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Cognition based Medicine

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Als Cognition based Medicine CBM (erkenntnisbasierte Medizin) wird ein dem Prinzip des so genannten "Goldstandards RCT" (= randomisiert-kontrollierte Studien) der evidenzbasierten Medizin (evidence based medicine) nach Ansicht ihrer Befürworter, erweiterndes methodologisches System oder Modell vorgeschlagen. Seine Anwendung soll mögliche oder tatsächliche Schwächen der evidenzbasierten Medizin verringern, indem es diese um andere Erkenntnisquellen ergänzt. Anlass für die Entwicklung dieser Forschungsmethode war eine Anfrage des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI), dem an der Klärung des Begriffs des „anderen wissenschaftlichen Erkenntnismaterials“ im bundesdeutschen Arzneimittelgesetz lag: Ob es sich dabei um "sonstiges Erkenntnismaterial" neben den Befunden aus den üblichen randomisierten klinischen Studien handle oder um „anderes Erkenntnismaterial“ im tieferen Sinne von "aufbauend auf anderer Erkenntnis".[1]

Ursprünge und Grundzüge der CBM

Die CBM geht auf den Arzt und Anthroposophen Helmut Kiene zurück und beruft sich auf Arbeiten des Gestaltpsychologen Karl Duncker [2] über "phänomenale Kausalität". Sie stellt die These auf, dass nicht nur aus kontrollierten Studien mit großen Fallzahlen, sondern auch aus dem Einzelfall gültige Aussagen über die Wirksamkeit bestimmter Eingriffe oder Verfahrensweisen möglich seien, und zwar im Wege des Erkennens offenkundiger Kausalzusammenhänge nach bestimmten Regeln. Dieses Kausalerkennen liege auch tatsächlich dem größeren Teil der heute praktizierten ärztlichen Interventionen zugrunde.

In der CBM werden drei verschiedene Zustände beschrieben, wie Kausalzusammenhänge in Erscheinung treten können:

  1. Der Kausalzusammenhang ist vollständig der Wahrnehmung zugänglich: z.B. die Nässe des Regens wird zur Nässe der Straße (weil es regnet wird die Straße nass).
  2. Der Kausalzusammenhang ist durch Mustererkennen oder Gestalterkennen zugänglich: z.B. in der Form, in der Sonnenschutz auf die Haut aufgetragen wurde ist kein Sonnenbrand zu sehen; je mehr Zolpidem im Blut nachweisbar ist, desto geringer sind die Katatonie-Symptome des schizophrenen Patienten; durch Kenntnis anatomischer Muster lassen sich Luftzufuhr in die Lunge oder die Wirkung von Lokalanästhetika bei einer Plexus-Analgesie einsetzen (das Muster der Ursache zeigt sich in einem Muster der Wirkung).
  3. Der Kausalzusammenhang ist der Wahrnehmung nicht zugänglich: z.B. der Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs oder Asbest und Pleuramesotheliom (die Muster lassen sich erst durch größere Gruppen bzw. statistische Untersuchungen nachweisen).[3]

Wenn nun für die verschiedenen Arten des Erkennens von Kausalzusammenhängen klare wissenschaftliche Regeln für die Anwendung auf den Einzelfall entwickelt würden, was sich die CBM zur Aufgabe mache, dann sollen Aussagen über Einzelpatienten und die Wirksamkeit ihrer Behandlung (ihr 'outcome') in vielen Bereichen mit gleicher Verlässlichkeit und Gültigkeit getroffen werden können, wie dies in der evidenzbasierten Medizin mit randomisierten Studien mit großer Fallzahl, Kontrollgruppe usw. der Fall sei. Die CBM sieht sich diesbezüglich nicht als Ersatz für die Evidenzbasierte Medizin, sondern als ergänzendes Verfahren. CBM-konforme Studiendesigns sowie die Verschmelzung von CBM-EBM sind das Ziel der Bestrebungen der Anhänger dieses Ansatzes. Insbesondere soll die CBM auch im Bereich komplementärer oder alternativmedizinischer Heilverfahren zum Einsatz kommen, bei denen ein Wirksamkeitsnachweis mit den gängigen wissenschaftlichen Verfahren bisher nicht gezeigt werden konnte.

Rezeption

Die CBM wurde nach ihrer Publikation verschiedentlich im Zusammenhang mit der Beurteilung von medizinischen Maßnahmen diskutiert.[4] Gelegentlich wird sie in der Methodologie von Einzelfallberichten im Hinblick auf Kausalitätbeurteilung am Einzelfall diskutiert.[5][6][7]

Literatur

  • Kiene H (2001): Komplementäre Methodenlehre der klinischen Forschung, Berlin-Heidelberg-New York: Springer
  • Kiene H: Was ist Cognition-based Medicine? Z. ärztl. Fortbild. Qual. Gesundh.wes. 2005(99):301-6. Link: PDF
  • Walach H, Circular instead of hierarchical: methodological principles for the evaluation of complex interventions, BMC Medical Research Methodology 2006, 6:29
  • Kienle, Gunver; Karutz, Markus; Matthes, Harald; Matthiessen, Peter; Petersen, Peter; Kiene, Helmut: Evidenzbasierte Medizin: Konkurs der ärztlichen Urteilskraft? Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 33 vom 15. August 2003.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. H. Kiene (2001), Komplementäre Methodenlehre der klinischen Forschung, Berlin/Heidelberg/New York: Springer, S. 1.
  2. Duncker Karl, Zur Psychologie des produktiven Denkens, 1935
  3. Beispiel aus: H. Kiene (2001), Komplementäre Methodenlehre der klinischen Forschung, Berlin/Heidelberg/New York: Springer, S. 29.
  4. Lange S. Die Rolle randomisierter kontrollierter Studien bei der medizinischen Bewertung von Routineverfahren. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz. 2006;49(3):272-277. doi:10.1007/s00103-005-1225-0
  5. Phelan PS. Synthesis of case reports for meta-assessment of causality. BMJ Evidence-Based Medicine. 2018;23(5):200-200. doi:10.1136/bmjebm-2018-110969
  6. Jenicek M. How to Think in Medicine: Reasoning, Decision Making, and Communication in Health Sciences and Professions. 1st ed. Productivity Press; 2018. doi:10.4324/9781315167787
  7. Jenicek M. Writing, Reading, and Understanding in Modern Health Sciences : Medical Articles and Other Forms of Communication. Taylor & Francis; 2014.
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