizarre Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den Eichengebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheingrabens anzutreffen.
Die flachwurzelnde Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenen Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart, später verkahlen sie. Die Zweige zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden Dornen aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und als eine Anpassungsleistung an Trockenheit gedeutet werden. Langtriebe besitzen keine echte Endknospe.[2]
Die 1,5 bis 2 Millimeter langen, hellbraunen Knospen stehen meist zu dritt über einer Blattnarbe, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Am Ende der Kurztriebe kommen Blütenknospen oft ohne Internodien gehäuft vor. Die Blätter sind in der Knospenlage gerollt.[2] Die Knospenschuppen sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus.
Die Laubblätter des Schlehdorns stehen an zwei bis zehn Millimeter langen Blattstielen, die leicht behaart sein können, jedoch meist drüsenlos sind.[2] Die Blätter sind wechselständig und häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an. Die Blattspreite entwickelt eine Länge von zwei bis fünf Zentimeter und eine Breite zwischen ein und zwei Zentimeter. Sie bildet eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum Blattgrund hin keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der Blattrand weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich Nektarien.
Generative Merkmale
Die weißen Blüten des Schlehdorns erscheinen im März und April – lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden. Die an kurzen, starr abstehenden, meist kahlen Blütenstielen stehenden Blüten sind radiärsymmetrisch, fünfzählig und zwittrig. Ihr Durchmesser beträgt etwa 1,5 cm. Sie bilden sich an den verdornten Kurztrieben und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Der Blütenbecher ist glockig. Der Kelch besteht aus fünf dreieckigen bis ovalen Kelchblättchen. Sie werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind am Rand unregelmäßig fein gezähnt. An der Außenseite ist der Kelch unbehaart. Die ovalen, ganzrandigen Kronblätter erreichen eine Länge von etwa sechs bis acht Millimeter. Sie sind nicht miteinander verwachsen und umgeben die etwa zwanzig fünf bis sieben Millimeter langen Staubblätter mit gelben oder rötlichen Staubbeuteln. Diese umgeben einen einzigen Griffel.[2] Der mittelständige Fruchtknoten ist weit in den Achsenbecher eingesenkt.
Die Innenseite des Blütenbechers sondert reichlich Nektar ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt.
An einem aufrechten Fruchtstiel entwickelt sich eine kugelige bis schwach ellipsoide, gefurchte Steinfrucht mit einem Durchmesser von 6 bis 18 mm. Sie ist blauschwarz bereift, eine Behaarung wird nicht ausgebildet. Das grüne Fruchtfleisch löst sich nicht vom Steinkern. Der mehr oder weniger doppelspitzige Steinkern besitzt eine kugelige bis linsenförmige Gestalt. Er wird etwa neun Millimeter lang und sechs Millimeter breit, ist pockennarbig, meist von rauer Struktur und mit netzartigen Adern. Von der Rückenfurche gehen schräg gestellte Kammstriche ab. Das Fruchtfleisch ist zunächst sehr sauer und herb – erst nach Frosteinwirkung wird es schmackhafter. Die Fruchtreife erfolgt ab Oktober bis November. Als Wintersteher bleiben die Früchte den Winter über am Strauch.[2] Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32, bei der Haferschlehe 16 oder 48.[3]
Ökologie
Wurzelkriechpionier
Der Schlehdorn gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schösslinge, so dass sich oftmals dichte Schlehenhecken bilden. Wenn er einmal etabliert ist, können durch die Wurzelbrut undurchdringliche Gestrüppe entstehen. Auf Pionierstandorten, wie zum Beispiel Trockenhängen, verdrängt er schnell die dort angesiedelte krautige Vegetation. Ökologisch betrachtet stellt der Schlehdorn für die Erhaltung solch wertvoller und geschützter Biotope eine Problemart dar.[4]
An Standorten, die von extremer Trockenheit geprägt sind, wie beispielsweise Steinhalden, wächst die Schlehe oft langsam und bildet eine krüppelige Gestalt aus. Hier kann sie für Tiere und andere Pflanzen eine Schutzfunktion ausüben.[2]
Anpassungen
Seine langen Sprossdorne schützen den Schlehdorn wirkungsvoll vor dem Fraß größerer Pflanzenfresser (Megaherbivoren).
Synökologie
Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen, u. a. dem Tagpfauenauge, als Nektarquelle.[5]
Ihre Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten Grauen Laubholz-Dickleibspanners (Lycia pomonaria) und Gebüsch-Grünspanners (Hemithea aestivaria) oder des stark gefährdeten Schwalbenwurz-Kleinspanners (Scopula umbelaria) eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte Hecken-Wollafter legt vorwiegend in der Schlehe seine Eier ab. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Auch der Segelfalter nutzt die Schlehe.
Auch mehrere Käferarten sind auf den Schlehdorn als Nahrungsquelle angewiesen. Der selten gewordene Goldglänzende Rosenkäfer knabbert gerne an den Blütenblättern und dem Pollen der Pflanze. Eine Rüsselkäferart, der Schlehen-Blütenstecher (Anthonomus rufus), lebt als einzige mitteleuropäische Käferart ausschließlich auf der Schlehe. Als Blattfresser an Schlehe sind die Blattkäfer Clytra laeviuscula, Smaragdina salicina und Cryptocephalus chrysopus beobachtet worden. Im Holz der Schlehe entwickelt sich die Larve des (wärmeliebenden) Bockkäfers Phymatodes rufipes. Für etwa 20 Wildbienenarten stellt der Schlehdorn im zeitigen Frühjahr einen wertvollen Pollen- und Nektarspender dar.[6]
Von den Früchten des Schlehdorns ernähren sich etwa 20 Vogelarten, darunter auch Meisen und Grasmücken. Schlehenhecken bieten speziell Strauchbrütern einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der selten auftretende Neuntöter. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf.
Der Schlehdorn wird von den Rostpilzen Tranzschelia pruni-spinosae und vermutlich auch Tranzschelia discolor mit Uredien und Telien befallen.[7] Zwei Arten aus der Gattung Taphrina parasitieren zudem auf dem Schlehdorn: Taphrina pruni bildet Narrentaschen an den Früchten, die recht seltene Taphrina insititiae hingegen ruft Verwachsungen an den Trieben hervor.[8]
Verbreitung und Standort
Die Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika. In Nordamerika und Neuseeland gilt er als eingebürgert. Im hohen Norden und auf Island sind keine Bestände belegt. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch Wurzelausschläge.
Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Als Heckenpflanze ist er weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von Wacholder, Berberitze, Haselnuss, Wildrosen und Weißdornarten. Auf den Dünen an der Ostsee ist er insbesondere mit Weiden vergesellschaftet. Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1600 m.
Schlehenbüschegesellschaften gelten als Bindeglied in der Sukzession zum Hainbuchen-, Buchen- oder Eichenwald. Die Schlehe ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung Prunetalia, kommt aber auch in Gesellschaften der Verbände Alno-Ulmion oder Carpinion vor.[3]
Man ordnet den Schlehdorn dem eurasischen Florenelement zu. Zahlreiche Funde von Schlehenkernen in neolithischen Feuchtbodensiedlungen zeigen, dass er spätestens während der Jungsteinzeit nach Mitteleuropa eingewandert ist. Im Pfahlbaudorf Sipplingen am Bodensee (Schicht 11, dendrochronologisch um 3300 v. Chr. datiert) gibt es durchlochte Schlehenkerne, die offenbar als Kette getragen wurden.[9]
Systematik
Der Schlehdorn wurde 1753 von Carl von Linné unter der heute gültigen Bezeichnung Prunus spinosa L. in seinem Werk Species Plantarum, Band 1, S. 475 erstbeschrieben.[10] Als Synonyme sind die Bezeichnungen Prunus acacia-germanica Crantz (1763), Prunus praecox Salisb. (1769) und Prunus montana Schur (1866) akzeptiert.[2] Die Schlehe ist hinsichtlich ihrer Merkmalsausprägung eine äußerst variable Art, so dass eine systematische Gliederung auf Schwierigkeiten stößt. Hildemar Scholz und Ilse Scholz unterscheiden mit Bezug auf Vitkoskij zwei Unterarten. Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal wird in der Behaarung des Fruchtstiels und des Fruchtbechers gesehen.[2]
- Prunus spinosa subsp. spinosa, Gewöhnliche Schlehe. Synonyme Bezeichnungen sind Prunus spinosa var. vulgaris Ser. ex DC. (1825) und Prunus spinosa var. typica C. Schneider (1906). Die gewöhnliche Schlehe wächst buschig. Ihre Zweige bilden Dornen sowie eine mäßige Behaarung aus. Die jungen Blätter sind behaart, später verkahlen sie. Die Fruchtstiele und Fruchtbecher sind unbehaart. Ihre Vorkommen sind weit verbreitet. In Südmähren existiert eine Varietät (var. dulcescens Domin), die kleine, süße Früchte hervorbringt.
- Prunus spinosa subsp. dasyphylla (Schur) Domin (1945), Filzige Schlehe. Als Basionym gilt Prunus spinosa var. dasyphylla Schur (1866). Die Filzige Schlehe wächst als dorniger Strauch oder kleiner Baum. Ihre Zweige weisen eine Behaarung auf. Die Blätter entwickeln zumindest an der Unterseite eine dauerhafte Behaarung. Fruchtstiel und Fruchtbecher sind behaart. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Süd- und Südwesteuropa über Nordwestafrika, die Türkei, den Kaukasus bis in den Nordwestiran. Im pannonischen Gebiet markiert Südmähren die Verbreitungsgrenze.
- Die systematische Einordnung der Haber- oder Haferschlehe, auch Krieche,[11] Große Schlehe oder Süße Schlehe genannt, wird unterschiedlich vorgenommen. Zum einen wurde sie von Karel Domin und Werneck als Prunus spinosa subsp. fruticans (Weihe) Nyman (1878) oder Prunus spinosa var. macrocarpa als Abkömmling einer alten Kultursippe, die Prunus spinosa nahesteht, gedeutet und deshalb als Varietät oder Unterart von Prunus spinosa gewertet, zum anderen interpretiert Mang sie unter der Bezeichnung Prunus x fruticans Weihe als Bastard zwischen Prunus domestica subsp. institia und Prunus spinosa. Die Sippe ist schwierig von der echten Schlehe zu unterscheiden.
Die Haferschlehe wächst als zwei bis drei Meter hoher baumartiger Strauch. Eine Dornenbildung ist nur vereinzelt an älteren Zweigen zu finden. Die meist behaarten Blätter sind mit einer Breite von zwei bis drei Zentimetern und einer Länge von etwa fünf Zentimetern etwas breiter als bei der Schlehe. Laub- und Blütenaustrieb erfolgen gleichzeitig. Die Blüten stehen einzeln oder zu zweit und verteilen sich locker über die Zweige. Die kugelige Frucht misst circa 12 bis 25 Millimeter im Durchmesser, ist schwarz- bis blaugrau gefärbt und enthält einen fast kugeligen und glatten Steinkern. Der Geschmack des Fruchtfleischs wird als schwach herbsauer angegeben. Die Haferschlehe ist im Gebiet zerstreut verbreitet. Es ist unklar, ob es sich dabei um Verwilderungen handelt, da sie als Obstgehölz und Pfropfunterlage verwendet wird.[2][12]
Nutzung
Heilkunde
Die Blüten, Rinde und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend, fiebersenkend, magenstärkend und entzündungshemmend. Ein Blütenaufguss wird besonders bei Kindern bei Durchfallerkrankungen, bei Blasen- und Nierenproblemen und Magenbeschwerden eingesetzt. Schlehenelixier gilt als geeignetes Stärkungsmittel nach Infektionskrankheiten.[13]
Nahrungsmittel und Getränke
Die Schlehenfrüchte reifen ab etwa September, werden zumeist aber nach dem ersten Frost am Strauch geerntet. Durch Frosteinwirkung (Naturfrost oder Tiefkühlkälte) wird ein Teil der bitter schmeckenden und adstringierend wirkenden Gerbstoffe in den Früchten enzymatisch abgebaut.[14] Dabei sinkt der Gerbstoffgehalt im Fruchtsaft von ca. 10 g/l auf unter 5 g/l.[15] Ein vollständiger Abbau der Gerbstoffe ist hingegen unerwünscht, da sie wesentlich zum Geschmack der Produkte beitragen.
In unreifem Zustand kann das Steinobst z. B. wie Oliven eingelegt werden, reif wird es beispielsweise zur Herstellung von Fruchtsaft und Obstwein sowie Marmelade und als Zusatz zu Likör (Schlehenlikör bzw. „Sloe Gin“, „Schlehenfeuer“), „Schlehenbrand“ oder „Schlehengeist“ verwendet.
Schlehenwein ist ein Fruchtwein, der nur auf den Früchten des Schlehdorns basiert.[16] In manchen Gegenden werden die Früchte auch in geringen Mengen dem Apfelwein zugesetzt, wodurch dieser aufgrund der Gerbstoffe in den Schlehenfrüchten einen etwas weinähnlicheren Charakter erhält.[17]
Ingenieurbiologie
Ingenieurbiologische Bedeutung erlangt die Schlehe durch ihr weitreichendes Wurzelwerk, ihre Ausbreitungsfreude und Windbeständigkeit. Sie eignet sich deshalb besonders zur Befestigung von Hängen und Böschungen.[18] Auch als Schneeschutzgehölz und Verkehrsbegleitgrün kommt der Schlehe einige Bedeutung zu.[19] Die sparrigen Äste des Schlehdorns werden zur Konzentrierung der Salzsole in Gradierwerken, zum Beispiel in Bad Salzuflen, Bad Orb oder Bad Wilsnack verbaut.[2]
Holz
Das zerstreutporige, leicht glänzende Holz der Schlehe zeichnet sich durch große Härte aus. Es besitzt einen rötlichen Splint und einen braunroten Kern. Es wird zum Schnitzen und zur Herstellung von Peitschenstielen und Spazierstöcken verwendet.[18][2]
Historisch
Bereits in der Steinzeit wurden in Mitteleuropa Schlehenfrüchte gesammelt. Hiervon zeugen Pflanzenreste in Kugelamphoren-Keramik oder Abdrücke der Kerne an neolithischen Tongefäßen.[2] Im Mittelalter wurde aus der Rinde Tinte gewonnen. Dazu musste die Rinde von den Zweigen geklopft und in Wasser eingelegt werden. Nach drei Tagen wurde das Wasser abgegossen, aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wurde solange wiederholt, bis die Rinde vollkommen ausgelaugt und alle farbgebenden Substanzen gelöst waren. Danach wurde die Flüssigkeit mit Wein versetzt und eingekocht. Diese Dornentinte wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber in Vergessenheit.[20] Aus der Schlehenrinde gewonnene rote Farbe wurde zur besseren Haltbarkeit von Käse eingesetzt. Schlehenblätter dienten als Tabakersatz. Die Dornen der Schlehe verwendeten Wursthersteller als Sperrhölzchen.[2]
Die Samen des Schlehdorns enthalten das Blausäure-Glykosid Amygdalin.
Brauchtum
Die Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 23. April – dem Georgi-Tag – lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin der Getreideernte um den Jakobi-Tag (25. Juli) zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube.
Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen Hexen zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt.
Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißen Blütenschmuck der Schlehe. In Posen wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die Dornenkrone Jesu bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des Nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus.[21]
Siehe auch
- Schlehdorn - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Kurt Harz: Bäume und Sträucher, Blätter, Blüten Frücher der heimischen Arten. BLV-Taschenbuch, illustriert von Hellmut Hoffmann und Marlene Gemke. 12. Auflage. BLV, München 2005, ISBN 3-405-15107-4.
Weblinks
- Verbreitungskarte weltweit.
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)
- Blausäure-Glykoside in den Samenkernen der Schlehe.
Einzelnachweise
- ↑ Duden, das Herkunftswörterbuch. 1. Auflage. Dudenverlag, Mannheim, 2014.
- ↑ 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 Hildemar Scholz, Ilse Scholz: Prunus. In: H. Scholz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band IV, Teil 2B: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2(3). 2. Auflage. Parey, Berlin/ Hamburg 1994, ISBN 3-8263-2533-8, S. 495–500.
- ↑ 3,0 3,1 Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 575.
- ↑ R. Düll, H. Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Quelle & Meyer, ISBN 3-494-01397-7, S. 384.
- ↑ Schmetterlingspflanzen. (Memento vom 3. Februar 2004 im Internet Archive) auf: br-online.de, Bayerischer Rundfunk.
- ↑ BUND Schleswig Holstein (Memento vom 7. Oktober 2007 im Internet Archive) (PDF; 243 kB).
- ↑ Peter Zwetko: Die Rostpilze Österreichs. Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales. (PDF; 1,8 MB).
- ↑ Svengunnar Ryman, Ingmar Holmåsen: Pilze. Bernhard Thalacker Verlag, Braunschweig 1992, ISBN 3-87815-043-1.
- ↑ Martin Kolb: Kulturwandel oder Kulturbruch? Betrachtungen zum Übergang von der Pfyner zur Horgener Kultur. In: Barbara Fritsch, Margot Maute, Irenäus Matuschik, Johannes Müller, Claus Wolf (Hrsg.): Tradition und Innovation. Prähistorische Archäologie als historische Wissenschaft. Festschrift für Christian Strahm (= Internationale Archäologie – Studia honoraria. Band 3). 1998, ISBN 3-89646-383-7, S. 129–141.
- ↑ Species Plantarum. Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 475 (online).
- ↑ Heinrich Marzell, Heinz Paul: Wörterbuch der deutschen Pflanzennamen. Band III, Stuttgart/ Wiesbaden 1977, S. 1117 (Nachdruck: Köln 2000).
- ↑ W. Rothmaler: Exkursionsflora von Deutschland. 20. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin 2011, ISBN 978-3-8274-1606-3, S. 478.
- ↑ Manfred Boksch: Das praktische Buch der Heilpflanzen. BLV-Verlag, ISBN 3-405-14937-1, S. 228 f.
- ↑ Bärbel Schermer: Die große Teubner Küchenpraxis. Gräfe und Unzer, 2008, S. 141.
- ↑ Paul Arauner: Weine und Säfte, Liköre und Schnäpse selbstgemacht. Falken, Niedernhausen 1985, ISBN 3-8068-0702-7.
- ↑ Information zum Schlehenwein (Memento vom 22. Mai 2008 im Internet Archive)
- ↑ Landesverband der Gartenbauvereine: Merkinfo zur Schlehe.
- ↑ 18,0 18,1 G. K. F. Stinglwagner, I. Haseder, R. Erlbeck: Das Kosmos Wald-und Forstlexikon. Kosmos, 2005, ISBN 3-440-10375-7, S. 668.
- ↑ Julius-Kühn-Institut: u. a. Eigenschaften der Schlehe.
- ↑ Schlehe – die vergessene Beere.
- ↑ Woher die Schlehe ihre schönen Blüten hat.