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===Alternative Heilkultur im Mittelalter===
 
===Alternative Heilkultur im Mittelalter===
Beginnend im 14. Jahrhundert findet sich in [[wikipedia:Schlesien|Schlesien(w)]] eine alternative Heilkultur, die sich gegen die von der [[wikipedia:Scholastische Medizin|scholastischen Medizin(w)]] ausgehende [[wikipedia:Rationalisierung (Psychologie)#Psychologie|Rationalisierung(w)]] und „Mathematisierung“ der [[wikipedia:Medizin des Mittelalters|Heilkunde(w)]] (wie sie sich in einer quantifizierenden Pharmakologie in Montpellier aufzeigen lässt) richtete, und bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts andauerte. Initiator dieser „naturheilkundlichen Welle“ war der in [[wikipedia:Krakau|Krakau(w)]] um 1278 wirkende [[wikipedia:Dominikaner|Dominikaner(w)]]arzt Nikolaus von Polen ([[wikipedia:Niklas von Mumpelier|Niklas von Mumpelier(w)]]), der bereits einen Strukturwandel forderte, der den Heiler an die Stelle des Mediziners, die Natur an die Stelle der Medizin und die Erfahrung an die Stelle der Wissenschaft setzen sollte. Ein Heilmittel sei gemäß Nikolaus nur aus Erfahrung zu gewinnen und ein Arzneimittel ein ''empiricum''.<ref>Gundolf Keil: ''virtus occulta. Der Begriff des „empiricum“ bei Nikolaus von Polen.'' In: August Buck (Hrsg.): ''Die okulten Wissenschaften in der Renaissance.'' Wiesbaden 1992 (= ''Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceoforschung.'' Band 12), S. 159–196.</ref> In seiner als „Antihippokrates“ bezeichneten Schrift warf er der Hippokratischen Medizin vor, die empirische Heilkunde ausgelöscht zu haben.<ref>Gundolf Keil: ''Medizinische Bildung und Alternativmedizin.'' In: Winfried Böhm, Martin Lindauer (Hrsg.): ''„Nicht Vielwissen sättigt die Seele“. Wissen, Erkennen, Bildung, Ausbildung heute.'' (= ''Drittes Symposium der Universität Würzburg.'') Ernst Klett, Stuttgart 1988, ISBN 3-12-984580-1, S. 245–271, hier: S. 248–252.</ref> Nikolaus war ein erbitterter Gegner der [[wikipedia:Galenos|Galenischen Medizin(w)]]. Er verwarf ihre theoretische Grundlage – die [[wikipedia:Humoralpathologie|Humoralpathologie(w)]] – und verunglimpfte die Ärzte und Apotheker seiner Zeit mit der Absicht, sie durch den Beruf der Naturheilkundigen (lateinisch ''empirici'') zu ersetzen. Statt der {{"|teuren [[wikipedia:Spezerei|Spezerei(w)]]en der [[wikipedia:Pharmazeut|Pharmazeut(w)]]en}} und der [[wikipedia:Heilpflanze|Heilpflanze(w)]]n seiner Zeit favorisierte er die {{"|verabscheuten Vertreter}} der Tiere wie [[wikipedia:Schlangen|Schlangen(w)]], [[wikipedia:Schnecken|Schnecken(w)]], [[wikipedia:Kröten|Kröten(w)]], [[wikipedia:Maulwürfe|Maulwürfe(w)]] und [[wikipedia:Maulwurfsgrillen|Maulwurfsgrillen(w)]] als Heilmittel. Er folgte damit einer Art „negativer [[wikipedia:Signaturenlehre|Signaturenlehre(w)]]“<ref>Peter Mario Kreuter: ''Paracelsus und die deutsche Sprache.'' In: Albrecht Classen (Hrsg.): ''Paracelsus im Kontext der Wissenschaften seiner Zeit: Kultur- und mentalitätsgeschichtliche Annäherungen.'' Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-021887-9, S. 206.</ref> bzw. einem später auch bei [[wikipedia:Paracelsus|Paracelsus(w)]] wiederzufindenden „Simile-Prinzip“.<ref>Gundolf Keil: ''Medizinische Bildung und Alternativmedizin.'' 1988, S. 250–252.</ref> Die Arzneien waren von den Patienten in ein [[wikipedia:Amulett|Amulett(w)]] verpackt zu tragen.
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Beginnend im 14. Jahrhundert findet sich in [[wikipedia:Schlesien|Schlesien(w)]] eine alternative Heilkultur, die sich gegen die von der [[wikipedia:Scholastische Medizin|scholastischen Medizin(w)]] ausgehende [[wikipedia:Rationalisierung (Psychologie)#Psychologie|Rationalisierung(w)]] und „Mathematisierung“ der [[wikipedia:Medizin des Mittelalters|Heilkunde(w)]] (wie sie sich in einer quantifizierenden Pharmakologie in Montpellier aufzeigen lässt) richtete, und bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts andauerte. Initiator dieser „naturheilkundlichen Welle“ war der in [[wikipedia:Krakau|Krakau(w)]] um 1278 wirkende [[wikipedia:Dominikaner|Dominikaner(w)]]<nowiki/>arzt Nikolaus von Polen ([[wikipedia:Niklas von Mumpelier|Niklas von Mumpelier(w)]]), der bereits einen Strukturwandel forderte, der den Heiler an die Stelle des Mediziners, die Natur an die Stelle der Medizin und die Erfahrung an die Stelle der Wissenschaft setzen sollte. Ein Heilmittel sei gemäß Nikolaus nur aus Erfahrung zu gewinnen und ein Arzneimittel ein ''empiricum''.<ref>Gundolf Keil: ''virtus occulta. Der Begriff des „empiricum“ bei Nikolaus von Polen.'' In: August Buck (Hrsg.): ''Die okulten Wissenschaften in der Renaissance.'' Wiesbaden 1992 (= ''Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceoforschung.'' Band 12), S. 159–196.</ref> In seiner als „Antihippokrates“ bezeichneten Schrift warf er der Hippokratischen Medizin vor, die empirische Heilkunde ausgelöscht zu haben.<ref>Gundolf Keil: ''Medizinische Bildung und Alternativmedizin.'' In: Winfried Böhm, Martin Lindauer (Hrsg.): ''„Nicht Vielwissen sättigt die Seele“. Wissen, Erkennen, Bildung, Ausbildung heute.'' (= ''Drittes Symposium der Universität Würzburg.'') Ernst Klett, Stuttgart 1988, ISBN 3-12-984580-1, S. 245–271, hier: S. 248–252.</ref> Nikolaus war ein erbitterter Gegner der [[wikipedia:Galenos|Galenischen Medizin(w)]]. Er verwarf ihre theoretische Grundlage – die [[wikipedia:Humoralpathologie|Humoralpathologie(w)]] – und verunglimpfte die Ärzte und Apotheker seiner Zeit mit der Absicht, sie durch den Beruf der Naturheilkundigen (lateinisch ''empirici'') zu ersetzen. Statt der {{"|teuren [[wikipedia:Spezerei|Spezerei(w)]]en der [[wikipedia:Pharmazeut|Pharmazeut(w)]]en}} und der [[wikipedia:Heilpflanze|Heilpflanzen(w)]] seiner Zeit favorisierte er die {{"|verabscheuten Vertreter}} der Tiere wie [[wikipedia:Schlangen|Schlangen(w)]], [[wikipedia:Schnecken|Schnecken(w)]], [[wikipedia:Kröten|Kröten(w)]], [[wikipedia:Maulwürfe|Maulwürfe(w)]] und [[wikipedia:Maulwurfsgrillen|Maulwurfsgrillen(w)]] als Heilmittel. Er folgte damit einer Art „negativer [[wikipedia:Signaturenlehre|Signaturenlehre(w)]]“<ref>Peter Mario Kreuter: ''Paracelsus und die deutsche Sprache.'' In: Albrecht Classen (Hrsg.): ''Paracelsus im Kontext der Wissenschaften seiner Zeit: Kultur- und mentalitätsgeschichtliche Annäherungen.'' Walter de Gruyter, 2010, ISBN 978-3-11-021887-9, S. 206.</ref> bzw. einem später auch bei [[wikipedia:Paracelsus|Paracelsus(w)]] wiederzufindenden „Simile-Prinzip“.<ref>Gundolf Keil: ''Medizinische Bildung und Alternativmedizin.'' 1988, S. 250–252.</ref> Die Arzneien waren von den Patienten in ein [[wikipedia:Amulett|Amulett(w)]] verpackt zu tragen.
    
==Verbreitung==
 
==Verbreitung==
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Umfrageergebnisse über die Verbreitung nichtkonventioneller Heilverfahren streuen erheblich. Allgemein ist in Deutschland jedoch in den letzten Jahrzehnten eine erheblich gestiegene Nachfrage nach sogenannten Naturheilverfahren, aber auch nach anderen Formen der Alternativmedizin zu verzeichnen.<ref name="aerzteblatt-7802">{{Literatur |Autor=Dorothee Häußermann |Titel=[http://www.aerzteblatt.de/archiv/7802/Allensbach-Studie-Wachsendes-Vertrauen-in-Naturheilmittel Allensbach-Studie: Wachsendes Vertrauen in Naturheilmittel] |Sammelwerk=[[wikipedia:Deutsches Ärzteblatt|Deutsches Ärzteblatt(w)]] |Band=94 |Nummer=39 |Verlag=[[wikipedia:Deutscher Ärzte-Verlag|Deutscher Ärzte-Verlag(w)]] |Datum=1997-09-26 |Seiten=A-2466 / B-2108 / C-1974}}</ref> Insbesondere Frauen, Befragte mit hohem Bildungsniveau, chronisch Erkrankte und Personen mit einer gesundheitsbewussteren Lebensweise nehmen in besonders starkem Maße alternative Medizin in Anspruch, oft nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zur konventionellen Behandlung. Der ''Gesundheitsmonitor 2002''<ref name="Marstedt">{{Internetquelle |url=http://www.forum-gesundheitspolitik.de/dossier/PDF/AlternativmedizinBilanz.pdf |titel=SwissLight |zugriff=2010-09-25 |format=PDF; 62&nbsp;kB}}</ref> zeigte, dass weniger als ein Drittel der Bevölkerung noch gar nicht mit alternativer Medizin in Berührung gekommen war und etwa ein Viertel bislang ausschließlich [[wikipedia:Naturheilkunde|naturheilkundliche(w)]] Substanzen oder Therapieverfahren erprobt hatte. Knapp die Hälfte hatte jedoch auch Erfahrungen mit anderen Methoden wie Homöopathie, Akupunktur usw. Am häufigsten waren alternative Heilmethoden von niedergelassenen Ärzten verordnet worden (bei rund 2/3 der Betroffenen). Nach Angaben der [[wikipedia:Kassenärztliche Bundesvereinigung|Kassenärztlichen Bundesvereinigung(w)]] führten 2004 15.970 Ärzte die [[wikipedia:Ärztliche Weiterbildung|Zusatzbezeichnung(w)]] „Chirotherapie“, 13.502 die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“ und 5.538 Ärzte die Zusatzbezeichnung ''Homöopathie''. Die Anzahl der Ärzte, die Akupunktur anwenden, wird auf 20.000 bis 50.000 geschätzt.<ref name="aerzteblatt-53300">{{Literatur |Autor=Wolfgang Weidenhammer |Titel=[http://www.aerzteblatt.de/archiv/53300/Forschung-zu-Naturheilverfahren-und-Komplementaermedizin-Luxus-oder-Notwendigkeit Forschung zu Naturheilverfahren und Komplementärmedizin: Luxus oder Notwendigkeit?] |Sammelwerk=[[wikipedia:Deutsches Ärzteblatt|Deutsches Ärzteblatt(w)]] |Band=103 |Nummer=44 |Verlag=[[wikipedia:Deutscher Ärzte-Verlag|Deutscher Ärzte-Verlag(w)]] |Datum=2006-11-03 |Seiten=A-2929 / B-2551 / C-2453}}</ref> Vermutlich werden viele nichtkonventionelle Methoden noch häufiger von [[wikipedia:Heilpraktiker|Heilpraktiker(w)]]n und im Rahmen der Selbstbehandlung bzw. Laienbehandlung angewandt. Verlässliche Daten dazu sind aber nicht bekannt. In Europa werden komplementärmedizinische Verfahren von mehr als 100 Millionen Menschen in Anspruch genommen.<ref>{{Internetquelle |url=http://derstandard.at/1263706727077/Forschungsgelder-fuer-die-Komplementaermedizin |titel=Forschungsgelder für die Komplementärmedizin |hrsg=derstandard.at |zugriff=2010-09-25}}</ref>
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Umfrageergebnisse über die Verbreitung nichtkonventioneller Heilverfahren streuen erheblich. Allgemein ist in Deutschland jedoch in den letzten Jahrzehnten eine erheblich gestiegene Nachfrage nach sogenannten Naturheilverfahren, aber auch nach anderen Formen der Alternativmedizin zu verzeichnen.<ref name="aerzteblatt-7802">{{Literatur |Autor=Dorothee Häußermann |Titel=[http://www.aerzteblatt.de/archiv/7802/Allensbach-Studie-Wachsendes-Vertrauen-in-Naturheilmittel Allensbach-Studie: Wachsendes Vertrauen in Naturheilmittel] |Sammelwerk=[[wikipedia:Deutsches Ärzteblatt|Deutsches Ärzteblatt(w)]] |Band=94 |Nummer=39 |Verlag=[[wikipedia:Deutscher Ärzte-Verlag|Deutscher Ärzte-Verlag(w)]] |Datum=1997-09-26 |Seiten=A-2466 / B-2108 / C-1974}}</ref> Insbesondere Frauen, Befragte mit hohem Bildungsniveau, chronisch Erkrankte und Personen mit einer gesundheitsbewussteren Lebensweise nehmen in besonders starkem Maße alternative Medizin in Anspruch, oft nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zur konventionellen Behandlung. Der ''Gesundheitsmonitor 2002''<ref name="Marstedt">{{Internetquelle |url=http://www.forum-gesundheitspolitik.de/dossier/PDF/AlternativmedizinBilanz.pdf |titel=SwissLight |zugriff=2010-09-25 |format=PDF; 62&nbsp;kB}}</ref> zeigte, dass weniger als ein Drittel der Bevölkerung noch gar nicht mit alternativer Medizin in Berührung gekommen war und etwa ein Viertel bislang ausschließlich [[wikipedia:Naturheilkunde|naturheilkundliche(w)]] Substanzen oder Therapieverfahren erprobt hatte. Knapp die Hälfte hatte jedoch auch Erfahrungen mit anderen Methoden wie Homöopathie, Akupunktur usw. Am häufigsten waren alternative Heilmethoden von niedergelassenen Ärzten verordnet worden (bei rund 2/3 der Betroffenen). Nach Angaben der [[wikipedia:Kassenärztliche Bundesvereinigung|Kassenärztlichen Bundesvereinigung(w)]] führten 2004 15.970 Ärzte die [[wikipedia:Ärztliche Weiterbildung|Zusatzbezeichnung(w)]] „Chirotherapie“, 13.502 die Zusatzbezeichnung „Naturheilverfahren“ und 5.538 Ärzte die Zusatzbezeichnung ''Homöopathie''. Die Anzahl der Ärzte, die Akupunktur anwenden, wird auf 20.000 bis 50.000 geschätzt.<ref name="aerzteblatt-53300">{{Literatur |Autor=Wolfgang Weidenhammer |Titel=[http://www.aerzteblatt.de/archiv/53300/Forschung-zu-Naturheilverfahren-und-Komplementaermedizin-Luxus-oder-Notwendigkeit Forschung zu Naturheilverfahren und Komplementärmedizin: Luxus oder Notwendigkeit?] |Sammelwerk=[[wikipedia:Deutsches Ärzteblatt|Deutsches Ärzteblatt(w)]] |Band=103 |Nummer=44 |Verlag=[[wikipedia:Deutscher Ärzte-Verlag|Deutscher Ärzte-Verlag(w)]] |Datum=2006-11-03 |Seiten=A-2929 / B-2551 / C-2453}}</ref> Vermutlich werden viele nichtkonventionelle Methoden noch häufiger von [[wikipedia:Heilpraktiker|Heilpraktikern(w)]] und im Rahmen der Selbstbehandlung bzw. Laienbehandlung angewandt. Verlässliche Daten dazu sind aber nicht bekannt. In Europa werden komplementärmedizinische Verfahren von mehr als 100 Millionen Menschen in Anspruch genommen.<ref>{{Internetquelle |url=http://derstandard.at/1263706727077/Forschungsgelder-fuer-die-Komplementaermedizin |titel=Forschungsgelder für die Komplementärmedizin |hrsg=derstandard.at |zugriff=2010-09-25}}</ref>
    
In der [[wikipedia:Europäische Union|EU(w)]] gibt es schätzungsweise 305.000 Anbieter für CAM, davon 160.000 Ärzte. Die Anzahl von Ärzten nach Therapie verteilt sich wie folgt: Akupunktur (80.000), Homöopathie (45.000), Anthroposophische Medizin (4.500) und Neuraltherapie (1.500).<ref>K. von Ammon, M. Frei-Erb, F. Cardini, U. Daig, S. Dragan, G. Hegyi, P. Roberti di Sarsina, J. Sörensen, G. Lewith: ''Complementary and alternative medicine provision in Europe–first results approaching reality in an unclear field of practices.'' In: ''Forschende Komplementärmedizin.'' Band 19, Suppl 2, 2012, S.&nbsp;37–43, [[wikipedia:doi:10.1159/000343129|doi:10.1159/000343129(w)]]. PMID 23883943 (Review).</ref>
 
In der [[wikipedia:Europäische Union|EU(w)]] gibt es schätzungsweise 305.000 Anbieter für CAM, davon 160.000 Ärzte. Die Anzahl von Ärzten nach Therapie verteilt sich wie folgt: Akupunktur (80.000), Homöopathie (45.000), Anthroposophische Medizin (4.500) und Neuraltherapie (1.500).<ref>K. von Ammon, M. Frei-Erb, F. Cardini, U. Daig, S. Dragan, G. Hegyi, P. Roberti di Sarsina, J. Sörensen, G. Lewith: ''Complementary and alternative medicine provision in Europe–first results approaching reality in an unclear field of practices.'' In: ''Forschende Komplementärmedizin.'' Band 19, Suppl 2, 2012, S.&nbsp;37–43, [[wikipedia:doi:10.1159/000343129|doi:10.1159/000343129(w)]]. PMID 23883943 (Review).</ref>
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Eine bedeutsame Erklärung für die Attraktivität der alternativen Medizin liegt in der häufig negativen Bewertung der [[wikipedia:medikament|medikament(w)]]ösen Therapie. In deutlichem Kontrast hierzu werden nicht-evidenzbasierte Methoden zum Teil sehr pauschal mit Schlagworten wie ''sanft'', ''natürlich'' und ''frei von Nebenwirkungen'' besetzt. Im Rahmen eines Nicht-wahrhaben-Wollens ihrer Situation wenden sich auch onkologisch und palliativmedizinisch betreute, unheilbar Kranke komplementärmedizinischen bzw. alternativmedizinischen Angeboten zu.<ref>Markus Horneber, Gerwin Kaiser, Jutta Hübner, Gerda Hofmann-Wackersreuther: ''Komplementärmedizin in der Onkologie.'' In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, [[wikipedia:Lukas Radbruch|Lukas Radbruch(w)]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Palliativmedizin.'' Mit einem Geleitwort von Heinz Pichlmaier. 3., aktualisierte Auflage. Schattauer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7945-2666-6, S. 691–709, hier insbesondere: S. 694 f.</ref> Viele Patienten erfahren darüber hinaus bei alternativen Therapeuten ein höheres Maß an Zuwendung und Kommunikation, so dass hier auch ein niederschwelliges Psychotherapie- oder Beratungsangebot wahrgenommen wird. Die Erfahrung eines Mangels an ''[[wikipedia:Sprechende Medizin|sprechender Medizin(w)]]'' ist hier Motor der steigenden Nachfrage.<ref name="Marstedt" /> Die [[wikipedia:Anthropologie|anthropologische(w)]], auf einem in den 1920er Jahren entstandenen Konzept des Mediziners [[wikipedia:Viktor von Weizsäcker|Viktor von Weizsäcker(w)]]<ref>Josef N. Neumann: ''Medizintheorie.'' In: [[wikipedia:Werner E. Gerabek|Werner E. Gerabek(w)]], Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 957–962, hier: S. 960 (''Anthropologische Medizin'').</ref> beruhend, und [[wikipedia:Psychosomatik|psychosomatische(w)]] Medizin versuchen dieser Nachfrage im Rahmen der wissenschaftlichen Medizin gerecht zu werden.
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Eine mögliche Erklärung für die Attraktivität der alternativen Medizin liegt in der häufig negativen Bewertung der konventionellen [[wikipedia:medikament|medikament(w)]]<nowiki/>ösen Therapie. In deutlichem Kontrast hierzu werden nicht-evidenzbasierte Methoden eher mit Schlagworten wie ''sanft'', ''natürlich'' und ''frei von Nebenwirkungen'' besetzt. Teilweise wenden sich im Rahmen eines Nicht-wahrhaben-Wollens ihrer Situation auch onkologisch und palliativmedizinisch betreute, unheilbar Kranke komplementärmedizinischen bzw. alternativmedizinischen Angeboten zu.<ref>Markus Horneber, Gerwin Kaiser, Jutta Hübner, Gerda Hofmann-Wackersreuther: ''Komplementärmedizin in der Onkologie.'' In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, [[wikipedia:Lukas Radbruch|Lukas Radbruch(w)]] (Hrsg.): ''Lehrbuch der Palliativmedizin.'' Mit einem Geleitwort von Heinz Pichlmaier. 3., aktualisierte Auflage. Schattauer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7945-2666-6, S. 691–709, hier insbesondere: S. 694 f.</ref> Viele Patienten erfahren darüber hinaus bei alternativen Therapeuten ein höheres Maß an Zuwendung und Kommunikation, so dass hier auch ein niederschwelliges Psychotherapie- oder Beratungsangebot wahrgenommen wird. Die Erfahrung eines Mangels an ''[[wikipedia:Sprechende Medizin|sprechender Medizin(w)]]'' ist hier Motor der steigenden Nachfrage.<ref name="Marstedt" /> Die [[wikipedia:Anthropologie|anthropologische(w)]], auf einem in den 1920er Jahren entstandenen Konzept des Mediziners [[wikipedia:Viktor von Weizsäcker|Viktor von Weizsäcker(w)]]<ref>Josef N. Neumann: ''Medizintheorie.'' In: [[wikipedia:Werner E. Gerabek|Werner E. Gerabek(w)]], Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' de Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 957–962, hier: S. 960 (''Anthropologische Medizin'').</ref> beruhend, und [[wikipedia:Psychosomatik|psychosomatische(w)]] Medizin versuchen dieser Nachfrage im Rahmen der wissenschaftlichen Medizin gerecht zu werden.
    
==Ökonomische Bedeutung==
 
==Ökonomische Bedeutung==
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