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Tier

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Verschiedene vielzellige Tiere

Tiere sind Lebewesen mit Zellkern (Eukaryoten), die ihre Stoffwechselenergie nicht wie Pflanzen aus Sonnenlicht beziehen, Sauerstoff zur Atmung benötigen, aber keine Pilze sind. Zur Energie- und Stoffgewinnung ernähren sich Tiere von anderen Lebewesen (Heterotrophie). Die meisten Tiere können sich aktiv bewegen und besitzen Sinnesorgane. Die Wissenschaft von den Tieren ist die Zoologie, die Tierwelt wird mit Fauna umschrieben, die Pflanzenwelt mit Flora. Taxonomisch bilden die Tiere das Reich der Animalia (hergeleitet von lateinisch animus die Seele im Sinne von beseelte Wesen, biologisch heterotrophe Lebewesen mit Nerven-Sinnes-Funktionen).

„Tiere“ sind in der biologischen Systematik keine phylogenetische Einheit. Meistens wird in der Taxonomie mit dem „Reich der Tiere“ die Gruppe der vielzelligen Tiere (Metazoa) bezeichnet. Trotz der großen äußeren Unterschiede zwischen Wirbeltieren, Insekten, Seesternen, Quallen und all den anderen vielzelligen Tieren bilden diese nach heutigem Kenntnisstand tatsächlich eine einheitliche systematische Gruppe mit einem gemeinsamen Vorfahren. Der Begriff Metazoa wurde ursprünglich als Gegensatz zu den Protozoa, den einzelligen Tieren, geprägt. Letztere sind aber, wie heute bekannt ist, keine stammesgeschichtlich einheitliche Gruppe. Beispielsweise sind die Wimpertierchen nach heutigem Kenntnisstand näher mit den Pflanzen verwandt (beide Gruppen gehören zu den Diaphoretickes) als mit den mehrzelligen Tieren.

Obwohl auch der Mensch biologisch gesehen ein Tier ist, wird er im nichtbiologischen Sprachgebrauch, darunter auch in juristischen Kontexten, nicht zu den Tieren gezählt.

Begriffsgeschichte und Taxonomie

Der Begriff Tier (lat. animalis), im Deutschen zurückgehend auf althochdeutsch tior (Seelentier, wildes Tier) und verwandt mit gotisch dius (atmendes Wesen),[1][2] wurde bereits im Altertum geprägt und ist ebenso Grundlage der von Carl von Linné begründeten Taxonomie wie auch der biologischen Systematik. Bis zum 19. und dem Anfang des 20. Jahrhunderts wurde nur zwischen Tieren (Animalia) und Pflanzen (Plantae) unterschieden, in einführenden Lehrwerken hatte diese Zweiteilung noch lange Bestand.

Systematik der Tiere

Verwandtschaft

Nach Analyse ihrer DNA-Sequenzen bilden die Tiere, die Pilze und einige im Wesentlichen einzellige Verwandtschaftsgruppen eine Abstammungsgemeinschaft innerhalb der Eukaryoten, die als Opisthokonta bezeichnet wird. Merkmale der Opisthokonta sind u. a.: Zelle mit nur einer Geißel (wenn nicht sekundär rückgebildet), diese immer ohne Mastigonema und mit zwei Centriolen. Einzellige Arten oder Stadien besitzen Mitochondrien mit flachen Cristae.[3] Die Opisthokonta umfassen danach zwei Schwestergruppen. Eine davon, die Nucletmycea[4], umfasst die Pilze und einige (meist einzellige) verwandte Gruppen. Die andere, die Holozoa genannt wird[5], umfasst die Tiere und einige verwandte Gruppen. Diese Gruppen sind:

  • Ichthyosporea; pilzähnliche Parasiten oder Symbionten, zuerst vor allem in Fischarten, inzwischen auch in zahlreichen anderen Tiergruppen nachgewiesen[6]
  • Filasterea[7]; einzellige Protozoen ohne Zellwand und mit sehr langen, unverzweigten Pseudopodien, die entweder frei im Meerwasser leben (Ministeria vibrans) oder Endosymbionten von Tieren sind (Capsasporidae)
  • Aphelidea: einzellige Parasiten von Algen mit komplexem Lebenszyklus: amöboide Zellen dringen in die Spore der Wirtsalge ein und setzen sich auf der Zelloberfläche fest, diese setzen durch Zellteilung (amöboide oder begeißelte) Ausbreitungszellen frei.
  • Corallochytrium limacisporum[8], ein im Meer lebender (mariner), frei lebender Einzeller ohne bisher bekannte Verwandte, der erst 1987 in tropischen Korallenriffen entdeckt worden ist
  • Kragengeißeltierchen (Choanomonada oder Choanoflagellata).

Die einzelligen Formen sind in den meisten dieser Gruppen durch lange und unverzweigte Zellfortsätze (Pseudopodien) mit starrem Innenskelett aus Aktinfilamenten gekennzeichnet, während die meisten anderen „Protisten“ (z. B. die Amoebozoa) breite, verzweigte Pseudopodien ausbilden. Die Filamente könnten den Zellfortsätzen (Mikrovilli) des „Kragens“ der Kragengeißeltierchen entsprechen.[7] Die mit den vielzelligen Tieren am engsten verwandte Gruppe sind die Kragengeißeltierchen (Choanoflagellata), die mit den Choanozyten der Schwämme (Porifera), einem Zelltyp innerhalb der Strudelkammern, viele Gemeinsamkeiten aufweisen.

Die möglichen Verwandtschaftsverhältnisse der bisher näher untersuchten Gruppen und damit die nähere Verwandtschaft der Tiere könnten demnach so aussehen[9]:

  • Opisthokonta
    • Nucletmycea
    • Holozoa
      • Ichthyosporea
      • „Filozoa“

Wie die übrigen erwähnten Gruppen hier einzuordnen wären, ist zurzeit unklar, weil entsprechend umfassende Untersuchungen noch nicht vorliegen. Vermutlich ist aber Corallochytrium limacisporum basal zu den anderen Gruppen einzuordnen.[4]

Vielzellige Tiere

Die derzeit in der Wikipedia verwendete Systematik der Tiere ist einsehbar in dem Artikel Systematik der Vielzelligen Tiere. An dieser Stelle sollen bloß die aktuelleren Entwicklungen der Systematik kurz dargestellt werden. Die Systematik der Tiere wird zurzeit intensiv erforscht. Die folgende Darstellung ist deshalb sicherlich nicht die endgültige Fassung. Sie basiert auf einer Reihe aktueller phylogenomischer Arbeiten, wobei den jüngeren/umfangreicheren Publikationen jeweils mehr Gewicht eingeräumt wurde.[10][11][12][13][14]

In der dargestellten aktuellen Systematik ist besonders auffällig, dass die Coelenterata wieder berücksichtigt werden. Dies geschieht nach Philippe u. a. (2009) und widerspricht zum Beispiel Dunn u. a. (2008). Darüber hinaus werden einige gebräuchliche Gruppenbezeichnungen aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr verwendet:

Häufig wird Animalia als Synonym zu Metazoa benutzt. Die ein- bis wenigzelligen Choanoflagellata werden demzufolge nicht als echte Tiere betrachtet, sondern als Schwestergruppe zu den Animalia/Metazoa. Das Monophylum, das Choanoflagellata und Metazoa zusammenfasst, trägt dann keinen Namen.

Rechtliche Perspektive

Rechtsstellung von Tieren in Deutschland

In der Tradition des römischen Rechts galten Tiere zivilrechtlich lange Zeit als Sachen. In Deutschland wurden sie 1990 mit der Einfügung von § 90a im Bürgerlichen Gesetzbuch gegenüber den Sachen abgeteilt, unterliegen aber im Allgemeinen weiterhin den sachenrechtlichen Bestimmungen. In Österreich war eine vergleichbare Novellierung 1988 mit § 285a ABGB wirksam geworden, in der Schweiz erfolgte sie 1993 mit dem Art. 641a ZGB. Der deutsche § 90a BGB lautet:

„Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.“

Bürgerliches Gesetzbuch[17]

Tierschutz ist in Deutschland ein Staatsziel nach Vorlage:Art. GG. Die Umsetzung ist im Tierschutzgesetz geregelt. Dazu kommen viele weitere Gesetze und Verordnungen wie das Bundesnaturschutzgesetz und das Bundesjagdgesetz sowie die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung oder die Kälberhaltungsverordnung, die teilweise auch europäisches Recht umsetzen.

„Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

§ 1 Tierschutzgesetz[18]

Kulturelle Perspektive

Tierdarstellungen in der Architektur

Hundedarstellung an einem gotischen Säulenkapitell

Tierdarstellungen erscheinen in Bauwerken und Gebäuden häufig ornamental bzw. dekorativ, etwa in Bestiensäule, Drolerien, Figurenkapitellen, Onigawaras und Zophoren. Einige architektonische Elemente zeigen stets eine bestimmte Tierart, darunter die bereits in der Antike verbreiteten Bukranien (Rind) sowie die Pferdeköpfe an niederdeutschen Hausgiebeln. Als Laufender Hund wird ein Mäander-ähnlicher Fries bezeichnet.

Tierdarstellungen in der Kunst

In der bildenden Kunst sind Tierdarstellungen überaus häufig. Bereits in Höhlenmalereien und ägyptischen Grabmalereien werden Tiere dargestellt.[19]

Siehe auch

Literatur

  • Alexander Pschera: Das Internet der Tiere. Der neue Dialog zwischen Mensch und Natur. Verlag Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2014, ISBN 978-3-95757-014-7.
  • Hans Werner Ingensiep, Heike Baranzke: Das Tier. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-020320-0.
  • Manuela Linnemann (Hrsg.): Brüder – Bestien – Automaten: das Tier im abendländischen Denken. (= Tierrechte – Menschenpflichten. Band 3). Harald Fischer Verlag, Erlangen 2000, ISBN 3-89131-401-9.
  • Markus Wild: Tierphilosophie: zur Einführung. Junius, Hamburg 2008, ISBN 978-3-88506-651-4.
  • Ludwig Döderlein: Bestimmungsbuch für deutsche Land- und Süßwassertiere. 3 Bände. Oldenbourg, München/Berlin, 1931–1932.

Weblinks

Wikisource: Tierliteratur – Quellen und Volltexte
Wiktionary: Tier – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Tier – Zitate
 Commons: Animalia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Aufl., hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin/New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 778.
  2. Hans-Dieter Willkomm: Die Weidmannssprache. Begriffe, Wendungen und Bedeutungswandel des weidmännischen Sprachgutes. Berlin 1990, S. 84.
  3. S. M. Adl, A. G. B. Simpson, C. E. Lane, J. Lukeš, D. Bass, S. S. Bowser, M. W. Brown, F. Burki, M. Dunthorn, V. Hampl, A. Heiss, M. Hoppenrath, E. Lara, L. le Gall, D. H. Lynn, H. McManus, E. A. D. Mitchell, S. E. Mozley-Stanridge, L. W. Parfrey, J. Pawlowski, S. Rueckert, L. Shadwick, C. L. Schoch, A. Smirnov, F. W. Spiegel: The Revised Classification of Eukaryotes. In: Journal of Eukaryotic Microbiology. 59, 2012, S. 429–514. doi:10.1111/j.1550-7408.2012.00644.x
  4. 4,0 4,1 Matthew W. Brown, Frederick W. Spiegel Jeffrey D. Silberman: Phylogeny of the “Forgotten” Cellular Slime Mold, Fonticula alba, Reveals a Key Evolutionary Branch within Opisthokonta. In: Molecular Biology and Evolution. Volume 26, Issue 12, 2009, S. 2699–2709. doi:10.1093/molbev/msp185
  5. B. F. Lang, C. O’Kelly, T. Nerad, M. W. Gray, G. Burger: The Closest Unicellular Relatives of Animals. In: Current Biology. Bd. 12, 2002, S. 1773–1778. doi:10.1016/S0960-9822(02)01187-9 PMID 12401173
  6. Sally L. Glockling, Wyth L. Marshall, Frank H. Gleason: Phylogenetic interpretations and ecological potentials of the Mesomycetozoea (Ichthyosporea). In: Fungal Ecology. 2013. doi:10.1016/j.funeco.2013.03.005
  7. 7,0 7,1 Kamran Shalchian-Tabrizi, Marianne A. Minge, Mari Espelund, Russell Orr, Torgeir Ruden, Kjetill S. Jakobsen, Thomas Cavalier-Smith: Multigene Phylogeny of Choanozoa and the Origin of Animals. In: PloS ONE. 3 (5), 2008, S. e2098 doi:10.1371/journal.pone.0002098 (open access)
  8. Thomas Cavalier-Smith, M. T. E. Paula Allsopp: Corallochytrium, an enigmatic non-flagellate protozoan related to choanoflagellates. In: European Journal of Protistology. Bd. 32, Issue 3, 1996, S. 306–310. doi:10.1016/S0932-4739(96)80053-8
  9. Z. B. Guifre Torruella, Romain Derelle, Jordi Paps, B. Franz Lang, Andrew J. Roger, Kamran Shalchian-Tabrizi, Inaki Ruiz-Trillo: Phylogenetic Relationships within the Opisthokonta Based on Phylogenomic Analyses of Conserved Single-Copy Protein Domains. In: Molecular Biology and Evolution. 29 (2), 2012, S. 531–544. doi:10.1093/molbev/msr185
  10. H. Philippe, R. Derelle, P. Lopez, K. Pick, C. Borchiellini, N. Boury-Esnault, J. Vacelet, E. Renard, E. Houliston, E. Quéinnec, C. Da Silva, P. Wincker, H. Le Guyader, S. Leys, D. J. Jackson, F. Schreiber, D. Erpenbeck, B. Morgenstern, G. Wörheide, M. Manuel: Phylogenomics Revives Traditional Views on Deep Animal Relationships. In: Current Biology. Band 19, Nr. 8, 28. April 2009, S. 706–712, doi:10.1016/j.cub.2009.02.052, PMID 19345102.
  11. C. W. Dunn, A. Hejnol, D. Q. Matus, K. Pang, W. E. Browne, S. A. Smith, E. Seaver, G. W. Rouse, M. Obst, G. D. Edgecombe, M. V. Sørensen, S. H. Haddock, A. Schmidt-Rhaesa, A. Okusu, R. M. Kristensen, W. C. Wheeler, M. Q. Martindale, G. Giribet: Broad phylogenomic sampling improves resolution of the animal tree of life. In: Nature. Band 452, Nr. 7188, 10. April 2008, S. 745–749, doi:10.1038/nature06614, PMID 18322464.
  12. K. Shalchian-Tabrizi, M. A. Minge, M. Espelund, R. Orr, T. Ruden, K. S. Jakobsen, T. Cavalier-Smith: Multigene Phylogeny of Choanozoa and the Origin of Animals. In: PLoS ONE. Band 3, Nr. 5, 7. Mai 2008, S. e2098, doi:10.1371/journal.pone.0002098, PMID 18461162, PMC 2346548 (freier Volltext).
  13. E. Gaidos, T. Dubuc, M. Dunford, P. McAndrew, J. Padilla-Gamino, B. Studer, K. Weersing, S. Stanley: The Precambrian emergence of animal life: a geobiological perspective. In: Geobiology. Band 5, Nr. 4, 17. September 2007, S. 351–373, doi:10.1111/j.1472-4669.2007.00125.x.
  14. E. T. Steenkamp, J. Wright, S. L. Baldauf: The Protistan Origins of Animals and Fungi. In: Molecular Biology and Evolution. Band 23, Nr. 1, Januar 2006, S. 93–106, doi:10.1093/molbev/msj011, PMID 16151185 (oxfordjournals.org [PDF]).
  15. J. Baguñà, M. Riutort: Molecular phylogeny of the Platyhelminthes. In: Canadian Journal of Zoology. Band 82, Nr. 2, 2004, S. 168–193, doi:10.1139/z03-214.
  16. A. Hejnol, M. Obst, A. Stamatakis, M. Ott, G. W. Rouse, G. D. Edgecombe, P. Martinez, J. Baguñà, X. Bailly, U. Jondelius, M. Wiens, W. E. Müller, E. Seaver, W. C. Wheeler, M. Q. Martindale, G. Giribet, C. W. Dunn: Assessing the root of bilaterian animals with scalable phylogenomic methods. In: Proceedings of the Royal Society B Biological Sciences. Band 276, Nr. 1677, 22. Dezember 2009, S. 4261–4270, doi:10.1098/rspb.2009.0896, PMID 19759036, PMC 2817096 (freier Volltext).
  17. § 90a Bürgerliches Gesetzbuch, § 90a Tiere. dejure.org
  18. Tierschutzgesetz, § 1. dejure.org
  19. Tierdarstellungen in der Kunst, Kleine digitale Bibliothek Nr. 39, CD-ROM, Directmedia Publishing GmbH, Berlin 2007, ISBN 978-3-89853-339-3.
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