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Anis
Anis
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Pimpinella anisum | ||||||||||||
L. |
Anis (bundesdeutsches und Schweizer Hochdeutsch: [aˈniːs]; österreichisches Hochdeutsch: [ˈaːnɪs];[1] Pimpinella anisum) ist eine Pflanzenart in der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Anis wird als Gewürz- sowie Heilpflanze verwendet und war in Deutschland die Heilpflanze des Jahres 2014.
Etymologie
Der Name geht über lateinisch anisum auf das griechische Wort ānison, als möglicherweise mit griechisch anemos, „Duft“, verwandte, Bezeichnung der über Ägypten (vgl. arabisch anīsūn) aus dem Orient nach Griechenland gelangten Pflanze (Anis, ursprünglich vielleicht auch Dill, das ist Anethum graveolens, und andere duftende Doldenblütler) bzw. deren Samen zurück.[2][3]
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Die Anispflanze wächst als einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 10 bis 60 Zentimetern. Die Pfahlwurzel ist dünn. Der aufrechte, stark verzweigte Stängel ist leicht behaart. Die ganze Pflanze ist stark aromatisch.
Die Laubblätter sind verschiedengestaltig: die 2 bis 5 Zentimeter lang gestielten, einfachen Grundblätter sind bei einer Länge von 1 und 3 Zentimetern herzförmig rundlich und am Rand eingeschnitten gesägt. Die Stängelblätter sind ein- bis zweifach fiederteilig, die Ränder der Fiederblättchen sind gesägt. Die obersten Stängelblätter sind mehr und mehr reduziert, bis sie nur noch dreilappig sind.
Generative Merkmale
Die Blütezeit reicht von Juni bis September. Der doppeldoldige Blütenstand besitzt einen Durchmesser von 1,5 bis 6 Zentimetern und ist 7- bis 15- meist 12-strahlig. Die Hülle (Involucrum) besteht aus ein bis zwei linear-lanzettlichen, 1 bis 2 Millimeter langen Hüllblättern oder fehlt. Die ungleichlangen Doldenstrahlen sind 1 bis 4 Zentimeter lang. Es sind ein bis zwei oder keine lineale, 2 bis 3 Millimeter lange Hüllchen vorhanden. Die Döldchen weisen einen Durchmesser von 5 bis 10 Millimetern auf und enthalten jeweils etwa zehn Blüten. Die Blütenstiele („Döldchenstrahlen“) sind anfangs 2 bis 6 Millimeter lang und wachsen bis zur Fruchtreife auf bis zu 10 Millimeter.
Die relativ kleinen Blüten sind fünfzählig, zwittrig und radiärsymmetrisch. Kelchblätter fehlen. Die fünf weißen Kronblätter besitzen an ihrer Spitze ein eingeschlagenes Läppchen. Es ist nur ein Kreis mit fünf freien, fertilen Staubblättern vorhanden.
Die Früchte reifen im August bis September. Es werden trockene, zweiteilige Spaltfrüchte, Doppelachänen genannt, gebildet. Die braunen Früchte sind bei einer Länge von 3 bis 5 Millimetern sowie einer Breite von 2 bis 2,5 Millimetern eiförmig. Die Früchte sind mit grauen Härchen überzogen, die sie von Petersilienfrüchten unterscheiden. Die gelben Rippen verlaufen, anders als bei den giftigen Schierlingsfrüchten, gerade.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 18 oder 20.[4]
Vorkommen und Anbaugebiete
Ursprünglich wahrscheinlich im östlichen Mittelmeerraum beheimatet,[5] etwa in Kroatien und Albanien[6], wird Anis heute weltweit in Gebieten mit gemäßigtem Klima angebaut, insbesondere in Mittelamerika und Mitteleuropa, in Japan, in Südeuropa und um das Mittelmeer.[5] Hauptanbaugebiet ist Südrussland.
Nutzung
Anbau
Anis ist eine lichtliebende Pflanze, die reiche Böden bevorzugt. Während der Wachstumsperiode muss der Boden gleichmäßig feucht bleiben. In der Erntezeit wirken sich wechselnde trockene und feuchte Perioden negativ auf die Erntequalität aus. Die Dolden reifen nicht gleichzeitig, sondern nacheinander, und auch innerhalb einer Dolde reifen die Samen nur uneinheitlich. Die Temperatur bestimmt die Dauer der Vegetationsperiode. Anis wird im August/September geerntet, wenn die Stängel gelb werden. Früher wurde dabei das Kraut mit der Sense abgemäht und die Früchte ausgedroschen.
Im Mittelalter wurde die Pflanze auch nördlich der Alpen angebaut, obwohl hier das Wetter nicht verlässlich genug war, um die Früchte in jedem Sommer ausreifen zu lassen. Anbaugebiete waren zu dieser Zeit beispielsweise die Gegend um Erfurt, Bad Langensalza, Mühlhausen und Magdeburg, wo es auch Anisölbrenner gab, die das ätherische Öl durch Wasserdampfdestillation extrahierten.
Verwendung
In der westlichen Küche wird Anis heute vor allem in Brot und Backwaren verwendet. Hauptsächlich wird Anis jedoch Spirituosen und Likören beigemischt, wie etwa Sambuca, Rakı, Ouzo, Arak, Absinth, Pastis, Aguardiente, Chinchon und Anisette (siehe Anisée). Anis wird hier jedoch zunehmend vom ertragreicheren Sternanis (Illicium verum) abgelöst, der aus China kommt. Sternanis hat aufgrund der ähnlichen Zusammensetzung des ätherischen Öls einen ähnlichen Geschmack, sieht aber anders aus und ist nicht näher mit dem echten Anis verwandt.
Daneben spielt Anis eine Rolle bei der Herstellung von Süßwaren. So werden beispielsweise im kleinen französischen Dorf Flavigny-sur-Ozerain (Département Côte-d’Or) die berühmten Anis-de-Flavigny-Bonbons hergestellt. In Süddeutschland, Teilen von Österreich, der Schweiz und Ungarn kennt man mit einem Model geformte Plätzchen, die Springerle oder Anisbrötchen genannt werden.
Das Aroma wird von Anethol bestimmt, das mit 90 % der Hauptbestandteil des ätherischen Öls ist. Pflanzen mit sehr ähnlichem Aroma sind Fenchel (der den Anis in Asien vollständig ersetzt), der Sternanis und die heutzutage selten verwendete Süßdolde (Myrrhis odorata).
Anis wird seit langem sowohl in der Küche als auch in der Duftindustrie verwendet. Ausgrabungen auf Santorin ergaben, dass die Verwendung von Anis im 16. Jahrhundert v. Chr. allgemein üblich war, und die alten Kreter würzten ihre Weine neben Koriander, Wacholder, Dost auch mit Anis. Schon im 7. Jahrhundert v. Chr. betrieben Athen und Korinth einen lebhaften Handel mit Duftölen, in denen auch der Anisduft eine Rolle spielte. Pythagoras von Samos bezeichnete um 550 v. Chr. mit Anis gewürztes Brot als köstliche Delikatesse. Bei den Römern hielt der Anis Einzug in die Feinbäckereien; Kuchen, die bei hohen Festlichkeiten gereicht wurden, waren mit Anis-Früchten gewürzt. So berichtet Vergil von Aniskeksen. Bei Ausgrabungen im römischen Kolosseum entdeckte man Anisgebäck, das die Zuschauer der Gladiatorenkämpfe zwischen den Sitzreihen verloren hatten.[7]
Heilwirkung
Ein heißer Aufguss (Infus) wird aufgrund seiner schleimlösenden (sekretolytischen) und sekretomotorischen Wirkung als Hustenmittel (Expektorans),[8] auf Grund von krampflösender (spasmolytischer) und blähungstreibender (karminativer) Wirkung auch bei Magen-Darm-Beschwerden, verwendet. Das aus den Früchten (Anisi fructus) durch Destillation gewonnene Anisöl wird gegen Ungeziefer – oder in fetten Ölen und Salbengrundlagen eingearbeitet, volksmedizinisch zu reizenden Einreibungen – eingesetzt.[8]
Anis regt die Drüsen des Magen-Darm-Traktes an. Anistee wird daher – oft auch mit Fenchel und Kümmel gemischt – bei Verdauungsbeschwerden, Blähungen, Koliken und Krämpfen eingesetzt. Für Anistee überbrüht man 1 Teelöffel Anis mit 1 Tasse kochendem Wasser und lässt die Mischung 10 Minuten ziehen. Da die ätherischen Öle teilweise über die Lungen wieder ausgeschieden werden, findet Anis auch in vielen Hustentees Verwendung.
Da die ätherischen Öle in Exkretgängen („Ölstriemen“) lagern,[9] können die Früchte vor Gebrauch angestoßen werden, um die Wirkstofffreisetzung zu beschleunigen. Allerdings sinkt dadurch die Haltbarkeit, da das ätherische Öl flüchtig ist.
Anis im Aberglauben und Brauchtum
Der Aniskringel ist eine sehr alte Opferspeise, die in Norddeutschland bei Gildegelagen, Erntefesten, beim Ringreiten und Frühlingsfesten ins süße Bier – oder noch früher in Met – eingebrockt wurde. Auch an ihrem Hochzeitstag teilte die Braut dieses Gebäck an bevorzugte Gäste aus. Wenn sie aus der Kirche kam, setzte sie sich vor „dat Hörnschapp“ (Eckschrank). Jede Frau, die ihr ein Geschenk machte, bekam dafür aus einer zinnernen Schale einen Löffel voll süßem Bier mit eingebrockten Kringeln.
Anis galt in vielen ländlichen Gebieten als Aphrodisiakum. Im Herbst, wenn man sich nach der Feldarbeit wieder häuslichen Pflichten zuwandte, bereiteten die Frauen und Mädchen ihren Männern anishaltige Getränke. Am 30. November (Andreastag) sollte er besonders zauberkräftig sein. In Böhmen hieß dieser Tag Anischtag.
Gemäß dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens spielte Anis auch eine Rolle bei der Eingewöhnung von Tauben: Gekauften Tauben gab man Anis, um sie an den Schlag zu fesseln (so in Thüringen). In anderen Gegenden backte man an Darstellung des Herrn Anisbrote und fütterte damit vier Wochen lang die Tauben, damit sie recht gedeihen sollten. Andernorts bestrichen Bauern ihren Taubenschlag auch mit Anisöl, um Tauben an den neuen Schlag zu gewöhnen.
Anis galt als Schutz vor schlechten Träumen und bösen Blicken. Im Universal Herbal von 1820 ist zu lesen: Anis hilft vor allem bei Bauchgrimmen, für das Kinder besonders anfällig sind.
Siehe auch
- Anis - Artikel in der deutschen Wikipedia
- Liste der Küchenkräuter und Gewürzpflanzen - Artikel in der deutschen Wikipedia
Literatur
- Pu Fading, Mark F. Watson: Pimpinella.
- Avril Rodway: Kräuter und Gewürze. Die nützlichsten Pflanzen der Natur – Kultur und Verwendung. Tessloff, Hamburg 1980, ISBN 3-7886-9910-8.
- Franz-Christian Czygan: Anis (Anis fructus DAB 10) – Pimpinella anisum L. Zeitschrift für Phytotherapie 13, 1992, Nr. 3, S. 101–106.
Weblinks
- Thomas Meyer: Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben).
- Gernot Katzer-Gewürzseiten über Anis. (deutsch und englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Der Sprachdienst, Bd. 49 (2005), S. 131.
- ↑ Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage, hrsg. von Walther Mitzka, De Gruyter, Berlin/ New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 23.
- ↑ Martin Levey: Some aspects of the nomenclature of Arabic materia medica. In: Bulletin of the History of Medicine. Band 37, 1963, S. 130–138, hier: S. 134.
- ↑ Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 711.
- ↑ 5,0 5,1 Jürgen Schultze-Motel: Apiales. In: Franz Fukarek (Hrsg.): Urania Pflanzenreich. Band 3: Blütenpflanzen 1, Urania, Berlin 2000, ISBN 3-332-01169-3, S. 299.
- ↑ Ralf Hand, 2011: Apiaceae. Datenblatt Pimpinella anisum In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2011.
- ↑ Heidi Driesner: [1] In: n-tv.de, 22. Februar 2014, abgerufen am 14. März 2017.
- ↑ 8,0 8,1 Max Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka: ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage (unter Mitarbeit von Franz-Christian Czygan u. a.). 4. Auflage. Wissenschaftliche Verlags-Gesellschaft Stuttgart 2002, ISBN 3-8047-1854-X, S. 42.
- ↑ B. Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2009, ISBN 978-3-8274-1951-4, S. 168.