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Elemente
Nach der Vier-Elemente-Lehre besteht alles Sein aus den vier Grundelementen Feuer, Wasser, Luft und Erde.
Griechische Philosophen
Vorläufer: Thales, Anaximes und Heraklit
Der griechische Philosoph Thales von Milet in Ionien vertrat die Ansicht, dass alle Stoffe nur verschiedene Aspekte des Urstoffes Wasser darstellen, denn Wasser war seiner Ansicht nach in größter Menge vorhanden. Er stellte sich vor, dass die Erde als flache Scheibe auf Wasser schwimmen würde und dass auch über dem Halbkugeligen Himmelsgewölbe Wasser vorhanden sei.
Seine Theorien fanden große Anerkennung, es wurde jedoch angefochten, dass Wasser der Urstoff sei. In den folgenden Jahrhunderten führten astronomische Überlegungen in Griechenland zu dem Schluss, dass der Himmel eine Kugel sei, in dessen Mitte sich die ebenfalls kugelförmige Erde befinde.
Anaximenes - ebenfalls aus Milet - kam zu dem Schluss, dass die Luft der Urstoff sei und zum Mittelpunkt des Universums hin zusammengepresst werde, wodurch die anderen Elemente Wasser und Erde entständen.
Heraklit aus der Nachbarstadt Ephesus war der Ansicht, dass das sich stets wandelnde und verändernde Feuer der Urstoff sein müsse, da sich im Universum alles wandelt.
Empedokles
Die breiteste Wirkung hatte ihre Formulierung durch den griechischen Naturphilosophen Empedokles im 5. Jahrhundert v. Chr.. Die Vorgänger von Empedokles haben den vier Elementen nur Eigenarten zugeschrieben, die wir heute den Aggregatzuständen zuordnen. Ein Beispiel dafür ist die Verflüssigung eines Gases durch Druck bei Anaximenes. Auch dass feste Stoffe bereits bei Empedokles’ Vorgängern dem Element Erde zugeordnet werden, flüssige dem Wasser und gasförmige der Luft, entspricht dem heutigen Konzept der Aggregatzustände.
Dieses Schema wurde bei Empedokles beibehalten. Zusätzlich schrieb Empedokles den Elementen aber noch eine Eigenart zu, die unseren heutigen Elementen aus dem Periodensystem der chemischen Elemente entspricht: Er nahm an, die vier Elemente wären ewig existierende und unveränderliche Grundsubstanzen, die durch Mischung die Vielfalt der Stoffe bilden.
Auch wenn diese Prinzipien in Teilen schon auf die moderne Wissenschaft hindeuten, darf nicht übersehen werden, dass bei Empedokles die vier Elemente zunächst als Götter eingeführt wurden. Es herrscht jedoch keine Einigkeit darüber, welchem Gott er welches Element zuordnete. Einige Autoren gehen davon aus, dass das Feuer dem Zeus, die Luft der Hera, die Erde dem Aidoneus (Hades) und das Wasser der Nestis (Persephone) zugeordnet war, andere deuten Empedokles Texte in dem Sinne, dass Hera der Erde und Aidoneus der Luft zugeordnet gewesen sei.[1][2][3][4][5].
Durch die Zuordnung der Elemente zu Gottheiten bekamen die vier Elemente weitere Eigenschaften, die sich nicht nur in den medizinischen Bereich (vgl. Humoralpathologie), sondern auch in die Psychologie erstrecken. Dem Feuer wurde Zielstrebigkeit, Ehrgeiz, Engagement zugeordnet. Wasser ist das sanfte Element, das nachgiebige und weiche, das Luftelement ist quirlig, flexibel und veränderungorientiert und letztlich steht Erde für das Festgefügte, Starre und Beständige. Alle Dinge besitzen damit eine charakteristischen Anteil der vier Elemente. Federn sind vorwiegend Luft, Steine einen hohen Anteil an Erdelement. Dabei besitzt Bimsstein wiederum viel Luftelement, Bergkristall das Wasserelement und Pyrit anteilig Feuerelement[6]. Auch auf den Menschen trifft danach eine individuelle Mischung dieser vier Elemente zu. Krankheiten sind mithin ein Ungleichgewicht der Elemente. Der Mediziner früherer Zeit behandelte Krankheiten durch Zufuhr eines fehlenden Elements über die Nahrung oder durch Heilpflanzen oder er leitete ein Zuviel ab. Ausleitungsverfahren, die heute von Heilpraktikern angewendet werden, beruhten ursprünglich auf dieser Vorstellung.[6][7]
Platon und Aristoteles
Dodekaeder – Kosmos | Tetraeder – Feuer | Oktaeder – Luft | Ikosaeder – Wasser | Würfel – Erde |
Die Vier-Elemente-Lehre wurde von späteren griechischen Philosophen weiterentwickelt. Platon ordnete jedem der vier Elemente einen regelmäßigen Körper zu.
Aristoteles gab die klassische Definition des Elements, die letzlich auch viel später in die Chemie übernommen wurde, dort allerdings nicht mehr auf die vier klassischen Elemente bezogen, sondern auf die weit größere Zahl der chemischen Elemente:
„Es sei uns demnach ein Element derjenige unter den Körpern, in welchen die übrigen Körper zerlegt werden als in einen in ihnen potentiell oder aktuell enthaltenen (in welcher nämlich von diesen beiden Weisen, ist noch streitig), und welcher selbst nicht mehr in andere der Art nach verschiedene geteilt werden kann; irgendetwas Derartiges nämlich wollen alle und bei allen Dingen als das Element bezeichnen.“
Aristoteles leitete die vier Elementen dynamisch aus den Eigenschaften warm/kalt (Vorlage:Polytonisch thermòn/psychròn) und trocken/feucht (Vorlage:Polytonisch hygròn/xeròn) ab: Feuer = warm + tocken, Luft = warm + feucht, Wasser = kalt + feucht und Erde = kalt + trocken. Diese Gegensatzpaare, die Aristoteles nicht bloß als subjektive Eindrücke, sondern als objektive Realitäten auffasst, die auch Veränderungen bewirken oder erfahren können, werden nach seiner Ansicht durch Berührung mit dem Tastsinn erfasst, der ihm zur Wahrnehmung der physisch-körperlichen Welt, zu der er die Elemente rechnet, geeigneter erscheint als der an sich höhere Sehsinn. Der Begriff „Tastsinn“ ist dabei sehr weit gefasst; eigentlich müsste man von einer Art „Spürsinn“ sprechen, denn Feuer und Luft kann man zwar nicht im eigentlichen Sinn tasten, wohl aber spüren:
„Gegensätzlichkeiten gemäß der Berührung sind aber folgende: warm – kalt, trocken – naß, schwer – leicht, hart – weich, leimig – spröde, rauh – glatt, dick – dünn. Von ihnen aber sind schwer und leicht nicht wirkungs- und leidensfähig; denn sie werden nicht dadurch begriffen, daß sie etwas anderes bewirken oder von anderem leiden. Doch muß es so sein, daß die Elemente miteinander wirkungs- und leidensfähig sind. Denn sie mischen und verwandeln sich ineinander.
Warmes und Kaltes und Trockenes und Nasses hingegen werden dadurch begriffen, daß sie teils wirkungs-, teils leidensfähig sind: Denn ›warm‹ ist das, was Homogenes zusammenschließt (denn die Trennung, welche, wie man sagt, das Feuer bewirkt, ist ein Zusammenschließen des Gleichartigen – damit einher geht nämlich, daß es das Fremde ausscheidet), ›kalt‹ hingegen ist das Zusammenführende und -schließende gleicher maßen für das Verwandte und das nicht Gleichartige; ›naß‹ dagegen ist das durch eigene Grenze Unbestimmte, doch Geschmeidige für sie; ›trocken‹ das zwar Scharfumrissene durch eigene Grenze, jedoch Ungeschmeidige. Das Dünne und Dicke und Leimige und Spröde und Harte und Weiche und die anderen Unterschiede aber sind aus diesen.“
Die vier Elemente bewegen sich entsprechend ihrer jeweiligen Natur geradlinig entweder zum Zentrum, also zur Erde, hin oder von dieser weg. Das Erdelement, das der Schwere am meisten unterliegt, bewegt sich zum Mittelpunkt, in etwas geringerem Maße auch das Wasser. Das Feuer jedoch bewegt sich geradlinig vom Zentrum weg und in geringerem Grad auch die Luft.
Außerdem fügte Aristoteles den Äther als fünftes Element (die Quintessenz) hinzu, aus dem die ewig auf Kreisbahnen laufenden unvergänglichen und unveränderlichen himmlischen Körper bestehen sollten.
Stoiker
Die Stoiker entwickelten die Lehre weiter, indem sie das Pneuma einführten. Das rohe Pneuma wird über die Atmung aufgenommen und durch das Feuer der Leber „verkocht“, das heißt für den Körper verwendungsfähig gemacht. Alle Elemente, die vom Körper aufgenommen werden, müssen erst durch das Feuer der Verdauung (insbesondere der Leber) aktiviert werden, Luft und Feuer gehören zu den aktiven Elementen. Dementsprechend wurden Luft und Feuer als aktive pneumaartige Elemente und Erde und Wasser als passive Elemente angesehen. Pneuma erfüllte viele Funktionen, die Aristoteles dem Äther zuordnete.[6][10]
Diese Theorie wurde in dieser Form in Europa über das Mittelalter erhalten und blieb in der Medizin bis zur Aufklärung die bestimmende Grundlage.
Tabellarische Übersicht
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Elemente und die ihnen zugeordneten Körper, Eigenschaften und Himmelsrichtungen aus Perspektive der Anthroposophischen Medizin.[6][10][11][12]
Elemente | Viergliederung / Wesensglieder | Platonischer Körper | Eigenschaft | Himmelsrichtung | Temperament | Symbol |
---|---|---|---|---|---|---|
Feuer | Ich | Tetraeder | warm + trocken | Süden | Choleriker | |
Luft | Astralleib | Oktaeder | warm + feucht | Osten | Sanguiniker | |
Wasser | Ätherleib | Ikosaeder | kalt + feucht | Westen | Phlegmatiker | |
Erde | Physischer Leib | Würfel | kalt + trocken | Norden | Melancholiker |
Heutige Bedeutung
Robert Boyle und das Periodensystem der Elemente
Die Vier-Elemente-Lehre war bis ins 17. Jahrhundert hinein bestimmend für die Chemie, die bis dahin durchweg Alchemie genannt wurde. Erst Robert Boyle leitete die Entwicklung ein, die zum heutigen Periodensystem der Elemente führte, indem er nur noch diejenigen Stoffe als Elemente anerkannte, die sich nicht in andere Stoffe zerlegen lassen. Er nahm auch die Umbenennung der Alchemie in Chemie vor, so dass jetzt nur noch die esoterische Richtung der Chemie als Alchemie bezeichnet wird.
Da der Begriff "Element" dadurch seinen Bezug zu den Aggregatzuständen verlor, wurde der Begriff Aggregatzustand neu geprägt.
Kunst
In der Kunstgeschichte stößt man auf zahlreiche allegorische Darstellungen der Elemente.
Die chinesische Fünf-Elemente-Lehre
In der chinesischen Kultur gibt es ein verwandtes Modell, die Fünf-Elemente-Lehre, nach der die fünf Grundelemente Metall, Holz, Erde, Wasser und Feuer sind.
Siehe auch
- Vier-Elemente-Lehre - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Isaac Asimov; 1969; Kleine Geschichte der Chemie. Vom Feuerstein bis zur Kernspaltung; München: Wilhelm Goldmann Verlag
- Wilhelm Strube; 1976; Der historische Weg der Chemie; Leipzig: VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Ingrid Straube: Die Quellen der Philosophie sind weiblich: Vom Einfluss weiser Frauen auf die Anfänge der Philosophie. ein-FACH-Verlag, Aachen 2001, S. 31–32 ISBN 978-3-928089-29-6
- ↑ Walter Bröcker: Die Geschichte der Philosophie vor Sokrates. 2. Aufl. Klostermann, Wiesbaden 1986 ISBN 978-3-465-01706-6
- ↑ Egon Gottwein: Vorsokratische Philosophie
- ↑ Arthur Fairbanks: Empedocles Fragments and Commentary
- ↑ Walter L. Strauss/John T. Spike (Hrsg.): The Illustrated Bartsch. New York 1978 -: Zahlreiche Darstellungen der vier Elemente von verschiedenen Künstlern aus dem 15. bis 19. Jahrhundert in mehreren Bänden
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 Gernot und Hartmut Böhme: Feuer, Wasser, Luft, Erde. Eine Kulturgeschichte der Elemente. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41292-0.
- ↑ Hildegard von Bingen: Heilkraft der Natur. „Physika“. 2. Aufl. Christiana-Verlag, Stein am Rhein 2005, ISBN 978-3-7171-1129-0.
- ↑ Aristoteles: Vier Bücher über das Himmelsgebäude. Zwei Bücher über Entstehen und Vergehen, Verlag von Wilhelm Engelmann, Leipzig 1857, S. 209 pdf
- ↑ nach der Übersetzung von Thomas Buchheim (2011), S. 97ff; vgl. auch die Übersetzung von Carl Prantl (1857) S. 439ff pdf
- ↑ 10,0 10,1 Ulrich Stoll: Das Lorscher Arzneibuch. Steiner, Stuttgart 1992, ISBN 3-515-05676-9 (zugleich Diss. 1989).
- ↑ C. G. Jung: Archetypen. dtv-Verlag, 1997 ISBN 3-423-35125-X
- ↑ C. G. Jung, K. Kerenyi: Einführung in das Wesen der Mythologie. Rascher, Zürich 1941.